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Management

Keine Angst vor hohen Preisen

Bei Preisdiskussionen in der Apotheke sollte der Nutzen im Vordergrund stehen

Preisdiskussionen finden in der Apotheke eher selten statt. Doch gerade bei hochpreisigen Kosmetika oder Nahrungsergänzungsmitteln dürfte der eine oder andere Kunde den Preis infrage stellen. Welche Besonderheiten sind zu beachten, wenn es im Dialog mit „betuchten“ Kunden um hochpreisige Produkte geht?

Eine elegant gekleidete Kundin betritt die Apotheke und steuert im Frei- und Sichtwahlbereich auf eine Kosmetiklinie zu, die nicht gerade billig ist. Sie hat Interesse an einer hochpreisigen Hautcreme. In dieser Situation haben so manche Apotheker, aber auch PTAs Probleme, in den aktiven Verkauf einzusteigen. Das hat mit ihrem Selbstverständnis zu tun – sie sehen sich als pharmazeutische Experten, weniger als „Verkäufer“. Wie also vorgehen?

Innere Blockaden überwinden

Wichtig ist, dass der Apotheker über seinen Schatten springt und die inneren Blockaden erkennt und bekämpft, die ihn daran hindern, mit der Kundin – bleiben wir bei dem genannten Beispiel – über Hautcremes im hochpreisigen Bereich zu sprechen. Er sollte sich darauf einlassen, nun als „Ver­käufer“ zu agieren, der den Preis seiner Produkte wertschätzt und bereit ist, ihn argumentativ zu verteidigen und zu begründen. Voraussetzung ist eine kunden­orientierte Einstellung, bei der sich der Apotheker von der Scheu verabschiedet, auch verkäuferisch tätig zu werden.

Kein Mensch kauft einen Preis.

Entscheidend in der „hochprei­sigen“ Preisdiskussion ist, sich mit dem Preis zu identifizieren. Der Apotheker sollte von der Preiswürdigkeit seines Hautcreme-Angebots auf jeden Fall überzeugt sein. Denn wer zu 100 Prozent hinter „seinem“ Preis steht, geht selbstbewusst(er) in das Kundengespräch.

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Den Nutzen als Ass aus dem Ärmel ziehen Qualität hat ihren Preis. Wird dies den Kunden in einer guten Beratung entsprechend vermittelt, unterstreicht dies, dass das rote „A“ eben für Qualität steht.

Entscheidend ist der ­persönliche Vorteil

Kein Mensch kauft einen Preis. Vielmehr gilt: Die Kundin kauft den Nutzen, den sie sich durch den Kauf der Hautcreme verspricht. Dabei ist nicht entscheidend, welchen Wert das Objekt der Begierde tatsächlich hat, sondern welchen persönlichen Nutzen und Vorteil die Kundin sieht, wenn sie es ersteht. Und eben dieser Zusammenhang ist der „Rettungsanker“ für den Apotheker: Er fokussiert sich in der Verhandlung voll und ganz auf die Nutzenaspekte.

Diese trägt er am besten gestaffelt vor, er sollte sein argumentatives Pulver nicht gleich zu Beginn verschießen. Vielmehr hebt er sich ein besonders starkes Argument für einen späteren Moment auf. Wenn die Kundin ihre Einwände nennt, hat er noch ein starkes Nutzenargument in der Hinterhand. Denn über eines muss er sich im Klaren sein: Auch wenn die Kundin es anscheinend nicht nötig hat – mit einiger Wahrscheinlichkeit wird sie das Preisthema trotzdem mit Standardpreiseinwänden wie „zu teuer“ bestreiten.

Wenn die Kundin weiß, welche Vorteile und welchen Nutzen sie einkauft, ist sie eher bereit, den Preis zu akzeptieren.

Gerade im hochpreisigen Bereich gilt: Wenn die Kundin weiß, welche Vorteile und welchen Nutzen sie einkauft, ist sie eher bereit, den Preis zu akzeptieren. Der Apotheker sollte sich darum darauf konzentrieren, aktiv zu­zuhören und durch gezieltes Fragen ver­suchen,

  • die Vorstellungs- und Gedankenwelt der Kundin auszuloten,
  • möglichst exakt herauszufinden, auf was sie besonderen Wert legt, und
  • festzustellen, welche Ansprüche sie hat, was ihr besonders wichtig ist und warum es ihr wichtig ist.

