Aus den Ländern

Wie ist der Stand bei COVID-19?

Veranstaltung der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin zu Arzneimitteln und Impfstoffen

Am 29. Oktober 2021 fand im Schloss Biesdorf in Marzahn-Hellersdorf eine Abendveranstaltung mit einem Vortrag des Vorsitzenden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, zum Thema „Medikamentöse Therapie von COVID-19 und Impfstoffe gegen SARS-CoV-2: Erwartungen, aktuelle Er­gebnisse und Unsicherheiten“ statt. Gemeinsam mit der Leibniz-Sozietät hatten die Berliner Medizinische Gesellschaft e. V., der Campus Berlin-Buch GmbH und das Schloss Biesdorf zur Veranstaltung eingeladen.

In seinem Vortrag führte Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig zunächst aus, dass sich seit der ersten beschriebenen Infektion mit dem severe acute respiratory syndrome Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) im Dezember 2019 die coronavirus disease 2019 (COVID-19) zu einer weltweiten Pandemie ent­wickelt hat, deren Symptomatik von asymptomatischem Verlauf bis hin zum Lungen-/Multiorganversagen und Tod reicht.

Foto: Gerhard Pfaff

Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig

Anhand von Ergebnissen internationaler randomisierter kontrollierter Studien zeigte der Vortragende, dass die zunächst vorschnell als hoffnungsvoll eingeschätzten Wirkstoffe Chloroquin und Hydroxychloroquin sowie die Kombination von Lopinavir und Ritonavir keine überzeugende Wirksamkeit bei Infektionen mit SARS-CoV-2 bzw. bei COVID-19 aufwiesen. Zudem werden bei deren Einnahme häufig erhebliche Nebenwirkungen festgestellt. Auch die Hoffnung auf eine gute antivirale Wirksamkeit von Remdesivir, das sowohl in Europa als auch in den USA zur Behandlung von COVID-19 bedingt bzw. beschleunigt zugelassen wurde, wurde nicht erfüllt. Ludwig stellte ausgehend von aktuellen nationalen und internationalen Leitlinien die derzeit auf Basis klinischer Studien vorliegenden Ergebnisse der medikamentösen Therapieoptionen bei COVID-19 vor.

Angesichts der meist enttäuschenden Ergebnisse zur medikamentösen Behandlung von COVID-19 haben Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 eine besonders große Bedeutung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erlangt. Mit Stand September 2021 waren weltweit acht Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 zugelassen. Weitere 180 Impfstoffe befinden sich in tierexperimentellen Prüfungen bzw. in klinischen Studien der Phasen I bis III.

Der Vortrag von Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig kann später in Form einer Publikation unter https://leibnizsozietaet.de/publikationen/leibniz-online/ abgerufen werden.

Am Beispiel der ersten von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassenen und auch in Deutschland eingesetzten Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 erläuterte Ludwig technologische Ansätze in der Entwicklung genetischer mRNA- bzw. vektorbasierter DNA-Impfstoffe. Derartige Ansätze haben im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie eine besondere Bedeutung gewonnen. Die Neuartigkeit der zu entwickelnden Technologien und die vor allem bei klinischen Studien der Phasen I bis III begrenzten Möglichkeiten, Langzei­t­risiken und seltene Nebenwirkungen von vornherein zu erkennen, erfordern die sorgfältige Überwachung nach der Zulassung der Impfstoffe. Anhand des aktuellen Sicherheitsberichts des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) wurden exemplarisch klinisch relevante Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfungen gegen SARS-CoV-2 vorgestellt.

In seinem Schlusswort ging Prof. Dr. Peter Oehme, Mitglied der Leibniz-Sozietät, auf die historischen Aus­einandersetzungen von Rudolf Virchow, Robert Koch, Max von Pettenkofer und Oskar Liebreich zu den Bekämpfungsprinzipien der damals grassierenden Cholera-Epidemien ein. Diese zeigten, dass für die erfolgreiche Bekämpfung einer Epidemie drei Größen zu berücksichtigen sind, gemäß der Gleichung: Krankheit = Keim (Virulenz) × Umwelt (Vektor) × Mensch (Empfänglichkeit).

Dieser Zusammenhang soll auch in künftigen Veranstaltungen der Leibniz-Sozietät zu medizinischen Themen weiter behandelt werden. Ansätze hierfür folgen unter anderem aus Projekten zur Aerosol-Forschung und aus ­Arbeiten zu den Rezeptoren für COVID-19. Aktuelle Arbeiten von Mehboob zeigen, dass auch das in sensorischen Fasern vorkommende Neuropeptid Substanz P in der COVID-Krankheitsätiologie eine Rolle spielt. Das unterstützt die Aussage von Wolf-Dieter Ludwig in seinem Vortrag, „dass die nächste Schlacht gegen Corona in der Nase zu führen ist“. |

 

Literatur

Mehboob R. Neurokinin-1 Receptor as a potential drug target for COVID-19 treatment. Biomedicine & Pharmacotherapy 2021;143:1-7

Gerhard Pfaff (MLS), Berlin

Peter Oehme (MLS), Mühlenbeck

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