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Warten auf die Impfwelle

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Schon Ende Februar hatte die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) eindringlich vor den damals für März geplanten Lockerungen der Corona-Maßnahmen gewarnt. Man müsse dringend und zwingend mit der Impfwelle vor die dritte Infektionswelle kommen. Ansonsten müsse Mitte Mai mit über 25.000 COVID-19-Intensivpatienten ­gerechnet werden, was einfach nicht mehr zu schultern sei.

Einen Monat später und viele Lockerungsschritte weiter droht die düstere Prophezeiung der Intensivmediziner wahr zu werden. Die Entwicklung der dritten Welle ist in vollem Gange, die Belegung auf den Intensivstationen steigt wie prognostiziert. Jetzt hilft nur noch Schadensbegrenzung, ein harter Lockdown scheint unumgänglich.

Zeitgleich muss die Impfkampagne endlich an Fahrt aufnehmen. Nach Ostern soll es immerhin in den Hausarztpraxen losgehen, mit einer wöchentlichen Mindestmenge von 18 Impfdosen pro Praxis (s. S. 19).

Man muss kein Hellseher sein um vorauszusagen, dass auch dieser Prozess wie so manch anderer hoffnungsvoller Ansatz zur Pandemiebekämpfung kein Selbstläufer werden wird. Von den vier in der EU bedingt zuge­lassenen Impfstoffen soll zunächst nur Comirnaty®, der mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer, über die Apotheken in die Hausarztpraxen gelangen. Damit startet die dezentrale Impfung mit dem Impfstoff, der die höchsten Anforderungen an Lagerung, Transport und Handhabung stellt. Er wird aufgetaut vom Großhändler geliefert und muss ab dem Auftauzeitpunkt innerhalb von 120 Stunden verimpft werden. Auch die nicht gerade triviale Rekonstitution mit Kochsalzlösung erfolgt in der Arztpraxis. Dabei ist unbedingt zu beachten, dass der Impfstoff nur vorsichtig geschwenkt und keinesfalls geschüttelt werden darf, weil durch Schütteln die ausgesprochen labile mRNA zerstört wird. Fatalerweise lässt sich mit der Sichtprüfung nicht erkennen, ob die mRNA noch intakt ist.

Nach Rekonstitution dürfen einem Vial sechs Impfdosen entnommen werden, mit viel Geschick lassen sich sogar sieben Dosen herausholen. Dazu sind Feindosierspritzen mit einem ­Totvolumen unter 35 Mikrolitern notwendig, die hoffentlich immer in den Impfsets enthalten sind. Und: nach Verdünnung muss der Impfstoff innerhalb von sechs Stunden verimpft werden. Viele Fallstricke also, auf die die versorgenden Apotheken aufmerksam ­machen sollten.

Damit allerdings die Impfkampagne zum Gamechanger werden kann, benötigen wir endlich ausreichend Impfstoff. Dann aber wird die Einbeziehung der Hausarztpraxen nicht reichen. Fach- und Betriebsärzte müssen mit ins Boot und auch Impfungen in Apotheken dürfen kein Tabu sein.

1 Kommentar

Hlatbarkeit 6 Stunden

von Klaus Parzefall am 06.04.2021 um 10:49 Uhr

nach Verdünnung muss der Impfstoff innerhalb von sechs Stunden verimpft werden
dies gilt nur für aseptische Herstellung, bei allen anderen Herstellungen kann wg der mikrobiologischen Problematik nur 1 Stunde vergeben werden.
Siehe: Auslegungshilfe für die Überwachung der erlaubnisfreien Herstellung von sterilen Arzneimittlen, insbesondere Parfenteralia, druch Ärzte oder sonst zur Heilkunge befungte Personen gemäß §13 Abs. 2b Arzneimittelgesetz (AMG)

geben Sie mir bitte eine Mailadresse und ich sende Ihnen den vollständigen Text per PDF-Datei.
Mit freundlichen Grüßen K. Parzefall

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