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Warten auf die Branchenlösung

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Es existieren ja so einige deutsche Begriffe, die sich in anderen Sprachen wiederfinden, weil es an passenden Übersetzungsmöglichkeiten mangelt. Selbst die Franzosen geraten an ihre Grenzen, wenn es beispielsweise darum geht, den Gefühlszustand der Sehnsucht auszudrücken.

Die Sehnsucht der Apothekerinnen und Apotheker hierzulande ist bekanntlich die Branchenlösung. Und so fügt sich auch dieses Wort perfekt in die Reihe der Germanismen ein, weil das englische „industry solution“ mal ausnahmsweise so gar nicht nach dem klingt, was sich alle wünschen. Mit der zukünftigen Apothekenplattform will man die sagenumwobene, Eier legende Wollmilchsau erschaffen: technisch ausgereift, führend im Markt, effizient und alle Vor-Ort-Apotheken unter einen Hut vereinend. Dazu sollen weitere Leistungserbringer und Serviceanbieter kommen, die bei den Patienten (und natürlich bei den Apotheken) nur Vorteile und Nutzen stiften. Unter dem Strich darf das Konstrukt auch nicht allzu viel kosten, und wenn, dann soll das Geld bitte genossenschaftlich organisiert und treuhänderisch verwaltet werden – die Branchenlösung eben.

Und diese versprechen eigentlich alle: Der Zukunftspakt Apotheke von Burda und Noweda ist bereits seit Längerem losgefahren. gesund.de von Noventi, Phoenix und dem Pro-AvO-Rest startete nach zahlreichen Ankündigungen dieses Jahr und verärgerte direkt die Nutzer der Apps „callmyApo“ und „Deine Apotheke“, weil aus einem bisher kostenlosen plötzlich ein deutlich kostenintensiveres Angebot wurde. Der Deutsche Apothekerverband und seine Plattform üben sich derweil noch in deutschlandweiten Testläufen mit dem Modul „Digitales Impfzertifikat“. Eigentlich ein Geniestreich, denn sollte etwas nicht funktionieren, wird es sicher irgendeiner Apotheke im Land auffallen.

Das Wetteifern um die Branchenlösung erinnert an Kindheitstage, als die Großen mit dem Fahrrad vorausfuhren und man selbst mit dem Dreirad nur langsam hinterherkam. Die positive User Experience bei den Apotheken mit dem sogenannten Verbändeportal hält sich in Grenzen und es kommen Zweifel auf, ob der Deutsche Apothekerverband tatsächlich dazu prädestiniert ist, demnächst die Branchenlösung auf die Beine zu stellen. Auf dieses Feedback reagiert man in Berlin nun laut Insidern mit der Gründung einer eigenen Digitalgesellschaft namens GEDISA. So kann man wenigstens auch beim Deutschen Apothekerverband zukünftig mit dem Finger auf jemanden zeigen, wenn es mit der Digitalisierung mal nicht so klappen sollte.

Dabei wäre die Schaffung einer (funktionierenden) Apothekenplattform für wirklich alle Apotheken die Chance der ABDA und der Verbände. Selbst die Betriebe, die aus ganz individuellen Gründen keine Verbandsmitgliedschaft anstreben, könnte man auf diese Weise begeistern. Doch stattdessen fühlten sich Nicht-Verbandsmitglieder bei der (kostenpflichtigen) Nutzung des Moduls „Digitales Impfzertifikat“ in den vergangenen Monaten mitunter gegängelt bis schikaniert. Ein Verbandsvorsitzender soll sie sogar als Schmarotzer beschimpft haben. Unfassbar, denn eigentlich müssten Apothekeninhaber als Unternehmer doch am besten wissen, dass man (Noch-)Nicht-Kunden stets mit Höflichkeit und einem Lächeln umwirbt und letztendlich nur so gewinnen kann.

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