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DAZ aktuell
Es ist noch Grippeimpfstoff da
Apothekerverband Nordrhein schätzt den Lagerwert auf über 10 Millionen Euro
Aktuell startet in einigen Bundesländern bereits die Vorbestellphase für die Grippeimpfstoffe für die Saison 2021/2022, weil die Vakzine bekanntlich immer einige Monate brauchen, bis sie produziert sind und ausgeliefert werden können. Eine erste Tranche erhalten die Apotheken meistens im September. Auch wenn diese Vorbestellung auf Grundlage der ärztlichen Bedarfsmeldung sehr sorgfältig durchgeführt wird, können beispielsweise Lieferverzögerungen die gesamte Kalkulation der Apotheke durcheinanderbringen. Wie der Hessische Apothekerverband beispielsweise mitteilt, kam es im vergangenen Herbst in Hessen lokal zu Lieferschwierigkeiten. Gemäß dem Versorgungsauftrag orderten die Apotheken also nach. Weil diese Dosen nicht oder nur teilweise von den Ärzten abgerufen wurden, droht der Nachbestellung nun der Verwurf und den Apothekern der Verlust.
Impfsaison neigt sich dem Ende
Dasselbe Problem schildert der Apothekerverband Nordrhein: Nach Berechnungen des Verbandes vom November 2020 hatten die Arztpraxen an Rhein und Ruhr bis dato schon über 2 Millionen Grippeimpfstoffe über die Apotheken erhalten. Für die letzten Wochen des Jahres waren weitere Impfstoffe aus der Nationalen Impfreserve des Bundesgesundheitsministeriums angekündigt, die die Apotheken viel zu spät erreicht haben. Insgesamt standen in 2020 im Vergleich zum Vorjahr 30 Prozent mehr Impfstoffe zur Verfügung, die aber nicht vollständig abgerufen wurden und nun in den Apotheken lagern. Eine aktuelle Blitzumfrage des Apothekerverbandes Nordrhein kommt zu dem Ergebnis, dass etwa 80 Prozent der Mitgliedsapotheken noch über Grippeimpfstoffe der aktuellen Impfsaison im Wert von etwa 1,2 Millionen Euro verfügen. Das betrifft alle Packungsgrößen – sowohl Einzelimpfstoffe als auch Großpackungen, die 10 oder 20 Impfdosen enthalten. Der Verband geht davon aus, dass es bundesweit nicht anders aussieht: Rund eine Million Impfdosen im Wert von über 10 Millionen Euro müssten demnach in den deutschen Apotheken noch lagern. Und diesen droht in wenigen Wochen der Verfall, weil die Grippeimpfsaison dann zu Ende ist.
Verspätete Auslieferung trifft auf reduzierte Nachfrage
„Die hohen Lagerreserven in den Apotheken zeigen, dass die Apotheken ihren öffentlichen Versorgungsauftrag sehr ernst nehmen und auf eigene Kosten ausreichend viele Impfstoffe eingekauft haben“, erklärt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein. „Wenn sie jetzt nicht mehr gebraucht werden, bleiben die Apotheken auf den Kosten sitzen. Das ist so nicht akzeptabel“, so Preis in einer Mitteilung seines Verbandes. Die Situation sei auch deshalb sehr unbefriedigend, weil die Bundesregierung die Honorare der Apotheker bei der Impfstoffversorgung extrem niedrig angesetzt hat.
Auch Holger Seyfarth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbands, appelliert an die Politik, die Apotheken nicht auf den Kosten sitzen zu lassen. „Wer die Durchimpfungsrate der Bevölkerung für Grippe steigern will, muss sich auf das Engagement der Apotheken verlassen können“, erklärt Seyfarth. Blieben die Apotheken aber auf den Kosten nicht in Anspruch genommener Impfdosen sitzen, wirke das demotivierend, so der Vorsitzende: „Dann wird es nur noch Impfstoffversorgung nach Plan geben.“ Seyfarth sieht insbesondere jene Apotheken betroffen, die im Vertrauen auf die kurzfristige Lieferfähigkeit von Industrie und Großhandel im November noch Impfdosen nachbestellten, um die hohe Nachfrage von Arztpraxen und Privatpatienten zu bedienen. Diese Dosen trafen nur mit zeitlicher Verzögerung in den Apotheken ein, wo sie auf eine zwischenzeitlich deutlich reduzierte Nachfrage trafen. Damit die Apotheken nicht auf den Dosen sitzen bleiben und andere hingegen einen Versorgungsengpass haben, wäre beispielsweise ein zentraler Verteilungsmechanismus sinnvoll.
Das sieht auch Thomas Preis aus Nordrhein so: „Nach unserem Eindruck haben die vom Bundesgesundheitsministerium im Herbst angekündigten Reserven viel zu spät, teilweise sogar erst Anfang Dezember, die Apotheken erreicht. Zu diesem Zeitpunkt gab es seitens der Ärzte aber keinen Nachfragebedarf mehr.“ Daher fordert Preis sogar: „Die Vorratslagerhaltung der Apotheken bei Grippeimpfstoffen darf nicht einseitig zulasten der Apotheken gehen. Das Risiko muss von den Krankenkassen, Politik und Impfstoffherstellern mitgetragen werden.“ Schließlich gehe es bundesweit um Impfstoffe in einem zweistelligen Millionenbetrag, die auf Kosten und zulasten der Apotheken zu verfallen drohen. |
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