Arzneimittel und Therapie

Auch bei Kindern wachsam sein

Orale Einnahme von Glucocorticoiden steigert kardiometabolische Risiken

Diabetes, Bluthochdruck sowie venöse Thromboembolien betreffen vorwiegend ältere Menschen. Neue Daten zeigen nun, dass orale Glucocorticoide dosisabhängig das Risiko dieser Ereignisse auch bei Kindern erhöhen.

Orale Glucocorticoide kommen häufig auch schon in früher Kindheit zur Anwendung. Neben den erwünschten antientzündlichen und immunsuppressiven Effekten weisen orale Glucocorticoid-Therapien bekanntermaßen Risiken für zwar gut charakterisierte, aber zum Teil noch unzulänglich verstandene Nebenwirkungen auf. Bekannt sind eine erhöhte Infektionsneigung, eine verzögerte Wundheilung, Wachstumsstörungen bei Kindern, eine Erhöhung des intraokularen Drucks bis hin zu Schlafstörungen und psychischen ­Alterationen. Zu den schwerwiegenden ­Nebenwirkungen gehören die Entwicklung eines Diabetes mellitus, einer ­Hypertonie sowie das Auftreten einer venösen Thromboembolie. Derlei schwerwiegende Komplikationen treten insgesamt selten bei Kindern auf, und bislang fehlten Daten, die den Zusammenhang zwischen Glucocorticoid-Einnahme und diesen kardiometabolischen Komplikationen bei Kindern klar darlegen. Amerikanische Forscher sind dem nun nachgegangen, indem sie eine Kohorte von über 930.000 Kindern im Alter von 1 bis 18 Jahren mit Diagnosen zu Autoimmunerkrankungen (entzündliche Darmerkrankung, juvenile idiopathische Arthritis, Psoriasis) oder einer nicht-autoimmunen Vergleichsdiagnose (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom, ADHS) retrospektiv analysierten [1]. Hierbei wurde innerhalb der Gruppen jeweils unterschieden, ob die Patienten Glucocorticoide erhielten oder nicht.

Aufgetretene Fälle / Millionen Personenjahre (95%-Konfidenzintervall)
Ereignis
ohne orale Gluco­corticoid-Therapie
mit oraler Gluco­corticoid-Therapie
venöse Thromboembolie
0,5 (0,4 bis 0,6)
15,6 (11,8 bis 20,1)
Hypertonie
6,7 (6,5 bis 7,0)
74,4 (65,7 bis 83,9)
Diabetes mellitus
5,3 (5,1 bis 5,5)
24,5 (19,7 bis 30,0)

Venöse Thromboembolien traten insgesamt am seltensten auf, während Hypertonien am häufigsten diagnostiziert wurden (s. Tabelle). Auch sah man mehr Diabetes-Erkrankungen bei den mit Glucocorticoiden therapierten Kindern als in der Vergleichsgruppe. Insgesamt traten die Komplikationen bei den Patienten mit autoimmunen Vorerkrankungen häufiger auf als bei Patienten mit ADHS. Des Weiteren wurde insgesamt eine starke Korrelation zwischen der Glucocorticoid-Dosis und dem Risiko des Eintretens von kardiometabolischen Komplikationen festgestellt. Für die Entwicklung eines Diabetes mellitus wurde bei einer hochdosierten Glucocorticoid-Therapie ein Risikoquotient (HR) von 5,93 ermittelt, für eine Hypertonie ein HR von 19,13 und für venöse Thromboembolien ein HR von 16,16. Das relative Risiko, einen Diabetes oder eine Hypertonie zu entwickeln und auch hinsichtlich des Auftretens einer venösen Thromboembolie ist infolge einer Glucocorticoid-Therapie also deutlich erhöht. Auch wenn kardiometabolische Ereignisse bei Kindern glücklicherweise nur selten auftreten, so sollte man den Autoren zufolge gerade bei hochdosierten Glucocorticoid-Einnahmen wachsam bleiben. |

Literatur

[1] Horton DB et al. Oral glucocorticoids and incident treatment of diabetes mellitus, hypertension and venous thromboembolism in children. Oxford University Press 2020

Apotheker Dr. Peter Meiser

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