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Beratung
Pink! für Frauen mit Brustkrebs
Ein neues ärztlich geführtes Online-Angebot punktet mit Kompetenz und Empathie
Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts Berlin erkranken in Deutschland jährlich rund 70.000 Frauen und 750 Männer daran. Die meisten Patientinnen sind bei Erkrankung zwischen 50 und 70 Jahren alt. Aber fast drei von zehn betroffenen Frauen sind jünger als 55 Jahre, wenn sie die Diagnose Mammakarzinom erhalten. Viele der Patientinnen und ihrer Angehörigen suchen nach der Diagnose nach weiteren Informationen im Internet, doch nicht selten sind viele dieser Infos verwirrend oder werfen mehr Fragen auf als sie klären können, wie die Hamburger Gynäkologin Prof. Dr. Pia Wülfing im Gespräch mit ihren Patientinnen feststellen musste. Für die Ärztin, die sich seit 20 Jahren auf das Thema Brustkrebs spezialisiert hat und in den Brustzentren, in denen sie tätig war, die Onkologie geleitet hat, war diese Feststellung unbefriedigend. Wülfing: „Ich habe in den Erstgesprächen immer wieder bemerkt, dass meine Patientinnen in ihrer großen Not im Internet nach haltgebenden Informationen suchen, bis im Brustzentrum ihre drängendsten Fragen beantwortet werden. Daraus ergibt sich aber wirklich oft mehr Verwirrung und Verunsicherung als Trost oder Klarheit. Viele Patientinnen und auch Angehörige fühlen sich überfordert und allein gelassen.“ Wülfing weiß auch, dass in der Hektik des Klinikalltags meist zu wenig Zeit ist für ausführliche Gespräche und Zuwendung. Und wie sehr eine Krebsdiagnose auch eine Familie belastet, weiß sie aus eigener Erfahrung: „Als ich neun Jahre alt war, ist meine Mutter an Krebs erkrankt.“
Leitlinienkonform, individuell und fachlich unabhängig
All diese Erfahrungen und Erkenntnisse waren für Pia Wülfing Motivation genug, ein eigenes Brustkrebsportal auf die Beine zu stellen. Zusammen mit befreundeten Mitstreiterinnen und Mitstreitern entwickelte sie die Idee zu „Pink!“ und setzte sie in die Praxis um: Seit Februar dieses Jahres ist das Portal www.pink-brustkrebs.de online.
Wichtig war für sie auch, dass das Portal frei von Werbung ist und unbeeinflusst von eventuellen Interessen der Pharmaindustrie. Sie ging zunächst mit eigenen finanziellen Mitteln in Vorleistung. Doch auf Dauer war dies nicht zu machen. Gemeinsam mit ihrer Mitgründerin Katharina von Trotha bewarb sie sich um Fördermittel: Die Investitions- und Förderbank Hamburg sprang ein und stellte weitere Mittel zur Verfügung. Zusätzlich ist eine Privatperson als Investor eingestiegen, die die Idee dieses Portals stark unterstützt.
Das Ziel und die Mission von „Pink!“ erklären die Macher des Portals einer Patientin so: „Wir wollen, dass Sie wieder Kontrolle über die Situation und Ihr Leben erhalten. Pink! gibt Ihnen Orientierung mit verständlichen und individuellen, leitlinienkonformen Informationen zu Ihrer Diagnose. Mit uns können Sie aktiv gegen Brustkrebs werden.“
Und das sind die wichtigsten Facts: Das Portal wird von erfahrenen Brustkrebs-Ärztinnen und -Ärzten konzipiert und geführt. Alle Informationen zu Therapien sind leitlinienkonform dargestellt. Ziel ist es, den Patientinnen nicht nur mit fachlichen Informationen zu helfen, sondern auch mit menschlicher Zuwendung. Wie Wülfing betont, ist für sie auch ein ganzheitlicher Ansatz von Bedeutung ebenso wie die fachliche Unabhängigkeit der Informationen.
Was Pink! kann
Unter der Überschrift „Alles über Brustkrebs – Brustkrebs verständlich erklärt“ finden die Patientin und ihre Angehörigen kompakt und verständlich die Fragen und Antworten, die sich nach einer Diagnose Mammakarzinom stellen. Und die gute Nachricht: „Trotz immer noch steigender Raten bei Brustkrebs werden die Heilungschancen immer besser: Es sterben heute deutlich weniger Frauen an Brustkrebs als noch vor zehn Jahren.“
Erklärt werden z. B., wie ein Mammakarzinom erkannt wird und ob es typische Brustkrebssymptome gibt. Die Seite gibt auch Auskunft über die Brustkrebsdiagnostik und zu Fragen, wie heute Brustkrebs behandelt wird.
