Die Seite 3

Chaos

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Die Meldungen und Bilder aus den Hochwassergebieten im Westen und Süden Deutschlands machen einen fassungslos und lassen zugleich den dringenden Verdacht aufkommen, dass wir beim Katastrophenschutz derzeit genauso versagen wie beim Pandemieschutz. Allein in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben seit vergangener Woche mehr als 160 Menschen ihr Leben lassen müssen, weil sie nicht rechtzeitig gewarnt und in Sicherheit gebracht werden konnten. Aktuell gehen die Behörden noch von einer vierstelligen Zahl an vermissten Personen aus.

Die Unwetterlage hat sich in den betroffenen Regionen zwar deutlich beruhigt, doch die Chaosphase hält an. Mit den Bergungs- und Räumarbeiten, die zum großen Teil von der Bevölkerung mit bloßen Händen selbst verrichtet werden, offenbaren sich allmählich die wahren Schäden und das gesamte Ausmaß dieser menschlichen Tragödie. Neben den individuellen und ganz persönlichen Verlusten ist natürlich auch die Infrastruktur, wie Straßen, Strom und Trinkwasser, arg in Mitleidenschaft gezogen. So sind im Ahrtal beispielsweise ganze Ortschaften von der Außenwelt abgeschnitten. In Dörfern und Städten wurden wichtige Einrichtungen zerstört und sind nicht mehr erreichbar. Dazu gehören auch die Arztpraxen und Apotheken. Liest man derzeit in den Fachmedien und Tageszeitungen von Apothekenbetrieben, die vor den gewaltigen Wassermassen resignieren mussten, dann geht es meistens um die Region entlang der Ahr. Von betroffenen Apothekerinnen und Apothekern vor Ort hört man, dass sie derzeit unter widrigsten Umständen versuchen, die Arzneimittelversorgung aufrechtzuerhalten.

Selbst wenn die Offizinen selbst nicht zerstört wurden, dann sind Botendienstfahrzeuge weggeschwemmt, Personal fehlt, und Patienten können in ihren Häusern und Heimen nur noch schwer bis gar nicht erreicht werden. In Zusammenarbeit mit den Ärzten und pharmazeutischen Großhändlern werden die benötigten Arzneimittel zwar beschafft und verteilt, doch in manchen Fällen lassen sich die formalen Vorgaben einfach nicht erfüllen. Einerseits funktioniert die Praxis-EDV nicht. Andererseits mangelt es an Rezeptvordrucken, was sich besonders ungünstig auf die Versorgung mit Betäubungsmitteln auswirkt. Ob das digitale E-Rezept in diesen Fällen aufgetrumpft hätte? Nicht wenige Apothekerinnen und Apotheker, die man befragt, bezweifeln dies – vor dem Hintergrund großflächiger Strom- und Internetausfälle. Vielleicht sollte die Gematik in diesen Tagen ihren Fokus bei den Testläufen besser auf diese Regionen setzen, denn Jahrhunderthochwasser werden uns sicher auch in den nächsten Jahrzehnten begleiten. Ein Stresstest für das E-Rezept wäre jetzt angebracht, anstatt Schönwetterversuche rund um die Metropole.

Wer den Opfern helfen möchte, kann dies tun mittels Geld- und Sachspenden. Auch Apothekerorganisationen haben entsprechende Konten eingerichtet (s. S. 10). Eine wichtige Information in eigener Sache: Der Deutsche Apotheker Verlag ersetzt – wie schon nach der Flutkatastrophe 2002 – Apotheken im Hochwassergebiet kostenlos ihre vernichtete Fachliteratur. Betroffene Apothekerinnen und Apotheker können sich beim Kundenservice unter service@deutscher-apotheker-verlag.de oder 0711 2582-341 melden.

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