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Pharmazeutische Dienstleistungen

Der Sherlock Holmes für mehr Arzneimitteltherapiesicherheit

Mit dem Medinspector® steht ein ausgeklügeltes Datenbanksystem zur Verfügung

Sherlock Holmes ist letztendlich fast jedem als Detektiv bekannt. Er zeichnete sich durch seine forensische Arbeitsmethodik aus, die auf einer detailgenauen Beobachtung gepaart mit nüchterner Schlussfolgerung beruht. Auch ein Arzt, in Person von Dr. Watson, ist hier involviert. Der Medinspector® kann durchaus als der Sherlock Holmes der AMTS-Datenbanken bezeichnet werden, arbeitet er doch auch mit detailgenauen Beobachtungen, nüchternen Schlussfolgerungen – und in Kooperation mit dem Arzt. | Von Isabel Waltering

Nach der Ernüchterung aufgrund des EuGH-Urteils 2016 und der Ablehnung eines Versandverbots für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist das Bedürfnis entstanden, die öffentliche Apotheke zum Internethandel hin abzugrenzen [1]. Bei einer Gruppe engagierter Apothekerinnen und Apotheker kam in diesem Zusammenhang der Wunsch auf, aus der Basis heraus eine Möglichkeit der Digitalisierung zu schaffen, mit der eine optimale Vor-Ort-Versorgung mit einem Plus an Sicherheit und Service angeboten werden kann. Eine Maßnahme, die eine optimale Versorgung von Patientinnen und Patienten bietet, ist die Medikationsanalyse. Um jedoch den Nutzen dieser Dienstleistung vollumfänglich auszuschöpfen, aber mit einem für die Apotheke leistbaren Arbeitsaufwand und der Möglichkeit zur Kommunikation mit der Arztpraxis, ist eine digitale Plattform absolut notwendig. Dies kann der Med­inspector® bieten.

Herzstück Medikationsanalyse

Herzstück des Medinspectors ist die Medikationsprüfung auf der Puzzleseite, die auf Grundlage der MMI- und der Scholz-Datenbank durchgeführt wird. In die Analyse fließen die Prüfkriterien der Leitlinie Medikationsanalyse der Bundesapothekerkammer ein [2]. Diese sind für eine bessere Übersichtlichkeit in die folgenden sieben Kategorien eingeteilt:

  • Kontraindikationen
  • Indikationen
  • Dosierung
  • Wechselwirkungen
  • Nebenwirkungen
  • Anwendung, Adhärenz (im Aufbau: Aufbewahrung)
  • (im Aufbau: Wirtschaftlichkeit)

Interessant ist die Datengrundlage, mit deren Hilfe diese ­Kategorien abgeprüft werden. Auf Basis der hinterlegten Datenbanken führt einen das Programm recht intuitiv durch die Medikationsanalyse. Im Folgenden ein Einblick in das Vorgehen:

Vorgehen Schritt für Schritt

Bevor ein Patientenfall neu im Medinspector® angelegt werden kann, muss bestätigt werden, dass der Patient/die Patientin eine Datenschutzerklärung unterzeichnet hat, die direkt mithilfe des Medinspectors ausgedruckt werden kann. Ohne diesen Vorgang können die Fälle nicht weiterbearbeitet werden. Zusätzlich kann eine Schweigepflichtsentbindung und eine Patientencheckliste für den Brown-Bag erstellt werden. Damit die Stammdaten des Patienten nicht mühsam von Hand eingegeben werden müssen, kann hier eine Datenerfassung über das Einlesen der Gesundheitskarte erfolgen.

Im Weiteren werden dann individuelle Parameter erfasst. Die Angaben zu Größe und Gewicht müssen bei jedem Patienten erfasst werden, wie die Medikamente verabreicht werden, CYP-Status und Laborwerte sind optional anzugeben. Bislang können bei den Laborwerten Elektrolyte erfasst werden, ebenso der Serumkreatinin-Wert, mit dessen Hilfe dann die Nierenfunktion abgeschätzt werden kann. Dazu stehen die Cockcroft-Gault- und die CKD-Epi-Formel zur Auswahl.

