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Wie ticken die Apotheker von morgen?
Fünftes Symposium der Bundesapotheker widmet sich „Generation Z“
Generationenkonflikte sind so alt wie die Sprache selbst. Schon Aristoteles machte sich große Sorgen um die Zukunft seines Landes, wenn die Jugend von damals die Männer von morgen stellen sollte. Weil die „Jugend von heute“ unter völlig anderen technischen, demografischen sowie ökonomischen Alltagsbedingungen heranwächst, ist es schwerer als je zuvor, zwischen älteren und jüngeren Generationen zu vermitteln.
Auch im Bereich der öffentlichen Apotheke scheint eine Kluft zu liegen. Fachkräfte werden dringend gesucht, aber nicht ausreichend gefunden. Nach Zahlen des Apothekenklimaindexes 2020 rechnet nur ein Fünftel der Apothekeninhaberinnen und -inhaber damit, einen Nachfolger für ihre Apotheke zu finden. Nach Umfragen des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) möchten aber nur circa ein Drittel der Studierenden und Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) überhaupt in einer öffentlichen Apotheke arbeiten. Welche Erwartungen und Fähigkeiten bringen heranwachsende Apotheker der Generation Z (geboren zwischen 1995 und 2010) mit? Wie könnte für sie die Apotheke und der Weg zur Selbstständigkeit interessanter werden? Um diese Fragen drehte sich das fünfte Symposium der Bundesapothekerkammer (BAK) am Mittwoch vergangener Woche.
Kathrin Peters, Soziologin und Mitarbeiterin des Instituts für Generationenforschung in Augsburg, gab zu Beginn einen Überblick über die Generation Z. Sie ist aufgrund abnehmender Geburtenraten kleiner als die Vorgängergenerationen. Anders als etwa die Babyboomer, die zwischen 1945 und 1964 zu Welt kamen, sind die meisten nicht darauf angewiesen, sich für einen Arbeitsplatz gegenüber Konkurrenten behaupten zu müssen. Mehr als je zuvor haben sie die Wahl, wie sie sich beruflich orientieren möchten. Hinsichtlich des technischen Umgangs haben Vertreter der Generation Z gegenüber Älteren oft einen Wissensvorsprung. Sie sind von Jugend an darauf getrimmt, wichtige Informationen in kürzester Zeit von unwichtigen zu trennen. Das spiegelt sich darin wider, wie sich die heute 11- bis 26-Jährigen ihre Meinung bilden. In den schier unendlichen Möglichkeiten haben z. B. Google-Rezensionen einen hohen Stellenwert, wenn es darum geht, ob eine Apotheke infrage kommt oder nicht ‒ egal, ob als Kunden oder Arbeitssuchende.
Generation Snowflake
Wer Vertreterinnen und Vertreter der Generation Z erreichen will, muss schnell sein. Bewerbungen sollten daher nicht lang unbeantwortet bleiben. Das könnte sie verprellen, denn im Gegensatz zu älteren Semestern sind sie schneller frustriert und verunsichert. Polemisch ist auch von der „Generation Snowflake“ die Rede, da manchen Betrachtern die Jugend hochemotional und so beständig wie Schneeflocken erscheint. Auch in der öffentlichen Apotheke scheint das zum Problemfaktor zu werden: Laut einer Umfrage des BPhD fühlen sich die Hälfte der Pharmazeutinnen und Pharmazeuten im Praktikum in der öffentlichen Apotheke häufig gestresst. Demgegenüber klagte nur jeder fünfte PhiP in Klinikapotheken und noch weniger derjenigen, die in der Industrie Erfahrungen sammelten, über Stress. Die Generationenforscherin Peters legte den heutigen Apothekern ans Herz, Praktikanten nicht gleich ins kalte Wasser zu werfen, sondern zu Beginn helfend zur Seite zu stehen. Ein weiterer Punkt: Die Generation Z hat starke Anforderungen an die Moral ihrer Tätigkeit. Die Höhe des Gehalts spielt weniger eine Rolle als die Frage, ob die Arbeit Sinn stiftet und anderen Menschen hilft. Die Karriere ist für viele Jüngere nicht so wichtig wie in den Vorgängergenerationen, vielmehr steht die Trennung zwischen Karriere und Privatleben im Vordergrund. Viele Absolventinnen und Absolventen streben eine Teilzeitbeschäftigung an. Auch unterscheiden sich die Forderungen an das Arbeitsleben zwischen den Geschlechtern weniger stark als bisher.
