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Arzneimittel und Therapie
Von symptomlos bis quälend
Bei Uterus-Myomen entscheiden Lage und Größe über die Therapie
80 bis 90% aller Frauen haben Myome, bei ca. 40% der Frauen zwischen 35 und 55 Jahren in Europa und Nordamerika sind diese klinisch relevant. In Europa ist das bei rund 24 Millionen Frauen der Fall. Uterine Myome gehören damit zu den häufigsten gutartigen Tumoren. Sie bestehen aus Bindegewebe und Muskelzellen. Je nach Größe und Lage können sie völlig unbemerkt bleiben oder aber zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität führen. Beeinflusst wird die Entstehung solcher Myome durch die Sexualhormone Östrogen und Progesteron, genetische Veränderungen des Myometriums (eine Muskelschicht der Gebärmutterwand), Wachstumsfaktoren sowie Zytokine [1,2]. Vermehrt treten Myome bei Frauen mit schwarzer Hautfarbe (zwei- bis dreimal häufiger), Frauen, die noch nie schwanger waren, Frauen mit Myomen in der Kernfamilie (Mutter, Schwester) sowie stark übergewichtigen Frauen auf. Die Einnahme von oralen Kontrazeptiva hingegen verringert das Risiko [3].
Die Einteilung von Myomen erfolgt nach ihrer Lage in der Gebärmutter (s. Abb.):
- submuköse Myome (liegen direkt unter der Gebärmutterschleimhaut)
- intramurale Myome (in der Gebärmutterwand)
- suberöse Myome (an der äußeren Seite)
- Zervixmyome (am Gebärmutterhals)
- intraligamentäre Myome (im Bindegewebe seitlich der Gebärmutter)
Welche Symptome treten auf?
Das häufigste Symptom sind abnormale Uterusblutungen, die sich meist in Form von übermäßigen Menstruationsblutungen äußern. Darüber hinaus können Beckendruck, Darmfunktionsstörungen, häufiges und dringendes Wasserlassen, Harnretention, Kreuzschmerzen, Verstopfung sowie Schmerzen beim Geschlechtsverkehr auftreten. Beim Vorliegen entsprechender Symptome erfolgt die Diagnose mittels transvaginalem Ultraschall.
Uterusmyome werden oft mit Unfruchtbarkeit in Verbindung gebracht, weshalb Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch teilweise empfohlen wird sich auf Myome untersuchen und diese gegebenenfalls entfernen zu lassen. Es gibt jedoch keine Evidenz aus klinischen randomisierten Studien, die eine verbesserte Fertilität durch Myomentfernung belegen. Das Malignitätsrisiko bei Uterusmyomen ist sehr gering. Nur bei einer von 400 Frauen (0,25%), die sich einer Myomoperation unterziehen liegt ein Leiomyosarkom vor, also ein maligner Tumor, der von der glatten Muskulatur ausgeht [4].
Wie erfolgt die Therapie?
Ziele der Therapie sind eine Linderung der Symptome, eine nachhaltige Verringerung der Größe, die Vermeidung von Schäden sowie gegebenenfalls der Erhalt der Fruchtbarkeit. Prinzipiell sollte eine Therapie nur dann durchgeführt werden, wenn Symptome vorliegen, ein unerfüllter Kinderwunsch besteht oder bei einer geplanten Schwangerschaft. Denn Myome mit einer Größe von mehr als 5 cm oder multiple Myome können bei Schwangeren zu einer erhöhten Frühgeburtsrate, Lageanomalien des Kindes, einer erhöhten Kaiserschnittrate sowie einer erhöhten Rate an postpartalen Blutungen führen.
Zu den Therapieoptionen zählen medikamentöse, operative oder interventionelle Strategien. Die Art der Behandlung ist dabei von Größe und Lage des Myoms ebenso abhängig wie vom Alter der Patientin, den Symptomen sowie dem Wunsch, die Fruchtbarkeit zu erhalten oder nicht [2].
Medikamentöse Therapie
Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)-Analoga können Myome verkleinern, da das Myomwachstum vom Hormonhaushalt beeinflusst wird. Sie leiten sich vom natürlichen Dekapeptid GnRH ab und weisen in der Regel einzelne oder mehrere ausgetauschte Aminosäuren auf.
GnRH-Agonisten (z.B. Goserelin, Leuprorelin) wirken durch eine verlängerte Aktivierung des GnRH-Rezeptors, was zu einer Desensibilisierung und folglich zu einer unterdrückten Gonadotropin-Sekretion führt. Weil GnRH-Analoga bei den Frauen zu einem Wechseljahre-ähnlichen Hormonstatus führen, ist die Behandlung häufig mit starken Nebenwirkungen belastet. Es kommt zu Hitzewallungen, Libidoverlust, Osteoporose und Stimmungsschwankungen. Da die Behandlung auf sechs Monate begrenzt ist und die Myome nach dem Ende der medikamentösen Behandlung wieder wachsen, wird eine solche Therapie normalerweise nur bei Frauen durchgeführt, die kurz vor Erreichen der Wechseljahre stehen oder zur Vorbereitung einer Operation [5].
