DAZ aktuell

Doris S. soll zahlen statt kassieren

Zivilprozess um Insolvenzmasse aus Bottroper Zyto-Skandal

hfd/ral | Seit Ende 2016 sitzt der Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. im Gefängnis. Im Juli 2018 wurde er zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Der Fall beschäftigt die Gerichte jedoch nach wie vor. Vergangene Woche verhandelte die neunte Zivilkammer des Landgerichts Essen die Klage des Insolvenzverwalters gegen die Mutter des Apothekers Peter S.

Kurz nach der Inhaftierung des Bottroper Zyto-Apothekers Peter S. Ende 2016 erhob dessen Mutter Doris S. Forderungen gegen ihren Sohn und erwirkte Vollstreckungsbescheide gegen ihn, auch wurde die Apotheke an sie zurück übertragen. Inzwischen ist S. verurteilt – und ein Insolvenzverfahren eingeleitet. In diesem hatte Doris S. Forderungen in zweistelliger Millionenhöhe angemeldet. Der Insolvenzverwalter Klaus Siemon hatte Klage gegen Doris S. eingelegt, da die For­derungen seiner Ansicht nach ungerechtfertigt sind und er Übertragungen anfechten wollte: Mutter und Sohn hätten „offensichtlich kollusiv zusammengewirkt“, schrieb Siemon in der Klageschrift. Falls beide in der Absicht gehandelt haben, andere Gläubiger zu schädigen, wären die Übertragungen anfechtbar.

Vergangene Woche verhandelte nun die neunte Zivilkammer des Landgerichts Essen in dieser Sache. Auch Doris S. war geladen – im Strafprozess gegen ihren Sohn hatte sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Forderungen in Höhe von rund 23 Millionen Euro hat Doris S. in dem Insolvenzverfahren geltend gemacht, erklärte die Vorsitzende Richterin. Es geht um Darlehensverträge in Millionenhöhe, Übertragungen, Kauf von Kunstwerken, Kündigung von Darlehen und die Rücknahme von Schenkungen. Unklar ist, welchen Wert die frühere Alte Apotheke nach Inhaftierung von Peter S. hatte: In den Jahren 2017 und 2018 habe sie jeweils mehr als eine halbe Million Euro Verlust gemacht, erklärte ein Anwalt von Doris S. Die Apotheke ist inzwischen wieder verpachtet – einen Teil der Pacht musste die Apothekerin zurückerstatten, erklärte der Anwalt. „Mit der Apotheke sind erhebliche Verluste erzielt worden – die ist tot“, sagte er. Laut der Vorsitzenden Richterin habe sie zuvor Umsätze von mehr als 1 Million Euro pro Jahr gemacht.

In den Erläuterungen zur vorläufigen rechtlichen Einschätzung der Zivilkammer erklärte die Vorsitzende, in Bezug auf den Vertrag zur Rückübertragung der Apotheke etwa bestünden keine Bedenken – auch wenn dieser nur umfasse, was zum Zweck der Apotheke gehöre. Nicht dazu gehörten Kunstwerke. Doch insgesamt spreche Verschiedenes dafür, dass Gläubiger benachteiligt worden sind, erklärte die Richterin – und es spreche auch „einiges wenn nicht viel“ dafür, dass die Beklagte hiervon Kenntnis hatte. Die Kammer machte einen Vorschlag, der offenbar für alle Beteiligten überraschend war: Doris S. solle eine Summe von 1 bis 2 Millionen Euro in die Insolvenzmasse zahlen und ihre Forderungen fallen lassen – dafür bliebe „alles da, wo es ist“: So das Eigentum an der Apotheke oder die Kunstwerke. „Dass es keinem gefallen kann, ist klar“, sagte die Richterin. „Aber wie sollen wir aus der Geschichte rauskommen?“

Doris S. ließ zunächst ihre Anwälte sprechen. „Den Ausgangspunkt vom Gericht finde ich gut – so löst man Probleme“, sagte einer. Er schlug vor, ein Gutachten über den Wert der Apotheke einzuholen. Hier widersprach der Anwalt des Insolvenzverwalters: Wenn über einzelne Aspekte diskutiert werde, würde es zu kompliziert – er plädierte für eine pauschale Lösung. Die Richterin schlug eine Zahlung von Doris S. in Höhe von 900.000 Euro in die Insolvenzmasse vor – worauf sich Doris S. und ihre Anwälte sowie der Anwalt des Insolvenzverwalters zunächst einigen konnten. Die Beklagte verpflichtet sich hiernach, die angemeldeten Forderungen zurückzunehmen. Doch unklar bleibt, ob diese gütliche Einigung am Ende trägt: Beide Parteien haben nun einige Wochen Zeit, Widerspruch einzulegen. |

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