Gelingt es ihm, die Kaufmotive der Kundin zu erkennen, kann er seine Nutzenargumente kon­sequent darauf abstimmen und bestimmte Verhaltensweisen aktualisieren.

Verständnis zeigen

Wenn die Kundin mit „Das ist mir zu teuer!“ antwortet, sollte der Apotheker dies als willkommenen Einwand akzeptieren um herauszufinden, was die Kundin mit dem Argument beabsichtigt. Zudem federt er den Einwand „zu teuer“ ab – etwa durch eine verständnisvolle Antwort, mit der er zugleich die Beziehung zu der Kundin stärkt: „Das ist vollkommen verständlich. Die Creme kostet deshalb so viel, weil die Inhaltsstoffe so hochwertig sind, beispielsweise ABC. Daher wirkt sie auch besonders gut. Klar ist, dass ein solcher Nutzen seinen Preis hat. Ich kann Ihnen gerne näher erläutern, wie diese Hautcreme bei Ihnen wirkt …“

Mit der „Ja, aber“-Technik würde der Apotheker die Kundin vor den Kopf stoßen.

Vergleiche hinterfragen

Entscheidend beim Einwand „zu teuer“ ist das Wörtchen „zu“. Dahinter könnte sich verbergen, dass die Kundin den Preis vergleicht – der Apotheker weiß allerdings noch nicht, womit sie ihn vergleicht. Darum fragt er: „Im Vergleich wozu ist Ihnen der Preis zu hoch?“ Nennt die Kundin eine andere Creme, sollte der Apotheker den Unterschied begründen. Ist es eine Creme, die er selbst auch im Sortiment hat, kann er darauf hinweisen, dass diese ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis hat und gerne gekauft wird, aber aus den und den Gründen nicht an das ursprünglich ausgewählte Produkt heranreicht.

Dialog anstreben

Zentrales Ziel dabei ist, die Kundin durch geschickte Fragetechnik zum Reden zu bringen. Wenn sie auf die Fragen des Apothekers eingeht und antwortet, hat dieser die Möglichkeit, seine eigenen Nutzenargumente anzuschließen, zum Beispiel: „Sie erwarten, dass die Creme Ihnen ein frisches Aussehen garantiert? Das wurde für unser Produkt in mehreren Studien bestätigt.“

Der Preis relativiert sich durch Nutzennennungen.

Um den Dialog voranzutreiben, eignet sich die „Ja, und“-Technik. Mit der oft angewandten „Ja, aber“-Technik hingegen würde der Apotheker die Kundin nur vor den Kopf stoßen. Denn das „Ja, aber“ löst eine Gegenreaktion auf Kundenseite aus: „Erst stimmt er mir zu, und dann kommt doch das große Aber. Der meint wohl, er weiß alles besser als ich.“ Mit dem „Ja, aber“ setzt der Apotheker die Kundin mithin ins Unrecht. Besser ist es, die „Ja, und“-Technik anzuwenden:

  • „Ja, Sie haben recht, die Creme ist nicht gerade billig, und deshalb möchte ich nochmals betonen, dass …“
  • „Ja, die Hautcreme ist nicht billig, Frau Kundin – und dennoch entscheiden sich sehr viele Menschen für sie. Und das hat seine guten Gründe, nämlich …“

Preis in Doppelnutzen verpacken

Wenn es dem Apotheker schließlich gelungen ist, einen konstruktiven Dialog in Gang zu setzen, kann er die Technik des „Doppelnutzens“ anwenden – konkretes Beispiel: „Ein Vorteil der Hautcreme besteht darin, dass sie schnell wirkt. Sie kostet zwar x Euro, dafür reicht es aber, wenn Sie die Creme ganz dünn auftragen.“ Der Trick dabei: Er packt den Preiseinwand der Kundin zwischen zwei Nutzen, der Preis re­lativiert sich durch die Nutzen­nennungen. Mit dem notwendigen Selbstbewusstsein und der erforderlichen Überzeugungskraft vorgetragen, lassen sich so auch „hochpreisige“ Verhandlungen positiv gestalten. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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