Arzneimittel und Therapie

„Drei Packungen Paracetamol bitte“

Ein Tipp für die Beratung

Marina Buchheit, Apothekerin, ­Redakteurin

„Ich hätte gerne drei Packungen Paracetamol bitte“. Solche Kundenwünsche, die wir alle nur zu gut kennen, zeigen, dass die Gefahr einer Über­dosierung von Paracetamol auch in der Selbstbehandlung mit normierten Packungsgrößen, die das eigentlich verhindern sollten, nicht aus der Welt sind. Für den Kunden handelt es sich bei Paracetamol oft nur um ein nebenwirkungsarmes und zumeist noch um das günstigste Schmerzmittel, das er kaufen kann. Möchte man dann den Kunden erklären, dass aufgrund der Gefahr einer Überdosierung nur eine Packung im Rahmen der Selbstmedikation abgegeben werden kann, sind sie um Ausreden nicht verlegen: „Eine davon ist doch für meinen Nachbarn, die andere für meine Großmutter.“ Oder: „Es gibt ja noch andere Apotheken hier im Ort …“ Jetzt ist Fingerspitzengefühl gefragt: Zum einen möchte man den Kunden ja über die Risiken aufklären, zum anderen will man ihn nicht an eine andere Apotheke verlieren. Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, nicht einfach nur Faktenwissen zu den Folgen der Überdosierung herunterzubeten, sondern das Problem mit einem aktuellen Anlass zu verknüpfen, der leicht nachzuvollziehen ist. Wieso also nicht im Beratungsgespräch schildern, was hochdosierte Paracetamol-Tabletten in der Schweiz angerichtet haben? Solche Beispiele bleiben dann auch länger im Gedächtnis haften. Daneben sollte in der Beratung aber auch unbedingt erwähnt werden, dass Paracetamol lediglich eine milde und begrenzte schmerzhemmende Wirkung hat und mehr Tabletten nicht unbedingt mehr Hilfe versprechen. Übrigens: Laut der Arzneimittelrechtsexpertin Dr. Sabine Wesser liegt es grundsätzlich im heilberuflichen Ermessen des Apothekers, ob er mehrere OTC-Packungen Paracetamol abgibt oder nicht. Ein Verstoß gegen die Arzneimittelverschreibungsverordnung liegt dabei nicht vor, da die AMVV ­lediglich die Packungsgröße nennt, die verschreibungspflichtig ist. Keine Angaben macht die Verordnung jedoch über die Abgabe von Packungsgrößen, die nicht verschreibungspflichtig sind. Wenn es also keinen Hinweis auf einen missbräuchlichen Gebrauch oder es einen plausiblen Grund für die Abgabe mehrerer OTC-Packungen gibt, so können ihrer Meinung nach grundsätzlich mehrere Packungen Para­cetamol abgegeben werden, ohne dabei gegen die AMVV zu verstoßen. (s. DAZ 2020, Nr. 14, S. 20)

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