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Bleiben Sie gesund!
Wie Apotheker sich für den Fall der Berufsunfähigkeit absichern können
Grundsätzlich haben Apotheker, die Mitglied eines Versorgungswerkes sind, neben Alters- und Hinterbliebenenrente auch Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit. Die Höhe dieser Rente ist nicht immer einfach zu ermitteln. Auf die Bitte nach einer Beispielrechnung reagierten diverse Versorgungswerke, als wolle man ihnen das streng geheime Rezept von Coca-Cola abluchsen. Offenbar kann nur eine individuelle Anfrage Erhellung bringen. Manche Versorgungswerke, beispielsweise die Bayerische Apothekerversorgung, versenden jährliche Standmitteilungen, in denen neben den Anwartschaften auf eine Altersrente auch der Anwartschaftsbetrag im Falle einer Berufsunfähigkeit genannt wird. In einer Mitteilung der Apothekerversorgung Niedersachsen haben wir diese Zahl nicht gefunden. Gegebenenfalls sollten Sie hartnäckig schriftlich nachfragen, um tatsächlich einen belastbaren Betrag genannt zu bekommen. Erfahrungsgemäß betragen die Berufsunfähigkeitsrenten für Apotheker, die bereits längere Zeit den Höchstbeitrag zahlen, zwischen 3000 und 4000 Euro monatlich.
Vereinfacht kann dargestellt werden, dass nur bei vollständiger Berufsunfähigkeit ein satzungsgemäßer Anspruch auf Rente vom Versorgungswerk besteht.
Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit sind grundsätzlich medizinische Gründe, keinerlei Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit sowie kein Bezug von Arbeitsentgelt, Verletztengeld oder Krankengeld. Die berufliche Tätigkeit gilt nicht als eingestellt, solange die Apotheke des Mitgliedes unter seiner Verantwortung geführt wird. Die beruflichen Fähigkeiten müssen auf Dauer entfallen sein.
Für Angestellte konkretisiert zum Beispiel die Apothekerversorgung Niedersachsen in ihrer Satzung: „Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 90 Tage an, gilt dies als dauernd.“ Mindestens Niedersachsen, Hamburg und Sachsen-Anhalt ergänzen als generelle Anspruchsvoraussetzung: „Sie können keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben, bei der das Fachwissen des Heilberufes angewendet oder mitverwendet wird oder werden kann.“
Vereinfacht kann also dargestellt werden, dass nur bei vollständiger Berufsunfähigkeit ein satzungsgemäßer Anspruch auf Rente vom Versorgungswerk besteht. Es ist so simpel, wie es klingt.
Private Versicherer zahlen bei 50 Prozent
Nicht als Konkurrenz dazu, sondern ergänzend bietet auch die private Versicherungswirtschaft die Möglichkeit, eine Rente im Falle der Berufsunfähigkeit zu versichern. Dabei können Sie eine beliebige Rentenhöhe bestimmen, sofern diese ein angemessenes Verhältnis zu Ihrem aktuellen Einkommen nicht übersteigt.
Berufsgruppeneinteilungen sind üblich, sodass sich die Beitragskalkulation ebenfalls am Risiko bemisst und nicht etwa Berufe mit deutlich höheren Risiken, wie zum Beispiel Dachdecker oder Lehrer, einbezieht.
Der bedeutendste Unterschied zur Rente vom Versorgungswerk besteht darin, dass der Anspruch auf die Rente dann entsteht, wenn der Beruf, so wie er zum Schluss in gesunden Tagen ausgeübt wurde, auf Dauer – je nach Vertrag – nur noch zu 50 Prozent oder weniger ausgeübt werden kann. „Auf Dauer“ wird häufig konkretisiert mit „voraussichtlich mindestens sechs Monate“. Folgerichtig gilt in diesen Fällen die Fortdauer dieses Zustandes über sechs Monate hinaus als Berufsunfähigkeit.
Festzustellen ist, dass es für Apotheker sinnvoll ist, ergänzend zu einer Rente im Falle der vollständigen Berufsunfähigkeit auch eine Rente zu versichern, die bereits bei einer teilweisen Berufsunfähigkeit bezogen werden kann.
Große Unterschiede bei Versicherungsbedingungen
Die Bedingungen der Versicherer sind noch weniger als die Satzungen der Versorgungswerke genormt. Vielmehr sind sehr unterschiedliche Formulierungen anzutreffen. Versichert ist, was im Vertrag steht. Daraus ergeben sich auch die Unterschiede zur Erwerbsunfähigkeitsversicherung oder zu anderen Versicherungsformen für den Fall des dauernden Einkommensausfalls, wie zum Beispiel der Schwere-Krankheiten- oder der Grundfähigkeitsversicherung.
