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Helfen? Aber gerne doch!

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Die Corona-Pandemie ist weder hier-zulande noch weltweit überstanden, doch in der Fachwelt spekuliert man schon, welches Virus denn als nächstes die große Runde machen wird. Zugegeben, nicht erst seit Corona ist bekannt, dass sich das Spektrum von Infektionskrankheiten in unseren Breitengraden am Verändern ist. Erreger, die ihren Ursprung bisher in tropischen Gefilden hatten, befinden sich seit Jahren auf dem Vormarsch und beschäftigen inzwischen fast alle Gesundheitssysteme. Diese Entwicklung scheint unaufhaltsam zu sein solange tierische Reservoire für die Viren existieren und sie auf Fernreisen oder im weltweiten Handel übertragen werden.

Gesundheitspolitisch hat man diese Bedrohung in Deutschland aber eher kleingeredet. Mit Pandemiekonzepten ­gewann man bisher keine Wahl. Deutlich wurde dies, als wir im Frühjahr 2020 hilflos in die erste Welle schlitterten und – mehr als ein halbes Jahr später – im Winter keine bessere Performance an den Tag legten, als die Corona-Zahlen noch deutlicher anstiegen. Nach wie vor leben politische Entscheider und große Teile der Bevölkerung in der trügerischen Sicherheit, dass Infektionskrankheiten egal welchen Ursprungs in „unserer“ Welt ­keine Rolle spielen. Nicht anders ist zu erklären, weshalb Masernausbrüche längst nicht mehr der fernen Vergangenheit angehören und die Impfbereitschaft der Deutschen bei der saisonalen Grippe jedes Jahr miserabel ist.

Mit dem Masernschutzgesetz, das am 1. März 2020 in Kraft trat, wurde eine Impfpflicht für Masern eingeführt und die Grundlage für regionale Modellvor­haben zu Grippeimpfungen in den Apotheken gelegt. Ein wichtiger und längst überfälliger Anstoß, obwohl beide Initiativen – sowohl die Masernimpfpflicht als auch die impfenden Apotheker – zu heftigen Auseinandersetzungen führten, gesellschaftlich wie (standes-)politisch. Doch gerade die Corona-Pandemie machte unmittelbar nach der Gesetzesinitiative doch deutlich, dass zur Vorbeugung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten unbedingt schärfere Schwerter notwendig sind – vor allem mehr Pragmatismus und weniger Bürokratismus. Bei der Herstellung von Desinfektionsmitteln lagen den Apotheken viel zu lange Steine im Weg. Gesetzliche Hürden zögerten den Aufbau von Testangeboten durch Apotheken unnötig hinaus. Und die Corona-Impfungen in den Hausarztpraxen werden jede Woche unter neuen logistischen Anforderungen auf dem ­Rücken der Apotheken ausgetragen.

Was folgt als nächstes? In Berlin hat man schon einen Plan. Die Apothekerinnen und Apotheker sollen digitale COVID-19-Impfnachweise ausstellen, vorausgesetzt die Impfung hat in derselben Gemeinde, demselben Landkreis oder der unmittelbaren Umgebung stattgefunden und die entsprechenden Unterlagen sind korrekt – andernfalls drohen bis zu zwei Jahre Haft (S. 9). Pandemiebekämpfung ist eben kein Sonntagsspaziergang. Doch: „Die Apotheken helfen gerne“, ­signalisiert ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening per Mitteilung. ­Helfen tun sie sicher gerne. Doch irgendwann darf es nicht mehr nur um das Aushelfen gehen, sondern um tatsächliche pharmazeutische Dienstleistungen. Der gesetzliche Rahmen wurde mit dem VOASG geschaffen, fehlt nur noch der konkrete Inhalt.

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