Arzneimittel und Therapie

Semaglutid nun auch in Deutschland

Neuer GLP-1-Rezeptoragonist reduziert kardiovaskuläres Risiko

Der langwirksame humane GLP‑1-Rezeptoragonist Semaglutid (Ozempic®) erweitert seit Mitte Janu­ar 2020 die Palette der Anti­diabetika für die Therapie des Typ 2 Diabetes mellitus. Nach Anerkennung des Zusatznutzens durch den G-BA bringt Novo Nordisk das Injektions-Arzneimittel knapp zwei Jahre nach der europäischen Zulassung auch in Deutschland auf den Markt.

Eine verbesserte Blutzuckerkontrolle, Gewichtsabnahme und die Senkung kardiovaskulärer Risikofaktoren sind die zentralen Behandlungsziele bei Diabe­tes mellitus Typ 2. Das Peptidhormon Semaglutid, das einmal wöchentlich appliziert wird, adressiert alle drei Parameter. Dies belegen die Studienergebnisse des klinischen Entwicklungsprogramms SUSTAIN, in dem das Analogon des Glucagon-like Peptide 1 (GLP-1) in verschiedenen Therapiesituationen untersucht wurde. Dabei zeigte sich eine konsistent stärkere HbA1c-Senkung bei Patienten mit Typ-2-Diabetes gegenüber allen untersuchten Vergleichssubstanzen (Placebo-Monotherapie, Sitagliptin, Depot-Exenatid, Insulin glargin, Placebo zusätzlich zu Basalinsulin). Ebenso wurde in den Studien unter Semaglutid gegenüber den Vergleichssubstanzen eine signi­fikant stärkere Gewichtsabnahme erzielt. Auch innerhalb der Substanzklasse der GLP‑1-Rezeptoragonisten schnitt Semaglutid gut ab: In einer direkten Vergleichsstudie erreichten signifikant mehr Patienten unter Semaglutid 1 mg einen HbA1c-Wert < 7% als unter Dulaglutid 1,5 mg (79% vs. 67%). Die Gewichtsabnahme war in der Semaglutid-Gruppe doppelt so hoch wie in der Dula­glutid-Gruppe (-6,5 kg vs. -3,0 kg).

Foto: NovoNordisk

Ozempic® (Semaglutid) steht in drei Wirkstärken zur Verfügung. Die Anfangsdosis beträgt 0,25 mg einmal wöchentlich, nach vier Wochen wird auf 0,5 mg erhöht. Nach weiteren vier Wochen kann die Dosis auf 1,0 mg gesteigert werden.

Doch Semaglutid kann – ebenso wie Dulaglutid, Liraglutid und Albiglutid –auch im Hinblick auf das Herz-Kreislauf-Risiko überzeugen. In der doppelblinden, placebokontrollierten Endpunktstudie SUSTAIN 6 wurde die kardiovaskuläre Sicherheit von Semaglutid im Vergleich zu Placebo, jeweils zusätzlich zur Standardtherapie, untersucht. 3297 Patienten mit Typ-2-­Diabetes und hohem kardiovaskulärem Risiko wurden randomisiert. Primärer Endpunkt war die Zeit bis zum Auftreten eines schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignisses, definiert als kardiovaskulärer Tod, nichttödlicher Schlaganfall oder nichttödlicher Herzinfarkt. Das Ergebnis: Semaglutid reduzierte im Vergleich zu Placebo das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse während der zweijährigen Beobachtungszeit um 26% (8,9% vs. 6,6%). Die Hazard Ratio betrug 0,74 (95%-Konfidenzintervall 0,58 bis 0,95; p < 0,001 für Nichtunterlegenheit; p = 0,02 für Überlegenheit). Dieses Ergebnis hatte laut Prof. Dr. Jens Aberle, Hamburg, „wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung der Behörden“ und führte letztlich zur Anerkennung des Zusatznutzens durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA).

Bald auch oral?

Semaglutid (Ozempic®) steht derzeit als Injektionslösung zur Verfügung und wird einmal pro Woche, unabhängig von den Mahlzeiten, mit einem Mehrweg-Fertigpen verabreicht. Bald schon könnte die Therapie für die Patienten einfacher werden, denn der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat sich im Januar 2020 für eine Zulassung der oralen Form von Semaglutid (Rybelsus®) ausgesprochen. Sollte die Europäische Kommission dieser Empfehlung folgen, wäre Semaglutid in der neuen Formulierung das erste zugelassene oral verfügbare GLP-1-Analogon.

Das Nebenwirkungsprofil entspricht dem der anderen GLP-1-Rezeptor­agonisten: Zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen zählen gastrointestinale Störungen, darunter Übelkeit, Durchfall und Erbrechen. Neben Semaglutid stehen in Deutschland derzeit drei weitere GLP-1-Rezeptoragonisten als Monopräparate zur Verfügung: Dulaglutid (Trulicity®), Exenatid (Byetta®, Bydureon®) und Liraglutid (Victoza®). Lixisenatid ist in Fixkombination mit Insulin glargin (Suliqua®) im Handel. Albiglutid (Eperzan®) ist aktuell nicht auf dem Markt. |

Literatur

Fachpressekonferenz „Blutzucker, Gewicht und Herz: Typ-2-Diabetes mit Ozempic® umfassend therapieren“ in Dresden am 31. Januar 2020. Veranstalter: NovoNordisk

Pratley RE et al. Semaglutide versus dulaglutide once weekly in patients with type 2 diabetes (SUSTAIN 7): a randomised, open-label, phase 3b trial. Lancet Diabetes Endocrinol 2018; 6(4):275-286

Marso SP et al. Semaglutide and Cardiovascular Outcomes in Patients with Type 2 Diabetes. Engl J Med 2016; 375(19):1834-1844

Fachinformation Ozempic® (Semaglutid). Stand Oktober 2018

Wegener M. GLP-1-Rezeptoragonisten im Aufwind. DtschApothZtg 2019; 159(32):2938-2939

Apothekerin Dr. Beate Fessler

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