Management

Wie uns die Maske nicht mehr trennt

Probleme bei der nonverbalen Kommunikation in Zeiten der Pandemie erkennen und lösen

Kommunikation ist das A und O in der Apotheke. Bedingt durch die Corona-Pandemie mussten wir uns an das Maskentragen gewöhnen. Obwohl inzwischen zum Alltagsutensil geworden, behindert die Maske die Kommunikation. Warum ist das so? Und welche Tipps erleichtern die Kommunikation mit Maske? Von Inken Rutz

Kommunikation bestimmt unser Leben. In der Apotheke stellen der Austausch innerhalb des Teams und das Gespräch mit den Kunden einen wesentlichen Teil der Arbeit dar. Ohne geht es nicht. Die Corona-Pandemie hat uns jedoch gelehrt: Ohne Maske geht es zurzeit ebenfalls nicht. Zu infektiös ist SARS-CoV-2, zu leicht wird COVID-19 übertragen. Die neuen Mutanten sind zudem noch ansteckender als das Ursprungsvirus. Umso wichtiger ist inzwischen das Tragen einer OP- oder einer FFP2-Maske.

Diese Masken schützen unsere Gesundheit. Sie behindern uns aber auch. Nicht nur das Atmen, auch das Sprechen und Verstehen ist erschwert. Deshalb haben wir häufig den Eindruck, uns gegenseitig schlechter zu verstehen. Was bedeutet das letztlich für die Arbeit in der Apotheke? Mit welchen Tricks können wir unsere (gestörte) Kommunikation „demaskieren“?

Arten der Kommunikation

Es gibt viele verschiedene Arten der Kommunikation. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der persönlichen beziehungsweise Face-to-face-Kommunikation. Sie ist unser täglicher Begleiter. In der Apotheke kommunizieren wir den ganzen Tag. Das ist soweit banal. Nicht so banal ist aber die Frage, ob unsere Botschaften auch verstanden werden. Die Frage nach den Wirkungen, die wir beim Gegenüber erzeugen, ist bedeutsam.

Kommunizieren ist ganz allgemein gesprochen der Austausch von Informationen. Das kann schriftlich, aber auch mündlich geschehen. Es gibt drei Ebenen, auf denen Kommunikation stattfindet – die verbale, die para­verbale und die nonverbale Kommunikation.

Wesentlich für das Verständnis des Inhaltes sind die eingesetzte Mimik und Gestik sowie der situations- und inhaltsangemessene Einsatz der Stimme.

Diese Ebenen sollten möglichst kongruent sein. Das heißt, die verbale Kommunikation, das WAS gesagt wird, wird von der non­verbalen Kommunikation, also Mimik, Gestik, Körperhaltung, und der paraverbalen Kommunikation, dem WIE etwas gesagt wird, unterstrichen. Dieses WIE beinhaltet den Klang der Stimme, die Artikulation, die Sprachme­lodie und Betonung, aber auch Pausensetzung, Lautstärke und Sprechtempo. Wir Menschen kommunizieren also nicht nur auf der Inhaltsebene, sondern auch auf der Beziehungsebene, zu der die paraverbale und nonverbale Kommunikation zählen.

Interessant ist, dass im Allge­meinen die Wirkung des Inhaltes überschätzt wird. Wesentlich für das Verständnis des Inhaltes sind die eingesetzte Mimik und Gestik sowie der situations- und inhaltsangemessene Einsatz der Stimme.

Kommunikation sollte stimmig sein, damit der „Sprecher“ vom Gegenüber als überzeugend und authentisch wahrgenommen wird.

Foto: Farknot Architect – stock.adobe.com

Kommunikation nicht nur mit Worten Wir kommunzieren mit dem ganzen Körper, aber die Gesichtsmimik ist immens wichtig.

„Man kann nicht nicht kommunizieren“

Kommunikation findet statt, sobald Menschen aufeinander­treffen, sich wahrnehmen und Informationen austauschen. Auch eine scheinbare „Nicht-Reaktion“ wie ein Schweigen ist letztlich Kommunikation.

„Man kann nicht nicht kommuni­zieren, denn jede Kommunikation (nicht nur mit Worten) ist Verhalten und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nicht nicht kommunizieren.“Diese Grundregel menschlicher Kommunikation wurde vom Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick formuliert.

