Aus den Ländern

Personalmangel ist und bleibt „Thema Nr. 1“

Kammerversammlung in Schleswig-Holstein wurde virtuell durchgeführt

KIEL (tmb) | Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein fand am 17. November 2021 entgegen der ursprünglichen Planung als Online-Veranstaltung statt. Als Gastredner berichtete der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK) Thomas Benkert insbesondere über pharmazeutische Dienstleistungen und die Novellierung der Approbationsordnung. Für Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen standen der Personalmangel, die Pandemie und das E-Rezept im Mittelpunkt.

Zu den pharmazeutischen Dienstleistungen berichtete Benkert, dass in der ABDA zunächst 115 Vorschläge gesammelt worden seien, aus denen eine zehnköpfige Steuerungsgruppe etwa zehn Leistungen ausgewählt habe. Dabei seien insbesondere Erfahrungen aus dem Ausland, die Attraktivität für Patienten und Krankenkassen sowie die Praxistauglichkeit berücksichtigt worden. Doch der GKV-Spitzenverband habe die Leistungen als nicht akzeptabel betrachtet und mit der Nachversorgung von Transplantierten nur einen Gegenvorschlag gemacht. In der Diskussion forderte der Delegierte Ulrich Ströh eine offene Debatte zur Auswahl der Dienstleistungen und argumentierte: „Die Geheimhaltung verhindert die Meinungsbildung.“ Benkert entgegnete, in einer Verhandlungssituation könne das nicht mit allen ausdiskutiert werden. Er warb um Vertrauen für die Steuerungsgruppe. In der weiteren Diskussion wurde kritisiert, die Dienstleistungen würden die Apotheken nicht stärken, sondern schwächen, wenn das knappe Personal dafür von der besser honorierten Arzneimittelabgabe abgezogen werde. Außerdem ging es um die gerade bekannt gewordene Entscheidung des Deutschen Apothekerverbandes zum Abrechnungsverfahren für die Dienstleistungen (siehe AZ 2021, Nr. 47, Seite 4).

Neue Approbationsordnung und mehr Nachwuchs

Weiter berichtete Benkert über die Novellierung der Approbationsordnung. Er leite den berufsinternen „runden Tisch“ dazu und sei „sehr zuversichtlich“, dass dieser im zweiten Quartal 2022 ein konsentiertes Papier vorlegen werde, das dem Ministerium über­geben werden könne. Allerdings dämpfte Benkert die Erwartungen mit einem Hinweis auf den Zeitverlauf bei der Novellierung der ärztlichen Approbationsordnung. Diese sei mit dem Koalitionsvertrag von 2013 gestartet, aber noch immer nicht ab­geschlossen, weil die zusätzlichen Kosten für die Länder bisher eine Einigung verhindern. Bei den Apothekern gehe es zwar um weniger Geld, aber die Apotheker würden zwei Studiensemester mehr ohne Einbußen bei der Zahl der Studienplätze anstreben. Eine Einigung mit den Ländern ist notwendig, weil Approbationsordnungen bundesratspflichtig sind.

Das „Hauptthema für alle“ ist für Benkert die Nachwuchsgewinnung. Der Apothekernachwuchs decke den Bedarf nicht. Zugleich würden die Apothekerassistenten aus dem Berufsleben ausscheiden und die junge Generation wolle oft nicht mehr Vollzeit arbeiten. Darum habe der Deutsche Apothekertag für ein Konzept zur Nachwuchsgewinnung gestimmt. Außerdem sollten mehr Studien­plätze gefordert werden, erklärte Benkert.

Corona-Impfungen in schleswig-holsteinischen Apotheken?

Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen würdigte in seinem Bericht die Leistungen der Apotheken in der Pandemie und gab zu bedenken, wie gut es gewesen wäre, wenn die Politik die Apotheken beauftragt hätte, das Wissen um die Impfung mit „Impfaufklärungssprechstunden“ in die Bevölkerung zu tragen. Christiansen betonte, er stehe dem Impfen in Apotheken „leidenschaftslos“ gegenüber. Das Impfen in Apotheken rufe keine Begeisterung bei Ärzten hervor, aber er sei sicher, dass wir in der Pandemie anders dastünden, wenn es impfende Apotheken gäbe. Das Land Schleswig-Holstein habe dies erkannt und es habe dazu bereits erste Gespräche gegeben. Zu Corona-Tests forderte Christiansen, die Politik müsse die bürokratischen Fesseln lösen, wenn diese Tests wieder aufleben sollen. Mit Blick auf die Pläne der erwarteten Ampel-Koalition erklärte Christiansen, dass bei der Abgabe von Cannabis mit den Apothekern nur der heilberufliche Weg möglich sei. Ein Nebeneinander von Coffeeshops und dem regulierten Weg über die Apotheken könne es nicht geben.

Herausforderungen: E-Rezept und Personalmangel

Zum E-Rezept betonte Christiansen die Vorleistungen der Apotheken für die Telematikinfrastruktur. Doch sei zu fragen, ob auch die Gematik, die Apothekensoftwarehäuser, die Ärzte und die Krankenkassen alles getan hätten. Er fragte, warum so wenige Versicherte eine NFC-fähige Gesundheitskarte hätten. Die Krankenkassen sollten endlich ihre Hausaufgaben machen, forderte Christiansen. Die Einführung des E-Rezepts werde nur gelingen, wenn alle dabei „gemeinsame Sache“ machen. Christiansen forderte dafür „großzügige, verzeihende Regelungen und lange Übergangs- und Friedensfristen“. Nur dann könnten die Menschen einen Nutzen davon haben. Allerdings zeige sich entgegen den ursprünglichen Erwartungen, dass für die Digitalisierung mehr Menschen als in der analogen Welt gebraucht werden.

Damit leitete Christiansen zum Personalmangel über. Diesen habe er bei seinem Amtsantritt als „Thema Nr. 1“ adressiert und das werde auch künftig so bleiben. Seine Aussage von 2018 gelte weiter: „Wenn Sie kein Personal finden, ist dies der Sargnagel der Apotheken.“ „Dieses Thema wird eine sehr viel größere Sprengkraft auf das heilberufliche Miteinander haben, als es eine für 50 Cent verramschte Paracetamol-Packung je hatte“, erklärte Christiansen und folgerte: „Hier müssen wir gewaltige Kraftanstrengungen betreiben, hier müssen wir bisher noch nicht mal gedachte Wege neu denken und bereit sein zu gehen.“ Christiansen beklagte, PTA-Schüler würden oft nur schwer einen Praktikumsplatz finden. Die Apothekenteams wüssten vielfach nicht, wann sie noch Zeit für die Ausbildung hätten. „Diesen Teufelskreis müssen wir aber durchbrechen, wenn wir nicht selbst unseren Sarg zunageln wollen“, forderte Christiansen.

Abrechnungsprobleme bei Corona-Tests

In den Diskussionen ging es beispielsweise um die Arbeit der Kammern für Apotheker außerhalb von Apotheken, die digitale Fortbildung und die Möglichkeit von Betriebsferien für Apotheken. Zu den Corona-Bürgertests wurde beklagt, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Apotheken durch ein Inkassounternehmen prüfen lasse, wenn sie auffällig wenige positive Ergebnisse bei Tests erreicht hätten. Dann würden vielfältige Unterlagen eingefordert, was teilweise datenschutzrechtlich problematisch sei. Christiansen erklärte, dies sei mit der Kammer nicht abgesprochen gewesen. Die Kammer habe die Kassenärztliche Vereinigung bereits auf die Probleme angesprochen, aber die KV sei gesetzlich zu Stichprobenprüfungen verpflichtet. Als kammerinternes Thema wurde angesprochen, dass die Kammer einen neuen Geschäftsführer sucht, weil der bisherige Geschäftsführer demnächst das Rentenalter erreicht und sein Vertrag ausläuft. Für die nächste Kammerversammlung soll der Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein als Gast eingeladen werden. |

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