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Arzneimittel und Therapie
Kontinuierliche Duodenal-Infusion bei Parkinson
Bessere Symptomkontrolle trotz verringerter Dosis
In Deutschland leiden rund 50.000 Patienten an einer Parkinson-Erkrankung in fortgeschrittenem Stadium. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit von Levodopa und der abnehmenden Zahl Dopamin-produzierender Neuronen treten bei den Betroffenen häufig schwankende Levodopa-Spiegel auf, die wiederum motorische Fluktuationen und Dyskinesien zur Folge haben. Hinzu kommt eine Gastroparese aufgrund der Bewegungseinschränkung des Gastrointestinaltraktes. Dies hat zur Folge, dass Levodopa zu lange im Magen bleibt und im Dünndarm weniger resorbiert wird. In diesem Krankheitsstadium sind mit oralen Therapien häufig keine zufriedenstellenden Einstellungen mehr möglich. Alternative Optionen zur Eskalationstherapie sind tiefe Hirnstimulationen sowie Infusionstherapien mit unterschiedlichen Wirkstoffen. Infrage kommen hierzu die Applikation von Apomorphin, eine Infusionstherapie mit Levodopa/Carbidopa als intestinalem Gel (Duodopa®) mithilfe einer Pumpe oder – neu – eine intestinale Infusionstherapie mit Levodopa, Carbidopa und dem Catechol-O-Methyltransferase(COMT)-Inhibitor Entacapon.
Dreifachkombination mit erhöhter Bioverfügbarkeit
Die Dreifachkombination (Lecigon®; Stada) ist seit Februar 2021 auf dem Markt. Die Hinzunahme von Entacapon senkt möglicherweise das durch Levodopa hervorgerufene Risiko für periphere Neuropathien. Ferner reduziert Entacapon den peripheren Abbau von Levodopa und erhöht dadurch dessen Bioverfügbarkeit. In der Folge kann bei der Infusion ein kleineres Volumen eingesetzt werden. Explorative Studiendaten aus einer offenen, randomisierten klinischen Studie im Cross-Over-Design an elf Patienten über 48 Stunden deuten darauf hin, dass Lecigon® trotz der reduzierten Dosierung therapeutisch effektive Plasmakonzentrationen bewirken kann. Die Bioverfügbarkeit von Levodopa war in der Studie bei Lecigon® um gut ein Drittel höher, als wenn lediglich die Kombination Levodopa/Carbidopa als intestinales Gel über eine Pumpe appliziert wurde. Das Volumen von Lecigon® betrug 50 ml, das Vergleichsarzneimittel 100 ml.
Lecigon® liegt als wasserlösliches Gel vor und wird über eine Sonde in den Dünndarm appliziert. Die Steuerung dieses Vorgangs erfolgt mithilfe der leichten, tragbaren und geräuscharmen Crono-Lecig-Pumpe mit benutzerfreundlicher Bedienung. Die Pumpe kann zum Baden oder Duschen abgenommen werden. Die Batterieleistung liegt bei etwa drei Monaten, was rund 90 Infusionen entspricht. Die Stabilität der angebrochenen Lösung beträgt bei Raumtemperatur 24 Stunden.