Festzustellen ist aber, dass es für Apotheker sinnvoll ist, ergänzend zu einer Rente im Falle der vollständigen Berufsunfähigkeit auch eine Rente zu versichern, die bereits bei einer teilweisen Berufsunfähigkeit bezogen werden kann.
Muss der Apotheker tatsächlich eine Berufsunfähigkeitsrente beantragen, so muss er darlegen, welche Tätigkeiten er zu welchem Anteil zuletzt in gesunden Tagen ausgeübt hat und mit welcher Reduktion er nun in den einzelnen Tätigkeitsbereichen zurechtkommen muss. Im Interesse des Apothekers sind Tätigkeiten wie „Rezeptabzeichnen“ geringer zu bewerten, da das „Rezeptabzeichnen“ überhaupt nur dann zur Aufgabe wird, wenn der Apotheker in der Lage ist, die grundlegenden Tätigkeiten auszuüben.
Da diese Berechnung keine exakte Wertung zulässt, ergibt sich hieraus der häufige Streitpunkt, ob eine versicherte Berufsunfähigkeit von mindestens 50 Prozent vorliegt oder eben nicht.
Tarife mit zusätzlichen Leistungsauslösern
Um diese Streitbarkeit einzudämmen, finden sich am Markt Tarife mit zusätzlichen Leistungsauslösern. Bei diesen wird die Rente zum Beispiel für einen begrenzten Zeitraum schon bei ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit, beim Erreichen eines bestimmten Pflegegrades oder bei einer definierten schweren Erkrankung gezahlt.
Weitere Erleichterungen in Tarifen sind unter anderem der Verzicht auf die Verweisung auf einen anderen Beruf, der der Ausbildung, Erfahrung und Lebensstellung des Apothekers entspricht. Entgegen einer weitverbreiteten Meinung ist es grundsätzlich nicht möglich, den versicherten Apotheker auf einen Beruf zu verweisen, der nicht seiner Ausbildung, Erfahrung und Lebensstellung entspricht. Andernfalls handelt es sich lediglich um eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung.
Bezüglich der Lebensstellung lässt die ständige Rechtsprechung bis zu 20 Prozent Einkommensverlust zu.
Ebenfalls hilfreich ist es, wenn der Versicherer vertraglich zusichert, im Falle eines Streits die Beitragszahlung zu stunden.
Trotz der Schwierigkeit, die geforderten 50 Prozent zu ermitteln, leisten die deutschen Versicherer für rund 70 Prozent der gestellten Rentenanträge. (Quelle: „Hier haben Versicherte die besten Chancen auf ihr Geld“ in „Der Spiegel“ vom 14.08.2015)
Dabei sind häufige Ablehnungsgründe, dass die Antragstellung vom Versicherungsnehmer nicht weiter verfolgt wird, was oft bei psychischen Beschwerdebildern wegen Überforderung der Fall ist, und dass die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt wurde.
Risikofragen gewissenhaft beantworten
Es lässt sich nicht oft genug betonen, dass die Risikofragen im Antrag gewissenhaft beantwortet werden müssen. Eine Wertung darüber, welche Beschwerden, Behandlungen oder Erkrankungen wesentlich sind, steht ausschließlich der Versicherungsgesellschaft zu, die das finanzielle Risiko dafür übernehmen soll. Anders als im Versorgungswerk, das aufgrund seines Pflichtcharakters darauf verzichten kann, bekommt man eine private Berufsunfähigkeitsversicherung nur dann, wenn zuvor eine Gesundheitsprüfung durchlaufen wurde. Für Rentenhöhen bis ca. 2500 Euro monatlich reicht es aus, einen Fragenkatalog zu beantworten, der sich üblicherweise auf die vergangenen drei bis zehn Jahre bezieht. Die Antworten sind für den Versicherer überprüfbar, da Sie gleichzeitig Ihre Ärzte von der Schweigepflicht entbinden. Die Überprüfung findet bei plausiblen Angaben nicht unmittelbar statt, sondern erst dann, wenn Sie eine Rentenleistung beantragen. Bei höheren Renten ist zudem eine ärztliche Untersuchung, unter anderem mit großem Blutbild und Belastungs-EKG notwendig.
