Arzneimittel und Therapie

„4 bis 5% Gewichtsverlust sind möglich“

Praktische Erfahrungen mit Diabetikern

Die Studienergebnisse von Wilding et al. sind beeindruckend. Welche Rolle Semaglutid im deutschen Praxisalltag spielt, darüber haben wir mit Prof. Dr. Norbert Stefan, Inhaber der Heisenberg-Professur für klinisch-experimentelle Diabetologie an der Universität Tübingen und Forscher des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung gesprochen.

DAZ: Welche Erfahrungen haben Sie mit Semaglutid gemacht? Verlieren die Patienten tatsächlich innerhalb von einem Jahr so deutlich an Gewicht?
Stefan: Erfahrungen mit Semaglutid habe ich im Rahmen der Behandlung von Patienten mit Typ 2 Diabetes mellitus gemacht. In diesem Fall nur mit der zugelassenen und niedrigeren Dosis von 0,25 bis 1,0 mg/Woche. Außerhalb von Studien gibt es über den Verlauf von einem Jahr noch nicht genügend Daten. Insgesamt gesehen, ist die Gewichtsabnahme mit der 1,0 mg-Dosis mit einer geschätzten mittleren Gewichtsreduktion von vier bis fünf Prozent relativ gut.

DAZ: Wie lange sollte man die Betroffenen Ihrer Meinung nach therapieren? Ist die Gewichtsabnahme dauerhaft oder steigt das Gewicht nach Absetzen des Medikaments?
Stefan: Ich denke, hier gibt es zwei Gruppen von Menschen: Die einen, die nach der Beendigung der Therapie wahrscheinlich wieder deutlich an Gewicht zunehmen, wie es Studien mit anderen GLP-1-Analoga gezeigt haben – somit ist bei ihnen sehr wahrscheinlich eine Langzeittherapie erforderlich. Eine andere, wahrscheinlich viel kleinere Gruppe, die mit dieser Therapie passager über drei bis sechs Monate genügend Gewicht verliert, so dass man sich wieder viel leichter bewegen kann und regelmäßig körperlich aktiv ist und somit das niedrigere Gewicht, auch ohne das Fortführen der medikamentösen Therapie, besser halten kann.

DAZ: Welche Risiken birgt die Anwendung?
Stefan: Insgesamt gesehen ist das Profil der Nebenwirkungen relativ gut. Vor allem Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle können auftreten. Stärkere Episoden von Übelkeit, Erbrechen und Durchfällen treten insgesamt gesehen doch relativ selten auf, und Gallensteinbildung beobachtet man vor allem bei sehr starker Gewichtsreduktion, wie z. B. bei bariatrischer Chirurgie. Trotzdem muss man, wie auch im dazugehörenden Editorial im NEJM geschrieben wurde, die Langzeiteffekte genau erforschen.

DAZ: Herr Prof. Dr. Stefan, vielen Dank für das Gespräch.

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