Medikamente können, neben der manuellen Eingabe, einzeln über den Barcode oder auch über den bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP) eingescannt werden. Angegeben werden kann zusätzlich die Quelle der Information (Brown-Bag, Medikationsplan etc.). Das ist relevant für einen einfachen Abgleich zur Detektion widersprüchlicher Angaben. Weiterhin sind Hinweise möglich, ob es sich um eine Dauer- oder Bedarfsmedikation handelt. Zusätzlich erfasst werden Nahrungs-/Genussmittel wie Alkohol oder Tee, Allergien und Symptome der letzten vier Wochen mit Ausprägung und persönliche Ziele und Wünsche des Patienten. Auch können hier Dokumente wie Krankenhaus-Entlass­berichte hinzugefügt werden.

Eine Besonderheit des Medinspectors ist die Erfassung der Diagnosen über den ICD-Code. Diese Art der Datenerfassung ist für Apothekerinnen und Apotheker erst einmal ungewohnt, erleichtert aber die Zusammenarbeit mit der Arztpraxis ganz erheblich, ebenso die Überprüfung, ob für jede ­Indikation ein Arzneimittel angesetzt ist oder auch die ­Prüfung auf Kontraindikationen. Neben dem Code ist die Dia­gnose aber auch entschlüsselt sichtbar.

Mithilfe der gemachten Angaben erfolgt nun die detailgenaue Analyse, die Medikationsüberprüfung. Auf der „Puzzleseite“ werden die Prüfergebnisse, basierend auf der MMI- und SCHOLZ-Datenbank ermittelt. Die Ergebnisse werden übersichtlich mit grauen, grünen, gelben und roten Kugeln in unterschiedlicher Größe dargestellt (Abb. 1). Eine kleine Kugel kann bedeuten, es gibt ein arzneimittelbezogenes Problem (ABP) in der jeweiligen Kategorie, eine mittlere steht für zwei ABP und eine große Kugel entsprechend für drei oder mehr ABP. Die Farben zeigen an, ob es sich um schwache/geringgradige, bedeutsame oder sogar gefährliche ABP handelt. Schön ist, dass beim Medinspector®, zusätzlich zu den Farben, für Anwenderinnen und Anwender mit Achromatopsie Symbole (Häkchen, Ausrufezeichen, Kreuz) in die Kugeln integriert wurden, wobei Grün einem Häkchen, Gelb einem Ausrufezeichen und Rot einem Kreuz entspricht. Mit einem Klick auf die einzelne Kugel werden die jeweiligen ABP angezeigt und gleichzeitig in Bezug zu den Erkrankungen, aber auch Symptomen und Beschwerden der Patientin/des Patienten gebracht. Gleichzeitig werden aber auch Optimierungsmöglichkeiten angeboten. Besonders charmant ist es an dieser Stelle, dass verschiedene Maßnahmen ausprobiert werden können, um zu sehen, wie sich mit welchem Vorschlag die Therapie verbessern würde. Dies wird in einem Vorher-/Nachher-Vergleich wieder mit den Kugeln dargestellt. Es sollte sich somit die Größe und die Farbe der Kugeln verändert haben. Es ist jedoch meistens nicht möglich, nur kleine, grüne Kugeln zu erhalten. Ein gewisses „Restrisiko“ ist immer vorhanden, darüber muss man sich bei der Anwendung im Klaren sein. Grundsätzlich ist aber die Möglichkeit, eine optimierte Therapie „zusammenzupuzzeln“ und immer wieder neue Arzneimittel ausprobieren zu können, ohne eine komplett neue Analyse zu starten, einer der großen Pluspunkte des Medinspectors®.

Foto: Viandar/Medinspector

Abb. 1: DerMedinspector®: Optimierte Therapie zusammengepuzzelt

Kurze Online-Schulung notwendig

Nichtsdestotrotz müssen sämtliche ABP auch immer noch einmal vom Bearbeitenden individuell für den einzelnen Patienten mit dem entsprechenden pharmazeutischen Fachwissen beurteilt werden. Darauf wird bei den Schulungen zum Medinspector® deutlich hingewiesen. Auch ist zu beachten, dass die Datenbank nicht ohne eine kurze Online-Anwenderschulung verwendet werden kann. Eine durchaus sinnvolle Maßnahme. Hat man diese Hürde jedoch genommen, bietet der Medinspector® auch noch weitere Unterstützung in Form eines Expertenrates an. Es besteht zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit einen „Hilferuf“ abzuschicken, der von geschulten Medikationsmanagerinnen und -managern sowie von geriatrischen Pharmazeutinnen und Pharmazeuten zeitnah umfassend beantwortet wird.