Besonders hervorzuheben ist die Rubrik „Pink! erklärt“. Mit insgesamt zehn Unterpunkten lässt diese Rubrik wohl keinen Aspekt außen vor und keine Frage, die man sich als Betroffene mit der Diagnose Brustkrebs stellt. Hier eine Übersicht der Themen:
- hilfreiche organisatorische Tipps für die Zeit nach der Diagnose,
- positive Effekte von Ernährung, Bewegung und Entspannung,
- Besonderheiten der Erkrankung bei älteren und jungen Patientinnen,
- gut zu wissen: Notwendige Untersuchungen vor Therapiebeginn,
- Operationsverfahren bei Brustkrebs,
- Chemotherapie-Medikamente und Einsatzgebiete im Überblick,
- Antihormontherapie in der Behandlung von Brustkrebs,
- Strahlentherapie als Teil der Brustkrebsbehandlung,
- zielgerichtete Therapie als Teil der Brustkrebsbehandlung,
- Nachsorge bei Brustkrebspatienten.
Vor allem der Punkt, der sich mit den Themen Bewegung, Ernährung und Meditation befasst, dürfte die meisten Patientinnen besonders interessieren. Denn Fragen zur richtigen Ernährung bei Brustkrebs gehören für viele Patientinnen zu den meistdiskutierten überhaupt. Die Informationen, die hier zusammengetragen wurden, nehmen die Patientin an die Hand und zeigen, was sie selbst zum Heilungsprozess und zu einer besseren Verträglichkeit der Therapie beitragen kann. So macht das Portal durchaus deutlich, dass gerade bei diesen Themen Google und Co. „meist sehr schlechte Ratgeber sind“. Ganz klar weist das Portal darauf hin: „Gerade im Ernährungsbereich gibt es sehr viel selbst ernannte ‚Experten‘ und Influencer, deren Empfehlungen sich nicht nur widersprechen, sondern die zum Teil sogar gefährlich sein können. Bei uns finden Sie deshalb ausschließlich wissenschaftlich fundierte und alltagstaugliche Ernährungsempfehlungen. Zwar gibt es keine einzelnen Superfoods, mit denen man Brustkrebs heilen kann. Doch durch die bestmögliche Ernährung können Sie selbst dazu beitragen, dass Sie besser durch die medikamentöse Therapie kommen und weniger unter Nebenwirkungen leiden.“
Auch die große Bedeutung von Bewegung wird angesprochen: „Bewegung ist so wichtig wie ein Krebsmedikament“ heißt es hier. Denn vielen Menschen ist noch nicht klar, dass Sport auch vor Brustkrebs schützt. Und warum dies so ist, wird leicht verständlich erklärt und mit vielen Empfehlungen zu verschiedenen Sportarten untermauert.
Nicht zuletzt findet die Patientin auf „Pink!“ auch seriöse Hinweise zum Wert von Entspannungstechniken für Geist und Seele. Die Diagnose wird wohl von allen Patientinnen, als schwere und lebensbedrohliche Situation empfunden und kann tiefe Gefühle wie Angst und Hilflosigkeit auslösen. So macht die Rubrik darauf aufmerksam, „dass nach dem heutigen Stand der Forschung die Psyche das Wohlbefinden, aber nicht die Heilungschancen beeinflusst. Alle hier besprochenen Methoden und Techniken können also zur Verbesserung Ihrer Lebensqualität und mentalen Gesundheit als unterstützende Therapie ergänzend zu Standardkrebsbehandlungen angewendet werden“, heißt es bei diesem Unterpunkt.
Kompetenz durch Kooperationen
Möglich werden solche fundierten Informationen durch eine enge Zusammenarbeit mit kompetenten Fachleuten aus anderen Fachbereichen:
- Für das Thema Sport und Krebs konnten zwei Fachleute für Sportwissenschaften gewonnen werden: Prof. Dr. Freerk T. Baumann arbeitet am Centrum für Integrierte Onkologie der Uniklinik Köln. Sein Forschungsschwerpunkt ist das Thema „Körperliche Aktivitäten und Krebs“. Und Constanze Handmann ist Diplom-Sportwissenschaftlerin und leitet die Therapie der Onkologischen Trainings- und Bewegungstherapie (OTT) der Uniklinik Köln und die OTT-Akademie, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Sport- und Physiotherapeuten in der Onkologischen Trainings- und Bewegungstherapie fortzubilden.
- Der Psychologe, Neurowissenschaftler und Achtsamkeitslehrer Dr. Boris Bornemann ist für das Thema Entspannung für Geist und Seele zuständig. Er hat intensive eigene Erfahrung in Meditation und anderen Arten der Bewusstseinsarbeit. Bei „Pink!“ zeigt Dr. Bornemann, wie sich die Patientin mit Meditation, Achtsamkeit und Selbstfürsorge um ihre mentale Gesundheit kümmern kann.
- Den Part der Ernährung hat Prof. Dr. Martin Smollich übernommen. Er forscht und lehrt am Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Seine besondere Expertise liegt auf dem Gebiet der onkologischen Ernährungsmedizin; weitere Schwerpunkte sind der Einfluss von Ernährung auf die Krebstherapie und der spezifische Einsatz von Mikronährstoffen.
