Gesundheitspolitik

Wann kommt der Booster in der Apotheke?

Keine Entscheidung bei der Bund-Länder-Runde / Forderungen werden immer lauter

cha | Nie dagewesene Inzidenzen und Hospitalisierungsraten – Deutschland versinkt im Corona-Chaos. Der wesentliche Grund dafür ist die bei Weitem zu niedrige Impfrate. Die Impflücken sowohl bei den Erst- als auch bei den Boosterimpfungen zu schließen, wäre eine wichtige Maßnahme, um die Dynamik zu bremsen. Lange Schlangen vor den Impfzentren und Überlastung der Arztpraxen lassen die Rufe, endlich auch COVID-19-Impfungen in Apotheken zuzulassen, immer lauter werden. Besonders eindringlich erhob RKI-Chef Lothar Wieler diese Forderung vergangene Woche. In einer Brandrede schilderte er, wie katastrophal die Lage in Deutschland ist. Deshalb brauche man „jeden und jede, um jetzt zu impfen“. Ausdrücklich forderte Wieler, dass die Apotheker impfen sollen. Doch bislang passierte: nichts. Bundeskanzlerin Angela Merkel machte sich zwar bei der Bund-Länder-Konferenz vergangenen Donnerstag für Corona-Impfungen in der Apotheke stark, konnte sich aber nicht gegen die Ministerpräsidenten durchsetzen.

„Ich sag das jetzt mal ganz klar: Es muss jetzt Schluss sein, dass ­irgendwer irgendwelchen anderen Berufsgruppen aufgrund von irgendwelchen Umständen nicht ­gestattet zu impfen. Wir sind in einer Notlage, und in einer Notlage muss man bestimmte Dinge großzügig gestalten“, betonte Wieler in seiner Brandrede und unterstrich damit seine Forderung, dass u. a. auch Apotheker gegen COVID-19 impfen sollten. Schon im Vorfeld waren derartige Forderungen aus der Politik laut geworden. So hatten sich der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen und Karl Lauterbach von der SPD für eine Impfung in Apotheken ausgesprochen. Auch die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar legte sich mittlerweile fest: Vergangene Woche äußerte sie in einem Pressegespräch, dass sie sich das Boostern in der Apotheke sehr gut vorstellen könne, die Apotheker könnten sich aufgrund ihrer Erfahrungen mit den Grippeimpfungen sehr schnell darauf einstellen. Auch die beiden anderen Teilnehmerinnen, Manuela Rottmann von den Grünen und Christine Aschenberg-Dugnus von der FDP, signalisierten auf Nachfrage Zustimmung.
 

© Kai Felmy


Und in der Tat wären zumindest diejenigen Apotheker, die an Modellprojekten zur Grippeimpfung teilnehmen, sofort einsatzbereit – zumal die Impfstofflogistik ohnehin bei den Apotheken liegt. Dass eine große Bereitschaft zur Corona-Impfung besteht, bestätigte vergangene Woche auch der Apothekerverband Nordrhein, der eine Umfrage unter den 1000 impfenden Apothekern in mehr als 500 Apotheken durchgeführt hatte.

Doch woran hakt es, dass nichts vorangeht? Bemerkenswert ist, dass von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in Sachen impfende Apotheker nichts zu hören ist. Beim Deutschen Apothekertag in München hatte er einem Beschluss der Apothekerschaft, dass diese in die Auffrischimpfungen eingebunden werden wolle, eine klare Absage erteilt. Offenbar hat auch die aktuelle Notlage an dieser Haltung nichts geändert.

Anders sieht es bei der Bundeskanzlerin aus. Laut Presseberichten im „Spiegel“ und in „Bild“ setzte Angela Merkel sich am vergangenen Donnerstag beim Bund-Länder-Treffen dafür ein, dass auch Apotheker gegen COVID-19 impfen sollen. 27 Millionen Booster-Impfungen sollen nach dem Willen der Kanzlerin bis Weihnachten verabreicht werden, und da das Personal in den Impfzentren knapp ist und die niedergelassenen Ärzte überlastet sind, will Merkel auf die Apotheker zurückgreifen. Doch laut „Spiegel“ lehnten fast alle Länderchefs den Vorschlag ab: Dieser mache die Organisation komplizierter, es sei wichtig, alle Anstrengungen auf Hausärzte sowie Betriebsärzte zu legen. Zustimmung sei dagegen von Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, gekommen, so „Bild“.

Im Beschluss der Bund-Länder-Runde tauchen – anders als in einer vorläufigen Beschlussvorlage – die Apotheken nicht mehr auf. Eine Hintertür wurde aber offengehalten: „Darüber hinaus bitten die Länder die Bundesregierung zu prüfen, inwieweit der Kreis der zur Durchführung von Impfungen Berechtigten ausgeweitet werden kann“, heißt es. Wie diese Prüfung in Bezug auf die Apotheker ausfällt, bleibt abzuwarten. |

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