Verschiedenste kommunikationswissenschaftliche Modelle beschreiben die komplexen Vorgänge menschlicher Verständigung. Diese Komplexität wird von einer großen Störanfälligkeit und häufigen Missverständnissen begleitet. In einem Gespräch senden und empfangen Menschen gleichzeitig. Der Sender überträgt seine Absicht in Worte. Der Empfänger muss diesen Inhalt dechiffrieren. Er interpretiert dabei die Informa­tionen, die er erhalten hat. Der Sender erkennt an der Reaktion des Empfängers, ob seine Absicht richtig angekommen ist. Die nonverbale Kommunikation wie Mimik, Gestik, Körperhaltung und das WIE – die paraverbale Information des Senders wie Sprachmelodie und Betonung – sind maßgeblich daran beteiligt, ob das gesprochene Wort (das WAS) richtig interpretiert werden kann.

Es bleibt festzuhalten: Kommunikation ist mehr als Inhalt. Sie findet ganz im Sinne Watzlawicks quasi immer statt, jedoch kann sie sich durchaus missverständlich und störanfällig gestalten. Zu Corona-Zeiten kommt hinzu, dass die Masken Kommunikation noch störanfälliger machen – jedoch keinesfalls unmöglich.

Pandemie verändert Kommunikation

Die Corona-Pandemie verändert vieles – unter anderem auch unsere Kommunikation. Aus Infektionsschutzgründen sollen wir von­einander Abstand halten, Hygienemaßnahmen ergreifen, Masken tragen und so weiter. Die Gewöhnung daran ist gar nicht so einfach. Es fehlen der direkte Kontakt und die ungezwungene Kommunikation. Die neuen Regeln führen zu Einschränkungen bei unserem Verhalten und Erleben. Das wirkt sich auch auf unser Kommunika­tionsverhalten aus. Die räumliche Distanz kann einerseits – je nach Situation – sogar zur erleichterten Wahrnehmung von Signalen des Gesprächspartners wie Kleidung, Statussymbole, aber auch Gesten führen, da wir durch den Abstand die Personen vermehrt ganz betrachten können. Andererseits wurden tradierte Regeln ver­schoben. Die jeweilige Gesprächssituation und das Verhältnis der Gesprächsteilnehmer zueinander bestimmen normalerweise den räumlichen Abstand. Wer sich gut kennt, drückt sein Vertrauen üblicherweise durch einen geringeren Abstand aus. Zurzeit „diktiert“ aber das Pandemiegeschehen, wie wir uns zu verhalten haben – eine zuweilen als befremdlich empfundene Kommunikationssituation.

Neben den Masken, die die Kommunikation auf verschiedenen Ebenen erschweren, kann auch noch ein weiteres Hilfsmittel zu Kommunikationsproblemen führen: Ob im Supermarkt, in der Behörde oder in der Apotheke, Klarsichttrennscheiben als Spuckschutz haben sich überall rasch etabliert. Sie gehörten mit zu den ersten Hygienemaßnahmen in der Pandemie. Diese Trennscheiben haben allerdings nicht nur die Wirkung eines Spuckschutzes, sie halten auch den Schall während eines Kundengespräches bis zu einem gewissen Grad zurück. Werden zusätzlich Masken getragen, ist die Verständigung umso anspruchsvoller und anstrengender.

Hat mein Gegenüber gerade gelächelt? Werde ich verstanden? Wie reagiert der andere? Alles Fragen, deren Antworten durch fehlende Mimik ­erschwert werden.

Fehlende Mimik

Kommunikation ist eine störungsanfällige und schnell auch missverständliche Angelegenheit. Das war sie schon immer. Erst recht treten diese Probleme auf, wenn wichtige Informationen durch das Tragen einer Maske fehlen und auf diese Weise das Verständnis gestört ist. So ist durch die Be­deckung eines großen Teiles des Gesichtes die Mimik schlechter zu erkennen. Im Gespräch mit anderen Menschen sind eine Rückmeldung und ein Vergewissern jedoch essenziell. Hat mein Gegenüber gerade gelächelt? Werde ich verstanden? Wie reagiert der andere? Alles Fragen, deren Antworten durch fehlende Mimik erschwert werden. Die Maske beeinträchtigt die Interpretation von Emotionen. Sie werden entweder gar nicht erkannt oder falsch verstanden. Und da der reine Inhalt nur einen untergeordneten Anteil an einer gelungenen Kommunikation einnimmt, stellt verdeckte Mimik ein Verständnisproblem dar.