- Input zum Bereich der Tumortherapie nach neuestem Stand der medizinischen Forschung liefern Prof. Dr. med. Nadia Harbeck (Leitung des Brustzentrums an der LMU München) und Priv.-Doz. Dr. med. Rachel Würstlein (stellvertretende Leiterin des Brustzentrums und der Onkologischen Tageskliniken an der LMU München). Die beiden Expertinnen auf dem Gebiet des primären und metastasierten Mammakarzinoms begleiten Pink! bei den wissenschaftlichen Projekten und Studien.
Das menschliche Moment
„Alles rund um das Thema Brustkrebs“ versprechen die Rubriken „Pink! Video“ und „Pink! Podcast“. In einer Vielzahl von Kurz-Videos erklärt Prof. Dr. Pia Wülfing neben allgemeinen Informationen einfühlsam selbst schwierige Themen wie beispielsweise die verschiedenen Untersuchungen, Operationen und Therapiearten und schreckt auch vor der Erklärung komplizierter Chemotherapieschemata nicht zurück.
Weitere Videos zu speziellen Fragestellungen werden von Expertinnen zur Verfügung gestellt, beispielsweise zu den Themen „Brustschwester“ (Breast Care Nurse), zu organisatorischen Fragen, zur Humangenetik und Psychoonkologie.
Ergänzt werden die Video- und Podcast-Angebote durch eine Webinar-Reihe, in der Fachexperten Fragen beantworten und Tipps geben.
Ein besonders hervorzuhebender Menüpunkt von Pink! ist der „Therapieassistent“. Dieses Tool stellt auf der Grundlage einiger Angaben zu allgemeinen Tumoreigenschaften wie Größe, ob und welche Lymphknoten betroffen sind und Angaben zu den biologischen Tumoreigenschaften ein auf den aktuellen Leitlinien basierendes Paket zusammen mit für diese Tumorgruppe relevanten Informationen, Erklärungen und Tipps. Deutlich wird aber auch gemacht: „Wir wollen Ihre Ärztin/Ihren Arzt auf gar keinen Fall ersetzen! Ihre Ärztin/Ihr Arzt entscheidet über diagnostische und therapeutische Maßnahmen Ihrer Brustkrebserkrankung. Wir wollen Sie während Ihrer Brustkrebserkrankung unterstützen, indem wir Ihnen gut verständliche Informationen bereitstellen.“
Der Podcast zum Artikel
Auf DAZ.online finden Sie ab 2. September 2021 einen Podcast zu diesem Artikel: Peter Ditzel unterhält sich mit Prof. Dr. Pia Wülfing darüber, wie das Portal „PINK!“ entstanden ist, welche Idee dahinter steht, wie es finanziert wird, was das Portal alles bietet und mit welchen Formaten die Informationen und Hilfen vermittelt werden.
- Den Podcast finden Sie auf DAZ.online unter News > DAZ.onair
- und das Portal PINK! unter https://www.pink-brustkrebs.de (siehe QR-Code)
- Flyer und Informationsmaterial über PINK! zur Weitergabe an Ihre Kundinnen können Sie anfordern unter dieser E-Mail-Adresse: kontakt@pink-brustkrebs.de
Was noch geplant ist
Das Angebot von „Pink!“ ist damit nicht am Ende – noch in diesem Jahr wird das Portal um weitere Rubriken ergänzt. Eine Coaching-App (Pink! App), die die Patientinnen Therapie-begleitend oder in der Nachsorge anleiten soll, sich mehr zu bewegen, gesünder zu essen und ab und zu auch mittels Achtsamkeits- und Meditationsübungen auch mal Pause zu machen, ist bereits entwickelt und als Medizinprodukt CE-zertifiziert. Diese App bietet auch die „Pink! Wallet“, eine elektronische Dokumenten-Akte, in der die Patientin alle ihre Dokumente (Befunde, Arztbriefe usw.) ablegen und dann gezielt einen Link an denjenigen verschicken kann, der Zugriff auf die Dokumente haben soll. Außerdem bietet die App mit der „Pink! Community“, eine Möglichkeit, sich mit anderen betroffenen Patientinnen auszutauschen oder Kontakte für gemeinsame Unternehmungen zu knüpfen.
Und für eine psychoonkologische Mitbetreuung ist „Pink! Leben“ entwickelt: Da die Wartezeiten auf einen Therapieplatz oft lang sind, wird das Portal ein psychologisches Online-Training anbieten, mit dem die Wartezeit auf den Therapieplatz sinnvoll genutzt werden kann. Die Patientin lernt hier verschiedene Übungen und Strategien kennen, um ihre Situation besser verstehen und bewältigen zu können.
Die Nutzung von Pink! App und Pink! Leben soll den Patientinnen über Selektivverträge mit den Krankenkassen ermöglicht werden. |
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