Neue Dreifachkombi
Mit Relugolix wurde kürzlich erstmals ein GnRH-Antagonist zur Behandlung von Uterusmyomen zugelassen. Antagonisten konkurrieren mit Gonadotropin-Releasing-Hormon um Rezeptoren auf Zellmembranen und hemmen die GnRH-induzierte Signaltransduktion und somit die Gonadotropin-Sekretion. Relugolix wird in Ryeqo® als orale Kombinationstherapie zusammen mit Estradiol und Norethisteronacetat eingesetzt. Dadurch sollen klimakterische Beschwerden gelindert und das Osteoporoserisiko reduziert werden. Nach der Anwendung über mindestens einen Monat ist außerdem eine ausreichende Empfängnisverhütung gewährleistet [6].
Ein weiterer Arzneistoff zur Behandlung von Myomen ist der selektive Progesteronrezeptor-Modulator Ulipristalacetat in einer Dosierung von 5 mg. Im November 2020 empfahl die EMA (European Medicines Agency), wegen schwerer Leberschäden die Anwendung einzuschränken. Ulipristalacetat-haltige Arzneimittel dürfen nur noch zur Behandlung von Uterusmyomen bei prämenopausalen Frauen angewendet werden, bei denen chirurgische Eingriffe nicht geeignet sind oder nicht gewirkt haben. Zur Kontrolle der Symptome von Uterusmyomen während auf eine chirurgische Behandlung gewartet wird, können die Arzneimittel hingegen nicht mehr eingesetzt werden [7].
Operative Therapie
Bei einer Myomektomie werden nur die Myome operativ entfernt. Je nach Lage, Größe und Anzahl der Myome gibt es die Möglichkeit diese per Bauchspiegelung, über die Scheide oder über einen Bauchschnitt zu entfernen. Liegen sehr viele Myome vor oder sind diese sehr groß ist die Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie) eine Option. Voraussetzung für diesen Eingriff ist eine abgeschlossene Familienplanung [3].
Interventionelle Therapie
Eine sogenannte Myomembolisation bietet sich als Alternative zur Hysterektomie an, wenn multiple oder sehr große Myome vorliegen oder Patientinnen bereits mehrfache Voroperationen im Bauchraum hatten. Dabei wird ein dünner Katheter in der Leiste in die Beinarterie eingeführt und bis zum Ast der Gebärmutterhauptarterie vorgeschoben, die auch das Myom versorgt. Danach werden kleine Kügelchen eingespritzt, welche die Arterie verstopfen. Das Myom schrumpft, die Blutversorgung der Gebärmutter hingegen bleibt über andere Gefäße erhalten. Eine abgeschlossene Familienplanung ist bei diesem Eingriff zu bevorzugen [2,8].
Bei der Magnetresonanz-geführten fokussierten Ultraschalltherapie wird durch Sonografie eine Erwärmung des Myoms auf 60 bis 80 °C induziert. Diese führt zur Nekrose des behandelten Gewebes und somit zur Reduktion der Myomgröße [2]. Ähnlich funktioniert die transvaginale Radiofrequenzablation. Das Ultraschallgerät wird durch die Scheide in die Gebärmutter eingeführt, anschließend wird durch die Abgabe von Radiofrequenzenergie eine Schrumpfung des Myoms erreicht. Ein Kinderwunsch wird durch die Behandlung nicht beeinträchtigt [9]. |
Literatur
[1] Rabe T et al. Intermittierende Gabe von Ulipristalacetat zur konservativen Myomtherapie und Blutungskontrolle bei Hypermenorrhoe durch Uterus myomatosus, J Reproduktionsmed Endokrinol_Online 2015; 12 (2)
[2] Boosz A et al. Konservative, operative und interventionelle Therapieoptionen uteriner Myome, Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 877-83; DOI: 10.3238/arztebl.2014.0877
[3] Myome der Gebärmutter. Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), www.gesundheitsinformation.de/myome-der-gebaermutter.html, Abruf am 27. September 2021
[4] De La Cruz MS, Buchanan EM. Uterine Fibroids: Diagnosis and Treatment. Am Fam Physician. 2017 Jan 15;95(2):100-107
[5] Farris M et al. Uterine fibroids: an update on current and emerging medical treatment options. Ther Clin Risk Manag. 2019;15:157-178. Published 2019 Jan 23. doi:10.2147/TCRM.S147318
[6] Ryeqo, Anhang I Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels. Informationen der EMA
[7] Ulipristal acetate 5mg medicinal products. Informationen der European Medicines Agency, www.ema.europa.eu/en/medicines/human/referrals/ulipristal-acetate-5mg-medicinal-products, Abruf am 27. September 2021
[8] Myoemolisation. Informationen des Klinikums Stuttgart, www.klinikum-stuttgart.de/kliniken-institute-zentren/myomzentrum/klinische-schwerpunkte/myomembolisation, Abruf am 27. September 2021
[9] Radiofrequenzablation. Informationen der Univeristätsmedizin Mannheim, www.umm.de/gebaermuttermyome/myom-entfernung-durch-hitze/, Abruf am 27. September 2021
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