Wirtschaft

Keine Umsatzsteuer auf zwei Apothekerleistungen

Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu Grippeimpfungen und Sichtbezug

tmb | Bei zwei Dienstleistungen durch Apotheken wird gemäß einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums an die obersten Finanzbehörden der Länder keine Umsatzsteuer mehr fällig – den Modellvorhaben für Grippeschutzimpfungen und dem Sichtbezug von Substitutionsarzneimitteln in der Apotheke.

Die Leistungen von Ärzten und manchen anderen Heilberuflern sind von der Umsatzsteuer befreit. Apotheken sind dagegen vollkaufmännische Unternehmen, die mit Waren handeln. Daher unterliegen ihre Umsätze der Umsatzsteuer. Doch Apotheken erbringen daneben vermehrt Dienstleistungen und werden dafür in einzelnen Bereichen auch honoriert. Dies wirft die Frage auf, wie solche Dienstleistungen umsatzsteuerlich zu behandeln sind: als umsatzsteuerpflichtige Leistung eines kaufmännischen Unternehmens oder als umsatzsteuerfreie Leistung eines Heilberuflers?

Bisher gab es keine rechtliche Grundlage für eine Befreiung solcher Dienstleistungen von der Umsatzsteuer. Doch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 12. März an die obersten Finanzbehörden der Länder ändert dies nun für zwei spezielle Fälle. In dem Schreiben, das der AZ vorliegt, heißt es, dass im Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010 (Bundessteuerblatt I Seite 846) in Abschnitt 4.14.4 Absatz 11 ein neuer Punkt angefügt wird. In dieser Liste werden die Erbringer umsatzsteuerfreier heilberuflicher Tätigkeiten aufgezählt. Dazu soll künftig der folgende neue Punkt 14 gehören: „Apothekerinnen und Apotheker, die im Rahmen des Modellvorhabens nach § 132j SGB V Grippeschutzimpfungen durch­führen, oder die nach § 5 Abs. 10 Satz 2 Nr. 2 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung Substitu­tionsmittel dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen.“

Keine Beanstandung für Umsätze vor dem 1. April

Diese Grundsätze seien für alle offenen Fälle anzuwenden. Damit sind offenbar Fälle gemeint, bei denen die umsatzsteuerliche Behandlung dieser Tätigkeiten zwischen den Apotheken und den Finanzbehörden derzeit umstritten ist – also Fälle aus der Vergangenheit. Im Schreiben heißt es weiter, für Umsätze, die vor dem 1. April ausgeführt werden, werde es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen umsatz­steuerpflichtig behandle.

Damit werden Apotheken also auf das Honorar für Grippeimpfungen künftig keine Umsatzsteuer mehr erheben. Für die Apotheker kommt die Neuerung recht spät. Denn das „krumme“ Honorar von 12,61 Euro gemäß den Vereinbarungen zu den bereits vereinbarten Modellprojekten ist wohl von der Idee geprägt, dass die Krankenkassen bereit sind, 15 Euro brutto zu zahlen. Das ergibt bisher 12,61 Euro plus Umsatzsteuer. Diese 12,61 Euro wurden vertraglich festgeschrieben. Nun muss sich zeigen, ob die Verträge an die veränderte umsatzsteuerliche Situation an­gepasst werden können. Außerdem bleibt aus Apothekersicht zu hoffen, dass bei künftigen Modell­projekten die bisherige Brutto­zahlung als Orientierungsgröße verwendet wird.

Beim Sichtbezug bleiben offene Fragen

Auch der zweite Fall im Schreiben des Bundesfinanzministeriums wirft einige Fragen auf. Es geht um das Honorar, das Apotheker im Rahmen der Substitutionstherapie beim Sichtbezug in der Apotheke erhalten. Doch welches Honorar ist das? In Baden-Württemberg besteht ein regionaler Versorgungsvertrag mit den Primär- und Ersatzkassen, die die Apotheker für diese Leistung honorieren. Bei diesem Honorar wird bisher Umsatzsteuer fällig, künftig jedoch nicht mehr. Anderswo wird gestritten, ob die Ärzte im Rahmen des verpflichtenden Vertrags über die Delegation der ärztlichen Leistungen für eine Honorierung zuständig wären. Möglicherweise bringt die Entscheidung des Bundesfinanzministeriums nun erneut Bewegung in die festgefahrene Frage, wie die Apotheker für ihre Leistung beim Sichtbezug überhaupt honoriert werden. Die Betäubungsmittelgebühr gemäß § 7 Arzneimittelpreisverordnung dürfte das Bundesfinanzministerium wohl kaum im Blick gehabt haben, denn auf diese Regelung wird nicht verwiesen und sie bezieht sich zudem auch auf viele andere Fälle.

Bewegung bei der Umsatzsteuer für Dienstleistungen

Trotz mancher offener Detailfragen kann das Schreiben des Bundes­finanzministeriums als ein wich­tiger Schritt betrachtet werden. Denn die Honorierung von Dienstleistungen treibt die Apotheker schon lange um, und nun ist Bewegung in das Thema gekommen. In ihren Stellungnahmen auf Entwürfe zum Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz hatte die ABDA mehrfach gefordert, die neuen honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen von der Umsatzsteuer freizustellen. Doch im Gesetz gibt es dazu keine Regelung. Hier ist dringend Klarheit für die laufenden Verhandlungen nötig. Denn obwohl die neue Honorierung erst zum 15. Dezember 2021 in Kraft tritt, werden die Abläufe wohl derzeit ausgehandelt.

Bislang keine Aussage zu Corona-Tests

Noch mehr drängt die Frage nach der umsatzsteuerlichen Behandlung von Dienstleistungen in Apotheken bei Corona-Tests. Nach den jüngsten Informationen aus dem Bundesgesundheitsministerium ist das vorgesehene Dienstleistungshonorar von 12 Euro als Bruttobetrag zu verstehen. Vor dem Hintergrund des jüngsten Schreibens aus dem Bundes­finanzministerium stellt sich die Frage, warum verschiedene Dienstleistungen in Apotheken umsatzsteuerlich unterschiedlich behandelt werden. Hier besteht offenbar Handlungsbedarf. Doch für den Moment bleibt festzu­halten, dass das Schreiben des Bundes­finanzministeriums sich ausdrücklich nur auf Grippeschutzimpfungen und den Sicht­bezug bei der Substitutionstherapie bezieht. Die diesbezüglichen Honorare unterliegen nun nicht mehr der Umsatzsteuer. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.