Online-Präsentation

Interessierte Apothekerinnen und Apotheker sind herzlich eingeladen, bei einer Online-Präsentation des Medinspectors® dabei zu sein. Hier erhalten Sie anhand eines Patientenfallbeispiels einen praktischen Einblick in die Medikationsanalyse und das Medikations­management mit der Software. Außerdem haben Sie die Möglichkeit, Ihre Fragen zum Medinspector® und rund um das Thema Arzneimitteltherapiesicherheit zu stellen.

Sie möchten teilnehmen? Dann melden Sie sich einfach direkt bei der Viandar GmbH per E-Mail unter kundenservice@viandar.de oder telefonisch unter (0 40) 71 62 44 97 an.

Auch über die Website www.­medinspector.de unter der Rubrik „Aktuelles/Termine“ ist eine Anmeldung möglich.

Termine: 15. Juli, 29. Juli oder 11. August jeweils von 19.00 Uhr bis 20.30 Uhr.

Austausch mit „Dr. Watson“

Kommunikation ist ein weiterer positiver Aspekt beim Med­inspector®. Und jetzt kommt Dr. Watson ins Spiel. Die Apotheke und die Arztpraxis können gemeinsam auf die Prüfergebnisse zugreifen. Benachrichtigungen können in beide Richtungen in der Software oder per E-Mail ausgetauscht werden, Videokonferenzen sind ebenfalls möglich. Auch besteht die Möglichkeit plattformübergreifend zusammenzuarbeiten. Relativ einfach lassen sich zudem Berichte an die Arztpraxis aber auch an die Patienten aus dem System erstellen. Alle bereits eingegebenen Informationen werden automatisch aus dem System übernommen, individuelle Informationen zur Therapie, aber auch weitere Maßnahmen können einfach und schnell frei verfasst werden. Selbstverständlich kann mit dem Medinspector® auch auf Knopfdruck ein bundeseinheitlicher Medikationsplan erstellt werden. Damit aus der Medikationsanalyse dann auch ein Medikationsmanagement wird, ist ein standardisierter Follow-up – Prozess integriert, der es ermöglicht, Verbesserungen mit der angepassten Medikation zu erfassen und auch die weitere Behandlung optimal zu betreuen.

Um Sherlock Holms detailgetreue Beobachtungen und seine nüchternen Schlussfolgerungen zu erhalten, richtig zu interpretieren, und die Ergebnisse sowohl für Dr. Watson als auch für Patienten optimal darzustellen, werden monatliche Anwendertreffen und regelmäßige Schulungen angeboten. |

Literatur

[1] Sucker-Sket K. EuGH kippt Boni-Verbot; 2016 [cited 2021 June 23] Available from: URL: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/_Resources/Persistent/4/2/8/5/42857959e9b24652d4b7489df71ccd927c03ee8c/EuGH%20C_0148_2015%20DE%20ARR.pdf.

[2] Bundesapothekerkammer BAK. Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung – Medikationsanalyse; 2017 [cited 2021 June 23] Available from: URL: file:///D:/DATEN/Downloads/LL_­MedAnalyse%20(9).pdf.

Autorin

Dr. Isabel Waltering,  Apothekerin, PharmD, hat an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster Pharmazie studiert. Referentin für verschiedene Apothekerkammern im Bereich Fort- und Weiterbildung. Studium zum Doctor of Pharmacy (University of Florida, USA). Prüfungsausschuss Geriatrische Pharmazie (AKWL und LAK BW), Wissenschaftliches Mitglied und Mitinitiatorin der WestGem-Studie in Zusammenarbeit mit der Bergischen Universität Wuppertal und der KatHO-NRW. Mitarbeiterin in der Ludgeri-Apotheke in Billerbeck. Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitskreis von Prof. Dr. Georg Hempel in Münster als AMTS-Dozentin.

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