Wie gestört das Lesen und Interpretieren von Emotionen sein kann, wenn ein Mund-Nasen-Schutz das halbe Gesicht verdeckt, hat der Psychologe Prof. Dr. Claus-Christian Carbon von der Universität Bamberg in einer experimentellen Studie mit 41 Teilnehmern getestet. Die Probanden bewerteten nach einem Zufallsprinzip ausgesuchte Gesichter mit den Emotionen wütend, angewidert, ängstlich, glücklich, neutral oder traurig. Ein Teil der Gesichter war mit einer Maske bedeckt. Das Experiment ergab, dass die Probanden bei den Maskengesichtern einige Emotionen wie Glück, Trauer oder Wut als neutral bewerteten. Und andere wie einen angewiderten Gesichtsausdruck für einen wütenden hielten. In­teressanterweise kam es bei den Probanden nicht nur zu Fehlinterpretationen, die Fehl­einschätzungen waren zudem charakteristisch – das heißt, ein trauriger Gesichtseindruck wurde beispielsweise durchgehend als neutral bewertet. Zugleich trauten die Versuchsteilnehmer ihren eigenen Einschätzungen weniger. Eine Verunsicherung war deutlich feststellbar.

Probleme bei Hörschäden

Besonders problematisch ist die Situation für gehörlose Menschen oder solche mit Gehörschäden. Sie sind vielfach darauf angewiesen, das Gesprochene von den Lippen abzulesen oder benötigen das Mundbild als Ergänzung zum Gehörten. Die Masken verhindern aber genau das. Der verdeckte Mund macht Lippenlesen unmöglich. Auch Menschen, die „nur“ unter Schwerhörigkeit leiden, sind im Verständnis des Gesagten durch die nicht sichtbare Mundpartie behindert. Zusätzlich stört die verschlechterte Schallakustik. Die Betroffenen fühlen sich isoliert und die Kommunikation kann nachhaltig gestört sein. Gehörlosenverbände äußern sich immer wieder besorgt zu der Thematik und beschreiben die große Belastung der Betroffenen bezüglich der durch die Masken gestörten Kommunikation.

Ist eine solche Beeinträchtigung eines Kunden in der Apotheke bekannt und ist sie entsprechend gravierend, könnte eine Abhilfe in der Verwendung von Spezialmasken mit Sichtfenstern beste­hen. Diese sind in ihrer Anwendung jedoch nicht unumstritten, da sie z. B. teilweise durch die Atemluft beschlagen. Der Deutsche Gehörlosen-Bund e. V. hat zu der Problematik in einer Pressemitteilung vom April 2020 erläutert: „Die Mund-Nase-Masken mit Sichtschutz oder aus komplett durchsichtigem Material werden (…) vom Deutschen Gehörlosen-Bund nur unter Vorbehalt empfohlen.“ Er bekräftigt zudem: „Bestehen bleibt die Tatsache, dass die Kommunikation für gehörlose und hörbehinderte Menschen mit Gesprächspartnern, die einen durchsichtigen oder undurchsichtigen Mund-Nase-Schutz tragen, stark erschwert ist.“

Foto: v_sot – stock.adobe.com

Tipps für das Sprechen mit Maske

Die Maske wird uns noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Sie stellt ohne Frage einen bedeutenden Bestandteil des Infektionsschutzes dar. Umso wichtiger erweisen sich praktische Tipps für eine gute Verständigung trotz Maske.

1. Ersetzen Sie fehlende Mimik durch den Einsatz von Worten. Machen Sie sich bewusst, dass das Gesagte durch die fehlende Mimik schlechter interpretiert werden kann. Sprechen Sie aus, was die Mimik sonst verdeutlicht hätte. Sagen Sie also einfach mal wieder: „Ich freue mich!“

2. Achten Sie auf die Augen. Ein echtes Lächeln lässt sich auch an den Augen ablesen. Emotionen werden grundsätzlich auch über die Augen gespiegelt. Wenn Sie lächeln, lächeln Sie stärker als sonst, um sicherzugehen, dass dieses Lächeln auch in den Augen sichtbar ist.

3. Ganz wichtig: Fragen Sie nach, wenn Sie sich unsicher sind, wie Ihr Gesprächspartner etwas gemeint hat oder auch ob Sie selbst richtig verstanden wurden.

4. Nehmen Sie die Körpersprache des anderen wahr. Unbewusst senden und empfangen wir über die Körpersprache unzählige ­Signale.

5. Sprechen Sie etwas lauter, da Schall geschluckt wird. Allerdings macht Lautstärke allein das Gesagte nicht verständlicher.

6. Sprechen Sie stattdessen eher etwas langsamer und deutlicher.

7. Machen Sie sich den Einsatz von Tonfall und Stimme bewusst.

8. Sprechen Sie bevorzugt in kürzeren Sätzen.

Mit etwas Einfühlungsvermögen für die besonderen Anforderungen einer „Maskenkommunikation“ lassen sich die Botschaften, die wir senden wollen, leichter „demas­kieren“ – zur Vermeidung von Missverständnissen und für ein besseres Miteinander. |

Inken Rutz, Apothekerin und freie Journalistin

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