Keine Versicherung nach Psychotherapie
Psychische Beschwerdebilder stellen das am häufigsten diskutierte Problem dar, wenn ein privater Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag beantragt wird. Gerade die psychischen Beschwerdebilder sind für einen Versicherer schwer zu fassen und kaum abgrenzbar. Muss im abgefragten Zeitraum eine Psychotherapie angegeben werden, wird ein Antrag grundsätzlich abgelehnt. Mit sehr viel Wohlwollen kommt es vor, dass ein Versicherer sich auf eine weitergehende Prüfung einlässt, sofern es sich um eine akute Ursache, wie zum Beispiel um den Verlust eines nahestehenden Menschen gehandelt hat und die Therapie seit einem aussagefähigen Zeitraum erfolgreich abgeschlossen wurde. Umgekehrt wird die schwierige Greifbarkeit von psychischen Symptomen von Menschen auch genutzt, um Krankschreibungen zu erlangen oder auch um Coachings oder Kuren „von der Kasse“ bezahlt zu bekommen. Die Risikoprüfung der privaten Versicherer ist vielleicht ein Grund mehr, den Pfad der Tugend auch an dieser Stelle nicht zu verlassen.
Weitere Krankheiten, Gesundheitsstörungen oder Beschwerden spielen dann eine Rolle, wenn sie eine höhere statistische Wahrscheinlichkeit mit sich bringen, erneut aufzutreten oder Folgeerkrankungen zu provozieren. Ob diese dann mit einem Mehrbeitrag versichert oder vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden, hängt vor allem davon ab, wie gut sie sich abgrenzen lassen.
Häufig kommt es darüber hinaus vor, dass ein Versicherer den Antrag vollständig ablehnt, weil er keinerlei Versicherungsschutz gewähren möchte. Das ist entweder bei vielen Gesundheitsstörungen, bei ungeklärten Beschwerden oder bei schwer abgrenzbaren Erkrankungen der Fall.
Die Risikoprüfung erfolgt in fast jedem Fall maschinell. Es ist kaum noch möglich, in Absprache mit dem Sachbearbeiter, der häufig eine MFA-Ausbildung absolviert hat, ein von der Software abweichendes Votum zu erreichen. Es besteht jedoch die Chance, dass Versicherer A eine Vorerkrankung anders bewertet als Versicherer B.
Absicherung bei längerer Krankheit
Eine privat versicherte Berufsunfähigkeitsrente wird dann gezahlt, wenn der Apotheker voraussichtlich dauernd oder voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen nicht in der Lage ist, seinen Beruf zu mindestens 50 Prozent auszuüben. Für eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum bis dahin hilft ein ausreichendes Krankentagegeld (PKV) beziehungsweise Krankengeld (GKV). Angestellte Apotheker bekommen mindestens sechs Wochen Gehaltsfortzahlung und benötigen das Kranken(tage)geld erst nach der sechsten Woche.
Mit einer Berufsunfähigkeits- und einer Krankentagegeldversicherung lässt sich maximal das eigene Einkommen absichern. Fortlaufende betrieblich verursachte Kosten sind darüber nicht versicherbar. Dafür gibt es sogenannte Ersatzapotheker- oder Betriebsausfallversicherungen. Sie greifen bei Krankheit, Unfall oder Quarantäne (des versicherten Apothekers) und werden nur von wenigen Versicherern angeboten.
Wegen der sehr hohen Kosten ist der Pflegefall ein sehr exponiertes Risiko. Die Leistungen der Pflegepflichtversicherungen decken nur einen Teil der anfallenden Kosten. Eine Pflegeergänzungsversicherung ist angezeigt, zumal die Berufsunfähigkeitsversicherung mit dem Eintritt in die Altersrente endet.
Die Berufsunfähigkeitsrente wird nur so lange gezahlt, wie es im Vertrag vereinbart wurde (private Berufsunfähigkeitsversicherung) oder bis die Altersgrenze erreicht ist (Versorgungswerk).
Daher muss eine Berufsunfähigkeitsrente auch hoch genug sein, um daraus in die Altersversorgung investieren zu können.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sehr hilfreich ist, beim jeweiligen Versorgungswerk einen Rentenanspruch zu haben, der losgelöst von einer Risikoprüfung und mit einer mehr als nur das Existenzminimum sichernden Rentenhöhe erworben wird. Es schafft für den Apotheker jedoch einen zusätzlichen Spielraum, sich bei einem privaten Versicherungsunternehmen ergänzend mit einer angemessenen Rentenhöhe bereits für den Fall einer teilweisen Berufsunfähigkeit zu versichern, sofern und solange die gesundheitliche Situation eine Aufnahme zulässt. |
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