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Praxis
Erythromycin – die Diva unter den Arzneistoffen
Stolperfallen in der Rezeptur und wie man sie umschifft
Das Makrolid-Antibiotikum Erythromycin ist aus der Behandlung von Hauterkrankungen wie Akne nicht wegzudenken. In halbfesten Zubereitungen verarbeitet besteht jedoch das Problem der Stabilität: Erythromycin fühlt sich am wohlsten in leicht basischer Umgebung, fein verteilt Dank eines inerten Anreibemittels und ungestört von Konservierungsmitteln, die sich beim pH-Wert einmischen wollen. Bei der Herstellung muss deshalb jede Menge beachtet werden. Um nicht aus der Übung zu geraten, lohnt sich hin und wieder ein Update des galenischen Wissens.
Hilfreich: Validierte Vorschriften
Die Apothekerin Jutta Wittmann aus Nürnberg unterrichtet PTA-Schüler in Galenik und weiß um die Fallstricke in der Rezeptur. In ihrem Vortrag dekliniert sie Schritt für Schritt die Punkte durch, die über die Qualität einer Erythromycin-Creme entscheiden. Wohl wissend, dass nicht alle ärztlich verordneten Individualrezepturen auch plausibel sind, steht am Anfang jeder Herstellung eine umfassende Literaturrecherche. Es müssen Fragen geklärt werden wie: Was ist mit pH-Wert und Konservierung? Besteht die Gefahr der Agglomerat-Bildung? Fantaschale oder Rührautomat? Und wie berechnet man gleich noch einmal den Einwaagekorrekturfaktor – oder benötigt man den hier gar nicht? Zum Beispiel bieten der Deutsche Arzneimittel-Codex (DAC), das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) und die Tabellen für die Rezeptur dazu Informationen. Fachliteratur zum Thema, Laborprogramme und Hersteller-Websites können zusätzlich unterstützen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, entscheidet sich – wenn möglich – für eine Standardrezeptur.
Knifflig: Der pH-Wert
Viele Wirkstoffe sind nur in einem begrenzten pH-Wert-Bereich über den Anwendungszeitraum hinweg ausreichend stabil. Erythromycin ist für seinen besonders engen rezeptierbaren pH-Wert-Bereich berühmt-berüchtigt. Das pH-Wert-Optimum liegt bei 8 bis 8,5, toleriert wird pH-Wert 7 bis 10. Bei pH-Wert < 6 droht innerhalb von drei Stunden vollständige Zersetzung. pH-Wert-Korrigenzien wie Citronensäure oder Trometamol schaffen das perfekte Milieu. Das Ergebnis mit Indikatorpapier zu überprüfen, ist zwar theoretisch möglich, aber unzuverlässig. Im Fall einer validierten Vorschrift kann man sicher sein, dass der pH-Wert am Ende stimmt. Dieser hat auch Auswirkung auf die Auswahl des Konservierungsmittels, so kommt zum Beispiel Sorbinsäure per se nicht infrage, da sie nur bei einem pH-Wert von 3,5 bis 5,5 wirksam ist. Die NRF-Vorschrift 11.77. schlägt Propylenglycol vor.
Gar nicht trivial: Anreiben
Mikrofein gepulverte Wirkstoffe agglomerieren leicht und müssen sorgfältig angerieben werden, so auch Erythromycin und das sogar besonders gern. Im Polarisationsmikroskop wird sichtbar, was passiert, wenn das falsche Anreibemittel verwendet wird: In Propylenglycol löst sich Erythromycin und rekristallisiert wenige Tage nach der Herstellung in Form feiner Nadeln. Die bessere Wahl sind mittelkettige Triglyceride, so wie in NRF 11.77. vorgeschlagen. Wichtig: Das Anreibemittel muss zur Grundlage passen, idealerweise ist es ein Bestandteil derselben.
Gar nicht schwer: Einwaagekorrekturfaktor
Viele Rezepturen, die bei Ringversuchen des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL) der Prüfung nicht genügen, fallen wegen der Verwendung einer falschen Waage oder dem Vergessen des Einwaagekorrekturfaktors (EKF) durch, weiß Wittmann zu berichten. Die meisten Wirkstoffe erfordern die Berechnung des Einwaagekorrekturfaktors, da sie Schwankungen im Wirkstoff- und Wassergehalt unterliegen. Beträgt der Mindergehalt 2% oder mehr, muss er ausgeglichen werden. Im Online-Auftritt des NRF findet man unter „Tools“ eine Excel-Tabelle, die bei der Berechnung hilft. Noch einfacher ist die Bestimmung mit der Rechenhilfe, die das NRF gleich daneben anbietet. Mittlerweile berechnen viele Lieferanten den Einwaagekorrekturfaktor ihres Produkts sogar selbst und führen ihn im Prüfzertifikat auf. Bei der Eingangsprüfung kann man ihn gleich auf dem Standgefäß aufbringen. Wird dann noch die richtige Waage gewählt (Massen < 1 g grundsätzlich Analysenwaage) und diese mindestens 30 Minuten „warmlaufen“ gelassen, steht dem korrekten Einwiegen nichts mehr im Weg.
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Am Ende ein Handwerk
Die Bestandteile sind klar, bleibt noch die Frage nach der Reihenfolge ihrer Verarbeitung. Nach dem Anreiben des Erythromycins mit den mittelkettigen Triglyceriden erfolgt die Zugabe der Basiscreme. In diesem speziellen Fall sind zwei große Portionen Grundlage vielen kleineren Gaben überlegen. Anschließend werden die (frisch hergestellte!) 0,5%ige Citronensäure-Lösung und das Propylenglycol eingearbeitet. Es empfiehlt sich die Verwendung einer Fantaschale aus Glas oder Metall für eine bessere Sichtkontrolle. Oder doch lieber mit dem Rührautomaten? Auch wenn es geprüfte Empfehlungen der Hersteller (z .B. Topitec®, Unguator) gibt, ist es bei der empfindlichen Erythromycin-Creme unter Umständen besser, sie per Hand zu rühren. Hydrophile Cremes werden immer in Spenderdosen oder Tuben abgefüllt. Etikettieren (Kühlschrank-Lagerung!). Fertig. |
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