Arzneimittel und Therapie

Nur kosmetisch oder auch nachhaltig?

Welche Therapien bei aktinischer Keratose das Krebsrisiko senken

Durch eine übermäßige UV-Belastung der Haut kann es zur Entstehung aktinischer Keratosen kommen. Im schlimmsten Fall entwickelt sich aus diesen ein bösartiger Hauttumor. Zahlreiche Behandlungsoptionen stehen zur Verfügung. Doch welche Therapie führt nicht nur zu kurzfristigen Verbesserungen, sondern kann langfristig das Krebsrisiko reduzieren?

Die aktinische Keratose ist eine häufige Krebsvorstufe, die auf sonnengeschädigter Haut auftritt, insbesondere im Gesicht, an der Kopfhaut, Armen und Beinen. Die Prävalenz für aktinische Keratosen liegt in der Gruppe der über 60-Jährigen bei 60%. Unbehandelt kann die aktinische Keratose zu einem invasiven Plattenepithelkarzinom führen.

Foto: JenkoAtaman/AdobeStock

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für aktinische Keratosen.

Frühzeitig therapieren

Da es schwierig ist abzuschätzen, ob eine Läsion zu einem invasiven Karzinom führt oder nicht, empfehlen internationale Leitlinien eine frühzeitige konsequente Therapie der aktinischen Keratose. Zur Behandlung stehen verschiedene Optionen zur Verfügung. Einzelne Läsionen werden typischerweise kryochirurgisch behandelt. ­Liegen mehrere Läsionen vor, werden diese im Allgemeinen mit topischen Wirkstoffen (z. B. Fluorouracil, Imiquimod) sowie photodynamischer Therapie behandelt. Bei der photodynamischen Therapie handelt es sich um ein minimalinvasives Behandlungsverfahren. Vor der Therapie wird eine photosensibilisierende Substanz auf das betroffene Areal aufgetragen (Aminolävulinat [z. B. Alacare®], Methyl­aminolävulinat [z. B. Metvix®]). Anschließend erfolgt die Bestrahlung mit Licht geeigneter Wellenlänge, wodurch Sauerstoffradikale entstehen. Diese führen zum Zelltod. Da sich die photosensibilisierenden Substanzen stärker im veränderten als im gesunden ­Gewebe anreichern, werden gezielt kranke Hautzellen zerstört [2, 3].

Durch zahlreiche Studien konnte die Überlegenheit solcher Interventionen im Vergleich zu Placebo belegt werden. Allerdings werden in diesen Studien meist nur kurzfristige Ergebnisse innerhalb von drei bis sechs Monaten nach der Behandlung ausgewertet. Das eigentliche Ziel der Therapie stellt jedoch eine Reduktion der Inzidenz des Plattenepithelkarzinoms dar.

Wissenschaftler der Universität Erlangen haben deshalb nun eine Netzwerk-Metaanalyse der vorliegenden Studien zur Behandlung der aktinischen Keratose erstellt, in welchen es um ­einen langfristigen Behandlungserfolg geht [1]. Dazu überprüften zwei Gutachter Titel und Abstracts von 2741 Datensätzen. Daraus konnten schließlich 17 veröffentlichte ­Berichte zu 15 randomisierten ­klinischen Studien mit einer ­Gesamtstichprobengröße von 4252 Patienten eingeschlossen ­werden. Studien-, Patienten- und ­Interventionsmerkmale wurden ­extrahiert und mittels verschiedener Algorithmen ausgewertet. ­Beurteilt wurden dabei die vollständige bzw. partielle Eliminierung der Läsionen mindestens zwölf Monate nach Behandlungsende.

GRADE-Methode

GRADE steht für Grading Recommendations Assessment, Development and Evaluation, was so viel heißt wie Bewertung von Empfehlungen, Entwicklung und Auswertung. Mittels der GRADE-Methode kann die Qualität von Evidenz und die Stärke von Empfehlungen von Leitlinien eingestuft werden. Überwiegt der Nutzen die Risiken und die Krankheitslast, empfehlen Experten eine Intervention. Die Un­sicherheit, die mit dem Abwägen von Nutzen und Risiko assoziiert ist, bestimmt die Stärke der Empfehlung. Bei einer starken Empfehlung sind sich die Kliniker sehr sicher, dass aufgrund der vorliegenden Evidenz der Nutzen einer Behandlung die Risiken überwiegt oder eben nicht, bei einer schwachen Empfehlung ist dies hingegen nicht der Fall. Zur Bewertung der Qualität der Evidenz werden folgende Abstufungen verwendet:

  • hoch = weitere Forschung ändert das Vertrauen in den Effektschätzer wahrscheinlich nicht;
  • moderat = weitere Forschung hat wahrscheinlich einen wichtigen Einfluss auf das Vertrauen in den Effektschätzer und könnte die Einschätzung verändern;
  • niedrig = weitere Forschung hat sehr wahrscheinlich einen wichtigen Einfluss auf das Vertrauen in den Effektschätzer und verändert die Einschätzung wahrscheinlich;
  • sehr niedrig = jeder Effektschätzer ist sehr unsicher [4].

Für die vollständige Elimination konnten zehn Studien in der Netzwerk-Metaanalyse berücksichtigt werden. Die photodynamische ­Therapie mit Aminolävulinat zeigte im Vergleich zu Placebo dabei das günstigste Risikoverhältnis (RR: 8,06; 95%-KI: 2,07 bis 31,37; GRADE: moderat, s. Kasten „GRADE-Methode“) gefolgt von Imiquimod 5% (RR: 5,98; 95%-KI: 2,26 bis 15,84; GRADE: sehr niedrig), der photodynamischen Therapie mit Methylaminolävulinat (RR: 5,95; 95%-KI: 1,21 bis 29,41; GRADE: niedrig) und Kryochirurgie (RR: 4,67; 95%-KI: 1,36 bis 16,66; GRADE: sehr niedrig). Für eine partielle Elimination konnte hingegen keine Netzwerk-Metaanalyse erstellt werden, da zu wenige Daten vorlagen. Die Wissenschaftler kamen zu dem ­Ergebnis, dass alle vier genannten Behandlungsmethoden (Amino­lävulinat, Imiquimod 5%, Methyl­aminolävulinat, Kryochirurgie) zu einer signifikanten langfristigen Wirksamkeit führen. ­Diese Netzwerk-Metaanalyse liefert somit Daten für eine evidenzbasierte Auswahl von Interventionen mit nachhaltiger Läsionsbeseitigung. Allerdings muss man einschränkend sagen, dass die Qualität der Evidenz der einzelnen Therapien bestenfalls als moderat eingeschätzt wird, so dass wohl weitere Forschungsdaten zur Absicherung ­benötigt werden. |

Literatur

[1] Steeb T et al. Evaluation of Long-term Clearance Rates of Interventions for Actinic Keratosis: A Systematic Review and Network Meta-analysis. JAMA Dermatol. 2021 Sep 1;157(9):1066-1077

[2] Jocham D et al., Photodynamische Therapie, Dtsch Arztebl 2000;97(49):A-3337/B-2804/C-2489

[3] Rote Liste online, abgerufen am 16. September 2021

[4] Was ist GRADE?, Informationen der GRADE Working Group, https://de.gradeworkinggroup.org

Apothekerin Dr. Sabine Fischer

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