Breite Wissensanwendung fehlt in der Apotheke
In der Gesprächsrunde leiteten BAK-Präsident Thomas Benkert, Dr. Christiane Eckert-Lill, ABDA-Geschäftsführerin Pharmazie, und Max Willie Georgie, Beauftragter für PJ und Beruf beim BPhD, Konsequenzen aus dem Gesagten ab.
Georgi, selbst der Generation Z zugehörig, kommentierte die Tatsache, dass sich viele PhiPs in der öffentlichen Apotheke überfordert fühlen. Problematisch sei, dass das derzeitige Studium Pharmazeuten nicht auf die in der Apotheke geforderten kommunikativen Fähigkeiten vorbereitet – anders als bei der Medizin, im Zuge dessen Studierende frühzeitig auf die Arbeit am Patienten geschult werden.
Wie viele herangehende Apothekerinnen und Apotheker möchte Georgi nach dem dritten Staatsexamen keine Vollzeitstelle in der Apotheke übernehmen. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass Pharmazeuten ihr Fachwissen in der Offizin nicht in der Breite anwenden können, wie in anderen Tätigkeitsfeldern. Auch der Verkauf als einzige Gewinnquelle widerspreche dem, was zuvor im Studium etwa zur Arzneimitteltherapiesicherheit gelehrt werde. Würden pharmazeutische Tätigkeiten in der Apotheke mehr Raum bekommen, beispielsweise durch die Implementierung pharmazeutischer Dienstleistungen, könne er sich die Apotheke aber durchaus als Arbeitsplatz vorstellen.
ABDA-Spitze verliert den Mut
Als Geschäftsführerin des ABDA-Bereiches Pharmazie erarbeitet Christiane Eckert-Lill die Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker und die pharmazeutischen Dienstleistungen. Beim Symposium fragte sie sich, ob man nicht auch die Facetten der heranwachsenden Generation berücksichtigen müsse, wenn man die pharmazeutische Ausbildung bearbeite. „Das hat mich gerade etwas mutlos gemacht“, gesteht Eckert-Lill. Die gültige Approbationsordnung wird im Herbst dieses Jahres 20 Jahre alt. Zur Überarbeitung der Approbationsordnung organisierte die ABDA einen ersten runden Tisch mit Vertretern der Hochschullehrer, Pharmaziestudierenden und anderen Fachorganisationen. Weitere Termine sind geplant. Bis erste Studierende die neue Ausbildung genießen können, dürften noch Jahre vergehen.
Benkert will flexiblere Arbeitszeitmodelle
Passen die Idealvorstellungen der jüngeren Generation nach einer guten Balance zwischen Freizeit und Arbeit noch zum von der ABDA geforderten Bild der Inhabergeführten Apotheke? Präsident der Bundesapothekerkammer Thomas Benkert sagt „ja“, setzt dabei aber auf das Modell der offenen Handelsgesellschaft, mit der sich zwei oder mehr Apothekerinnen oder Apotheker die Leitung teilen. Bei der Leitung von Filialapotheken ist dies derzeit nicht möglich. Benkert sprach sich dafür aus, auch dafür die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Auch müssten Apotheker PhiPs unterstützen, wenn diese sich bei Patientengesprächen überfordert fühlen. „Die Technik im Hintergrund ist digital, aber sowohl der Patient als auch seine Krankheit sind analog“, so der BAK-Präsident. Die menschliche Komponente sei wichtig, und an dieser Stelle müssen Apotheker den Nachwuchs mitnehmen. Auch in der Ausbildung möchte Benkert ansetzen: Denn um sich für die Selbstständigkeit zu begeistern, müssten betriebswirtschaftliche Themen gelehrt werden. Derartige Inhalte sind in der Approbationsordnung aktuell nicht vorgesehen. Auch Mentoren-Programme kann er sich vorstellen, bei denen erfahrene Apotheker Jüngere unterstützen. „Wir brauchen gezielte Maßnahmen, die Unentschlossenen zu überzeugen und junge Apothekerinnen und Apotheker auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit zu unterstützen“, fasste Benkert zusammen. |
Quelle
BAK-Symposium: Generation Z in der Apotheke – Erwartungen an die Arbeit von morgen. Video der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V., gestreamt am 14. April 2021, www.youtube.com
1 Kommentar
Ganz so schlimm ist es dann doch (noch) nicht
von Tobias Kast am 27.04.2021 um 11:12 Uhr
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