Arzneimittel und Therapie

Heuschnupfen-Therapie nach Bedarf

Intranasale Corticosteroid-Behandlung muss nicht regelmäßig erfolgen

Als Nasenspray angewendete Glucocorticoide haben sich bei der Therapie der allergischen Rhinitis gut bewährt. Trotz hohem Leidensdruck wenden dennoch viele Betroffene das Arzneimittel entgegen der empfohlenen Dosierung oft nur sporadisch an. Doch macht es wirklich einen Unterschied im Therapieerfolg, ob das Spray regelmäßig oder nur bei Bedarf angewandt wird?

Es juckt, es tränt, die Nase ist verstopft – jedes Jahr leiden Millionen Menschen unter dem saisonalen Pollenflug. Allergische Rhinitis – oder auch bekannt als Heuschnupfen – schränkt in Deutschland etwa 15% der Erwachsenen bisweilen stark in ihrer Lebensqualität ein. Im Vordergrund der Therapie steht die Symptomkontrolle. Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie sind lokal verabreichte Glucocorticoide sowie orale Antihistaminika Mittel der ersten Wahl. Mittlerweile haben vor allem intranasale Glucocorticoide großen Zuspruch gefunden.

Foto:hailey_copter/AdobeStock

Durch eine korrekte Allergiebehandlung könnten nach Ansicht der European Centre for Allergy Research Foundation in Europa durchschnittlich 84 Milliarden Euro pro Jahr eingespart werden.

Bewährter Einsatz bei allergischer Rhinitis

Dabei bieten unterschiedliche Hersteller die Glucocorticoid-haltigen Nasensprays – je nach enthaltenem Wirkstoff – entweder apothekenpflichtig oder verschreibungspflichtig an. Für besonders geplagte Heuschnupfen-Patienten ist seit 2008 das stark entzündungshemmende Fluticasonfuroat (nicht das Propionat!) als verschreibungspflichtiges Nasenspray unter dem Namen Avamys® (GlaxoSmithKline plc) in Deutschland auf dem Markt. Fluticasonfuroat bindet hoch affin und selektiv an den humanen Glucocorticoid-Rezeptor. Durch die Furoat-Seitenkette passt es wie angegossen in die Rezeptorbindetasche und sticht somit z. B. Mometasonfuroat oder Fluticasonpropionat im Punkt Bindungsaffinität aus. Die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Avamys® wurde in klinischen Studien sehr gut belegt. Für Erwachsene ist die Anwendung nach einem festen Schema empfohlen: In der Anfangsdosierung werden einmal täglich zwei Sprühstöße (27,5 µg pro Sprühstoß) in jedes Nasenloch gegeben. Das entspricht einer Tagesgesamtdosis von 110 µg. Zur Erhaltung der Symptomkontrolle erfolgt eine Dosisreduktion auf einmal täglich einen Sprühstoß je Nasenloch (Tagesgesamtdosis 55 µg). Dabei sollte das Nasenspray während der gesamten Heuschnupfen-Periode täglich etwa zur selben Uhrzeit angewendet werden.

Reicht auch bei Bedarf?

Im echten Leben aber nutzen viele Patienten ihr Nasenspray oft eher nach Bedarf und nicht in der empfohlenen Dosierung. Real-World-Daten hierzu stehen bisher kaum zur Verfügung. Doch kann überhaupt ein Wirkunterschied bei regulärer Anwendung der entzündungshemmenden Nasensprays gegenüber der Anwendung nach Bedarf ausgemacht werden?

Dieser Frage hat sich eine thailändische Forschergruppe von den Universitäten in Bangkok und Chiang-Mai gewidmet. Sie untersuchten, ob das empfohlene tägliche Dosierschema mit Fluticasonfuroat wirklich besser ist als eine Anwendung nach Bedarf. In einer sechswöchigen kontrollierten klinischen Studie wurde das Therapieverhalten von 108 Patienten mit einer mittleren bis schweren Form von allergischer Rhinitis genauer unter die Lupe genommen. 74% der Studienteilnehmer waren weiblich. Das mittlere Alter betrug 30 +/- 8,4 Jahre, bei einer mittleren Erkrankungsdauer von 15 Jahren. In der ersten Woche ver­abreichten alle Patienten täglich zwei Sprühstöße à 27,5 µg Fluticasonfuroat in jedes Nasenloch (Tagesgesamtdosis 110 µg). Ab der zweiten Woche wurden die Teilnehmer randomisiert in zwei Gruppen aufgeteilt: 53 Patienten wendeten über fünf Wochen das Fluticasonfuroat-­Nasenspray nur noch bei Bedarf an (FF-as-needed), jedoch nie mehr als die maximal zwei Sprühstöße pro Nasenloch pro Tag. Die übrigen 55 Teilnehmer wendeten das Nasenspray weiter nach einem festen Dosierschema (FF-regular) an: Jeden Abend vor dem Zubettgehen zwei Sprühstöße in jedes Nasenloch.

