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Arzneimittel und Therapie
Von der Leitlinie zum „neuen“ Produkt
Soledum® addicur als Zusatzoption für COPD-Patienten
Arzneimittel mit dem Monoterpen 1,8-Cineol, dem Hauptbestandteil von Eukalyptusöl, werden seit Langem gegen Symptome von Erkältungskrankheiten wie beispielsweise starke Schleimbildung angewendet (z. B. Soledum® Kapseln forte 200 mg, Sinolpan® forte 200 mg Weichkapseln, Cineol Pohl® 300 mg Weichkapseln). Bei Soledum® Kapseln forte 200 mg und Sinolpan® forte 200 mg Weichkapseln sind außerdem Bronchitis sowie die Zusatzbehandlung bei chronischen und entzündlichen Erkrankungen der Atemwege (z. B. der Nasennebenhöhlen) als Anwendungsgebiete genannt. Cineol wirkt vor allem auswurffördernd, sekretomotorisch sowie antimikrobiell gegen ein breites Spektrum von grampositiven und gramnegativen Bakterien sowie gegen Pilze. Für COPD-Patienten ist besonders die Verflüssigung eines zähen Bronchialsekrets durch Cineol von Bedeutung. Denn dieses kann die chronische Entzündung in den Bronchien verstärken und damit das Exazerbationsrisiko erhöhen.
Soledum® addicur, das die gleiche Zusammensetzung wie Soledum®Kapseln forte 200 mg besitzt, ist nun explizit auch für die Zusatztherapie der COPD zugelassen. In einer placebokontrollierten Doppelblindstudie wurde die Wirksamkeit bei Patienten in den COPD-Stadien II und III nach Klassifikation der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) untersucht. Publiziert wurden die Ergebnisse dieser Studie bereits 2009. Je 110 Probanden erhielten über sechs Wintermonate dreimal täglich entweder 200 mg Cineol oder Placebo. Die Patienten waren im Mittel 62 Jahre alt, litten seit rund 13 Jahren an der Erkrankung und besaßen eine vergleichbare Medikation mit β-Agonisten, Anticholinergika und Theophyllin, die im Studienzeitraum beibehalten wurde. Die Begleittherapie mit Cineol reduzierte im Vergleich mit Placebo – jeweils signifikant – die Gesamtzahl der Exazerbationen von durchschnittlich 0,9 auf 0,4, deren Dauer von insgesamt 5,7 auf 4,0 Tage und die Schwere der Exazerbationen von insgesamt 1,4 Punkten auf 0,8 Punkte auf einer Schweregradskala von 1 (leicht) bis 3 (schwer). Außerdem gab es signifikante Verbesserungen bei der Lungenfunktion, bei Dyspnoe und bei der Lebensqualität.
Wichtige Hinweise vor der Abgabe
- Dosierung: dreimal täglich eine Kapsel, in besonders hartnäckigen Fällen viermal täglich eine Kapsel (Tagesmaximaldosis)
- Einnahme: unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit (200 ml Trinkwasser, kein Heißgetränk) möglichst eine Stunde vor dem Essen, bei empfindlichem Magen auch während der Mahlzeiten
- mögliche (seltene) Nebenwirkung: Überempfindlichkeitsreaktion (z. B. Gesichtsödem, Juckreiz, Atemnot, Husten). Bei ersten Anzeichen darf Soledum® addicur nicht nochmals eingenommen werden.
- weitere mögliche Nebenwirkungen: Magen-Darm-Beschwerden wie z. B. Übelkeit, Durchfall (gelegentlich), Schluckbeschwerden (selten)
- Arztkonsultation notwendig bei Erkältungssymptomen, die länger als eine Woche anhalten, bei Atemnot, Fieber oder eitrigem oder blutigem Auswurf
- bei Patienten mit Asthma oder COPD: Behandlung nur unter ärztlicher Kontrolle
- Schwangerschaft: sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung
- Stillzeit: Anwendung nur nach Arztrücksprache, da Cineol den Geschmack der Muttermilch verändern und zu Trinkproblemen beim Säugling führen kann
Was sagen die Leitlinien?
In der aktuellen S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von COPD-Patienten wird diese Studie zitiert. Nach Einschätzung der Leitlinienautoren können Mukopharmaka wie Cineol bei einigen Patienten mit viskösem Sekret hilfreich sein. Die Indikation sollte jedoch kritisch gestellt werden und sich am subjektiven Therapieerfolg orientieren. Auch in der S2k-Leitlinie Rhinosinusitis wird Cineol erwähnt. Dort findet sich der Hinweis, dass bei Patienten mit dieser Erkrankung in zwei randomisierten klinischen Studien mit Cineol als Zusatztherapie zu Antibiotika Symptomlinderung und Heilungsbeschleunigung erzielt werden konnten.
Erstattung über Umwege
Als apothekenpflichtiges Arzneimittel darf Soledum® addicur nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) verordnet werden. Einige Krankenkassen erstatten jedoch auf Antrag die Kosten bis zu einem Jahreshöchstbetrag. Beispielsweise bezuschusst die Techniker Krankenkasse (TK) Ausgaben für nicht verschreibungspflichtige, aber apothekenpflichtige alternative Arzneimittel bis zu 100 Euro pro Kalenderjahr. Die Versicherten zahlen die Arzneimittel zunächst selbst und reichen dann ein Privatrezept oder ein grünes Rezept mit den Belegen zur Erstattung ein. Bei der Bahn-BKK ist der Ablauf ähnlich; diese Krankenkasse übernimmt pro Arzneimittel die vollen Kosten bis zu einer Höchstgrenze von 150 Euro im Kalenderjahr. |
Literatur
Fachinformationen der genannten Präparate
Vogelmeier C et al. S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD). AWMF-Register-Nr. 020/006, Stand Januar 2018. www.awmf.org
S2k-Leitlinie Rhinosinusitis. Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. und Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. AWMF-Register-Nr. 017/049 und 053-012, Stand April 2017. www.awmf.org
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Exazerbationen vermindern und Lebensqualität erhalten. Presseinformation der Cassella-med GmbH & Co. KG vom 19. November 2019
Worth H et al. Concomitant therapy with Cineole (Eucalyptole) reduces exacerbations in COPD: A placebo-controlled double-blind trial. Respir Res 2009;10:69-76
Kehrl W et al. Therapy for acute nonpurulent rhinosinusitis with cineole: results of a double-blind, randomized, placebo-controlled trial. Laryngoscope 2004; 114(4):738–74
Tesche S et al. The value of herbal medicines in the treatment of acute non-purulent rhinosinusitis. Results of a double-blind, randomised, controlled trial. Eur Arch Otorhinolaryngol 2008;265(11):1355–1359
Global Strategy for Diagnosis, Management, and Prevention of COPD. http://goldcopd.org/
Techniker Krankenkasse. Trägt die TK die Kosten für alternative Arzneimittel? www.tk.de; Abruf am 28. Januar 2020
Bahn-BKK. Naturheilkundliche Medikamente. www.bahn-bkk.de; Abruf am 28. Januar 2020
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