Indikation | Lecigon® ist zugelassen zur Behandlung der fortgeschrittenen Parkinson-Krankheit mit schweren motorischen Fluktuationen und Hyperkinesie oder Dyskinesie, wenn verfügbare orale Kombinationen von Parkinson-Arzneimitteln nicht zu zufriedenstellenden Behandlungsergebnissen geführt haben. |
Zusammensetzung | 1 Patrone mit 47 ml Gel zur intestinalen Anwendung enthält 940 mg Levodopa, 235 mg Carbidopa-Monohydrat und 940 mg Entacapon. Die Patrone wird in eine Crono-Lecig-Pumpe eingesetzt. |
Dosierung | Die durchschnittliche empfohlene Tagesdosis des Arzneimittels beträgt 46 ml, die maximale empfohlene Tagesdosis 100 ml. Die gesamte Tagesdosis besteht aus drei individuell eingestellten Dosen: der morgendlichen Bolusdosis, der kontinuierlichen Erhaltungsdosis und den zusätzlichen Bolusgaben. Die Behandlung ist in der Regel auf die Wachzeit des Patienten beschränkt. Wenn es medizinisch gerechtfertigt ist, kann das Arzneimittel bis zu 24 Stunden/Tag verabreicht werden. |
Unerwünschte Wirkungen (Auswahl) | Typische Nebenwirkungen sind Übelkeit/Erbrechen, Dyskinesien und Muskelschmerzen, Diarrhöen oder harmlose bräunliche Verfärbungen des Urins. Außerdem können Nebenwirkungen auftreten, die mit dem Sondensystem oder mit dem Eingriff zur Anlage der gastrointestinalen Sonde zusammenhängen. |
Spezieller Service für Patient und Angehörige
Die Entscheidung für eine Pumpen-gesteuerte Zufuhr von Arzneimitteln über eine Dünndarmsonde fällt nicht jedem Parkinson-Patienten leicht. Das frühzeitige Ansprechen auf diese Therapiemöglichkeit kann den Betroffenen vorbereiten und ihm Zeit lassen, diese Option zu überdenken. Ist sich der Patient unsicher, kann unter Umständen auch eine Testphase ausprobiert werden.
THC-Präparat für Parkinson-Patienten
Aufgrund einer veränderten Expression von CB1- und CB2-Rezeptoren ist bei Parkinson-Patienten häufig das Cannabinoid-System in den Basalganglien vermindert aktiv. In Folge können trotz Basistherapie Schmerzen, Krämpfe, Tremor und Schlafstörungen bei den Betroffenen auftreten, die Lebensqualität sinkt. Eine Metaanalyse hat ergeben, dass bei dieser Art von Schmerzen neben dem MAO-B-Hemmer Safinamid auch Cannabinoide gut ansprechen. Seit dem 1. Juli steht Betroffenen das Cannabinoid-haltige Produkt Yuvigo 20/0 der Firma Zambon in Kooperation mit Adven® zur Verfügung. Neben 20% Tetrahydrocannabinol enthält das Präparat verschiedene Terpene, die die Überwindung der Blut-Hirn-Schranke verbessern sollen.
Cannabinoidhaltige Ergänzungstherapie bei M. Parkinson, Neues Präparat Yuvigo 20/0 ab Juli verfügbar, Zambon, Pressemitteilung vom 1. Juli 2021
Der Hersteller bietet einen spezialisierten Service an, der die Patienten und deren Angehörige während der Therapie unterstützt. Darüber hinaus wurde eine 24-Stunden-Hotline für den technischen Support bei Fragen rund um die Pumpe eingerichtet. Zusätzlich werden unterstützende Informationen zur Verfügung gestellt. Bisherige Anwendungen, die vornehmlich in Skandinavien erfolgten, haben gezeigt, dass Schulungen durch ausgebildete Pflegekräfte die Anwendung erleichtern und zum Therapieerfolg beitragen. Bei gut eingestellten Patienten sollte eine jährliche Überprüfung in einer Fachambulanz erfolgen. |
Literatur
Prof. Dr. Werner Poewe, Prof. Dr. Georg Ebersbach, Dr. Reinhard Ehret. „Mit Lecigon® ist weniger mehr: Reduzierte Dosis, leichte und leise Pumpe – mehr Flexibilität im Alltag für Parkinson-Patientinnen und -Patienten“ Online-Pressekonferenz am 21. April 2021; veranstaltet von Stada
Fachinformation Lecigon®; Stand Februar 2021.
Fachinformation Duodopa®; Stand: März 2021.
Senek M et al. Levodopa-entacapone-carbidopa intestinal gel in Parkinson’s disease: A randomized crossover study: Levodopa-Entacapone-Carbidopa Intestinal Gel. Mov Disord 2017;32(2):283-286
Cossu G, et al. Levodopa and neuropathy risk in patients with Parkinson disease: Effect of COMT inhibition. Parkinsonism Relat Disord 2016;27:81-4.
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