TNSS – Total Nasal Symptom Score

Alle Studienteilnehmer bewerten die vier Symptome Niesen, Verstopfung, Juckreiz und Rhinorrhoe mit 0 bis 3 Punkten.

  • 0 = keine Symptome
  • 1 = mildes Symptom, aber gut erträglich
  • 2 = deutliche Wahrnehmung des Symptoms; lästig, aber tolerierbar
  • 3 = schweres Symptom schwer zu tolerieren; beeinträchtigt die tägliche Aktivität

Die Werte der nasalen Symptome werden dann addiert, um den TNSS-Wert zu erhalten.

Ähnlich gutes Outcome

Als primärer Endpunkt wurde die Veränderung des Total Nasal Symptom Scores (TNSS, s. Kasten) gemessen. Die sekundären Endpunkte umfassten unter anderem die Lebensqualität (engl. Rhinoconjunctivitis Quality of Life-36 Questionnaire, RCQ-36), den nasalen Spitzeninspirationsfluss (engl. NPIF) und die kumulative Fluticasonfuroat-Dosis. Interessanterweise war der Unterschied in der mittleren Veränderung des TNSS zwischen beiden Gruppen in der Intention-to-treat-Analyse nach sechs Wochen nicht signifikant (1,21 Punkte; 95%-Konfidenzintervall [KI]: -0,08 bis 2,49; p = 0,066). Es zeigte sich in der FF-regular-Gruppe nur eine leichte Tendenz zur Verbesserung des TNSS, aber eine vergleichsweise höhere Verbesserung des NPIF (-19,21 l/min; 95%-KI: -33,54 bis -4,89; p = 0,009). Bei der Verbesserung der Lebensqualität konnten die Forscher keinen Unterschied in beiden Gruppen feststellen. Bemerkenswert war jedoch, dass in der FF-as-needed-Gruppe während der sechswöchigen Anwendungsphase nur 51% der kumulativen Cortison-Dosis der FF-regular-Gruppe gemessen wurde. Die Gruppe benötigte also gerade einmal die Hälfte der empfohlenen Cortison-Dosis.

Was heißt das für die Praxis?

Die gemessenen Symptomlinderungen waren in beiden Gruppen ähnlich bis vergleichbar – der Unterschied in der Fluticasonfuroat-Exposition allerdings durchaus unterschiedlich. Künftig könnten Patienten zusammen mit ihrem Arzt also klären, ob ein Einsatz des Fluticasonfuroats bei Bedarf nicht schon ausreicht, um gut durch die lästige Heuschnupfen-Zeit zu kommen. Weniger intranasal angewandte Glucocorticoide könnten zudem auch weniger Nebenwirkungen, wie Nasenbluten, nasale Ulcera oder Kopfschmerzen bedeuten. |
 

Literatur

Ellis AK et al. The Allergic Rhinitis – Clinical Investigator Collaborative (AR-CIC): nasal allergen challenge protocol optimization for studying AR pathophysiology and evaluating novel therapies. Allergy Asthma Clin Immunol 2015. doi: 10.1186/s13223-015-0082-0

Thongngarm et al., As-needed Versus Regular Use of Fluticasone Furoate Nasal Spray in Patients with Moderate to Sever, Persistent, Perennial Allergic Rhinitis: A Randomized Controlled Trail, J Allergy Clin Immunol Pract, März 2021

Fachinformation Avamys®, GlaxoSmithKline GSK, Stand August 2020

Apothekerin Dorothée Malonga Makosi, MPH

Das könnte Sie auch interessieren

Intranasales Glucocorticoid erhöht nasopharyngeale Biodiversität und lindert Symptome

Auch Kinder profitieren von Mometason

Fünf Fragen und fünf Antworten zu Nasensprays

Die Allergie bekämpfen mit Cortison

Konsequente Therapie der allergischen Rhinitis verhindert Etagenwechsel

Ständige Attacken

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.