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Arzneimittel und Therapie
Kein Herztod dank Sildenafil und Co.
Wie Phosphodiesterase-5-Hemmer Männer mit stabiler KHK schützen
Unter erektiler Dysfunktion versteht man die fehlende oder unzureichende Erektion des Penis. Die Inzidenz steigt mit zunehmendem Alter: So sind mehr als 40% der über 70-jährigen Männer betroffen. Die Erkrankung ist gleichzeitig mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko und Mortalität assoziiert. Als Behandlungsmöglichkeiten stehen unter anderem die oral zu applizierenden Phosphodiesterase(PDE)-5-Hemmer (z. B. Sildenafil) sowie die Injektion des Prostaglandins Alprostadil zur Verfügung. 2017 konnte gezeigt werden, dass Männer mit erektiler Dysfunktion unter einer Phosphodiesterase-5-Hemmer-Therapie weniger kardiovaskuläre Ereignisse erlitten. Die Ergebnisse nahmen schwedische Wissenschaftler um Holzmann et al. zum Anlass, einen möglichen protektiven Effekt dieser Substanzgruppe im Vergleich zu Alprostadil zu untersuchen.
Hierzu wurden die Daten der schwedischen Patienten- und Verschreibungsregister zur Analyse herangezogen. Insgesamt wurden 18.542 Männer mit Myokardinfarkt oder Revaskularisation in der Vorgeschichte, die wegen einer erektilen Dysfunktion mit PDE-5-Hemmern (n = 16.548) oder Alprostadil (n = 1994) therapiert wurden, in die Studie eingeschlossen. Erhebungszeitraum der Daten war von 2006 bis 2013. Der Follow-up-Zeitraum lag im Mittel bei 5,8 Jahren; Männer über 80 und unter 18 Jahren wurden aus der Studie ausgeschlossen.
Dosisabhängiger Effekt
Primärer Endpunkt war die Gesamtmortalität. In der Phosphodiesterase-5-Hemmer-Gruppe traten 2261 Todesfälle (14 %) auf; in der Alprostadil-Gruppe lag der Anteil bei 26%. Demnach war die PDE-5-Hemmer-Therapie im Vergleich zu Alprostadil mit einer signifikant niedrigeren Gesamtmortalität verbunden (Hazard Ratio [HR]: 0,88; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,79 bis 0,98). Die Assoziation war jedoch dosisabhängig – wurden die Patienten anhand der Verordnungszahlen in fünf Gruppen (Quintile) eingeteilt, konnte lediglich in den drei oberen Quintilen mit zunehmender Verordnungshäufigkeit ein Zusammenhang gezeigt werden. In Bezug auf die Todesursache konnte zudem festgestellt werden, dass der Anteil an kardiovaskulären Todesfällen in der PDE-5-Hemmer-Gruppe mit 35% niedriger war als in der Vergleichsgruppe (40%). Kein Vorteil zeigte sich dagegen bei nicht-kardiovaskulär bedingten Todesfällen (HR: 0,92; 95%-KI: 0,79 bis 1,07). Das Risiko, einen Myokardinfarkt zu erleiden, war unter Phosphodiesterase-5-Hemmer-Therapie um 19% niedriger als unter Alprostadil. Der Benefit von Sildenafil und Co. zeigte sich auch im Hinblick auf das Auftreten einer Herzinsuffizienz (25% niedrigeres Risiko) oder der Notwendigkeit einer Revaskularisation (31% niedrigeres Risiko). Das Risiko, einen Schlaganfall oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit zu entwickeln, war in beiden Gruppen vergleichbar.
Bewertung der Studie
In der Studie konnte gezeigt werden, dass Männer unter Phosphodiesterase-5-Hemmer-Einnahme ein niedrigeres Risiko hatten, zu versterben, einen weiteren Myokardinfarkt oder eine Herzinsuffizienz zu erleiden. Das niedrigere Todesrisiko war jedoch dosisabhängig, wobei in der Studie keine Angaben zur exakten Dosis vorlagen. Die beiden Experten Renke Maas, (Universität Erlangen-Nürnberg) und Roman N. Rodionov (Universität Dresden) kritisieren in ihrem Begleitkommentar zu der Studie zudem die fehlenden Angaben, ob die Arzneimittel täglich oder nur bei Bedarf angewendet wurden. Auch Verzerrungen aufgrund des retrospektiven Studiendesigns können nicht ausgeschlossen werden. Um zu einem abschließenden Ergebnis und daraus resultierenden Therapie-Empfehlungen zu kommen, sind randomisierte kontrollierte klinische Studien erforderlich. |
Literatur
Andersson DP et al. Association of phosphodiesterase-5-inhibitors versus alprostadil with survival in men with coronary artery disease. JACC 2021; doi.org/10.1016/j.jacc.2021.01.045
Maas R, Rodionov RN. Phosphodiesterase-5-inhibitors and survival in men with coronary artery disease. JACC 2021; doi.org/10.1016/j.jacc.2021.02.021
Geisslinger G, Menzel S, Gudermann T, Hinz B, Ruth P. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH; 2019
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