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Arzneimittel und Therapie
Wie effektiv sind DOAK-Antidote?
Schwere Blutungen lassen sich nicht immer stoppen
Direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) zeigen im Vergleich mit Vitamin-K-Antagonisten ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis. Dennoch kann es unter einer Antikoagulation mit neuen oralen Antikoagulanzien zu schwerwiegenden Blutungen, einschließlich intrakraniellen Blutungen kommen. So zeigte eine Studie, dass nach Einführung der direkten oralen Antikoagulanzien zwischen 2011 und 2016 jährlich etwa 1,94 zusätzliche Notfallaufnahmen wegen Blutungskomplikationen pro 100.000 Personen auftraten. Dies sind klinische Notfälle, in denen prokoagulatorische Prothrombinkomplex-Präparate sowie spezifische Antidote – Idarucizumab gegen Dabigatran und Andexanet gegen Faktor-Xa-Hemmer verabreicht werden (s. Kasten). Wie effektiv dieses Vorgehen ist, wurde in einer spanischen Metaanalyse näher untersucht.
Zur Auswertung kamen 60 Studien mit 4735 Patienten im medianen Alter von 77 Jahren, die unter der Therapie mit einem direkten oralen Antikoagulans eine Blutung erlitten hatten und mit 4-Faktor-Prothrombinkomplex-Konzentraten (n = 2688), Idarucizumab (n = 1111) oder Andexanet (n = 936) behandelt wurden.
Welche Substanzen können Blutungen unter DOAK stoppen?
- Andexanet alfa (Ondexxya®) ist zugelassen zur Anwendung bei erwachsenen Patienten, die mit einem direkten Faktor-Xa-Inhibitor (Apixaban oder Rivaroxaban) behandelt werden, wenn aufgrund lebensbedrohlicher oder nicht kontrollierbarer Blutungen eine Aufhebung der Antikoagulation erforderlich ist.
- Idarucizumab (Praxbind®) ist ein spezifisches Antidot für Dabigatran und wird angewendet bei mit Dabigatran behandelten erwachsenen Patienten, wenn eine rasche Aufhebung der antikoagulatorischen Wirkung erforderlich ist.
- Prothrombinkomplex-Konzentrat (z. B. Beriplex®); enthält folgende Vitamin-K-abhängige prokoagulatorische Gerinnungsfaktoren: Faktor II (Prothrombin), Faktor VII (Proconvertin), Faktor X (Stuart-Power-Faktor); ferner Protein C und S. Anwendungsgebiete sind: Behandlung und perioperative Prophylaxe von Blutungen bei einem erworbenen Mangel an Prothrombinkomplex-Faktoren, wie zum Beispiel ein durch die Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten verursachter Mangelzustand oder eine Überdosierung von Vitamin-K-Antagonisten. Behandlung und perioperative Prophylaxe von Blutungen bei einem angeborenen Mangel eines Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktors, sofern keine Einzelfaktorkonzentrate zur Verfügung stehen.
Effektive Hämostase als Prädiktor für das Überleben
Trotz dieser Behandlung verstarben 17,7% der Betroffenen, wobei die Mortalitätsrate bei intrakraniellen Blutungen höher lag als bei extrakraniellen Blutungen (20,2% vs. 15,4%). Im Hinblick auf die eingesetzten Notfallmittel gab es keine relevanten Unterschiede in den Sterblichkeitsraten. Die Rate an aufgetretenen Thromboembolien lag bei 4,6% und war besonders hoch unter einer Behandlung mit Andexanat (10,7%) und geringer unter einer Therapie mit Idarucizumab (3,8%).
Eine effektive Hämostase konnte bei 78,5% der Betroffenen erreicht werden, wobei alle drei Notfalltherapeutika in etwa gleich gut wirksam waren. Das Erzielen einer effektiven Hämostase war der wichtigste Prädiktor für das Überleben. So erhöhte sich die Sterblichkeitsrate bei denjenigen Patienten, bei denen trotz Einsatz eines Notfalltherapeutikums keine effektive Hämostase erzielt wurde, um den Faktor drei. Die Rate einer erneuten Blutung lag bei 13,2%, wobei die meisten Blutungen nach einer Wiederaufnahme der Antikoagulation auftraten.
Fazit der Autoren
Obwohl durch den Einsatz von Notfallmedikamenten in vielen Fällen eine Hämostase erzielt werden kann, ist die Sterblichkeitsrate beim Auftreten schwerer Blutungen unter einer Therapie mit direkten oralen Antikoagulanzien relativ hoch. Vergleicht man aber die Sterberaten von Patienten mit intrakraniellen Blutungen heute (20,2% laut aktueller Metaanalyse) mit den vor rund zehn Jahren erhobenen Werten (zwischen 37,5% und 49%), als eine Antagonisierung der DOAK-Wirkungen nur sehr begrenzt möglich war, so zeigt sich ein Fortschritt durch die neuen Notfallmedikamente. Ob eine unspezifische Behandlung mit einem Prothrombinkomplex-Konzentrat effektiver ist als der Einsatz eines spezifischen Antidots, geht aus dieser Metaanalyse nicht hervor und müsste in Vergleichsstudien geklärt werden, so das Fazit der Autoren. |
Literatur
Gómez-Outes A, et al. Meta-Analysis of Reversal Agents for Severe Bleeding Associated With Direct Oral Anticoagulants. J Am Coll Cardiol 2021;77(24):2987-3001. doi: 10.1016/j.jacc.2021.04.061
Fachinformation Beriplex®, Stand: Dezember 2020
Fachinformation Praxbind®, Stand: Dezember 2020
Fachinformation Ondexxya®, Stand: Mai 2021
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