Die Seite 3

Keine Pause

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Thomas Müller-Bohn, DAZ-Redakteur

Das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) hat seine letzte parlamentarische Hürde genommen. Befürworter sind erleichtert, dass nun für immerhin 90 Prozent der Rx-Arzneimittel wieder eine grenzüberschreitend wirksame Preisbindung gelten soll. Kritiker beklagen, dass es nur 90 Prozent sind. Damit rechnen beide Seiten das Ergebnis schön. Der Marktanteil der privaten Krankenversicherungen an den verordneten Arzneimitteln wird üblicherweise grob mit 10 Prozent kalkuliert. Doch es geht auch um nicht erstattungsfähige Rx-Arzneimittel. Insbesondere orale Kontrazeptiva und Arzneimittel gegen erektile Dysfunktion sind margenstarke Produkte, weil unter ihnen keine Hochpreiser sind. Außerdem zählt für die Apotheken nicht der Umsatz, sondern der Rohertrag. Doch gerade für die ertragsstärksten Produkte bringt das VOASG keine Verbesserung. Denn bei den Rx-Arzneimitteln ohne Kassenabschlag gilt das neue Boni-Verbot nicht. Im Inland gilt für sie der volle Festzuschlag von 8,35 Euro, während bei GKV-Rx-Arzneimitteln wegen des Kassenabschlags (demnächst wieder mit 19 Prozent Mehrwertsteuer) vom Festzuschlag nur 6,86 Euro bleiben. Der EU-Preiswettbewerb wird sich damit künftig noch mehr als bisher auf die Arzneimittel richten, die den Apotheken die besten Erträge sichern sollten. Darum ist dieses Thema mit dem VOASG nicht erledigt. Da das VOASG den bisherigen Verweis auf die grenzüberschreitende Preisbindung aus dem Arzneimittelgesetz streicht, entfällt allerdings auch die Chance auf eine Rückkehr zum früheren Zustand durch ein neues europäisches Urteil. So bleibt jetzt nur noch die Flucht nach vorn in ein modifiziertes Honorarsystem. Die angehende ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hat dies offenbar erkannt und die Honorierung auf ihre Agenda gesetzt.

Doch vorher steht die weitere Umsetzung des VOASG an. Die zusätzlichen 20 Cent pro Packung zur Finanzierung neuer Dienstleistungen sind nur knapp drei Prozent des GKV-Festzuschlags von 6,86 Euro (ohne Kassenabschlag). Darum können die neuen Leistungsbereiche auch im besten Fall keine Apotheke retten. Sie können allerdings zu gefährlichen ökonomischen Fallstricken werden, wenn die Honorare defizitär sind. Doch die pharmazeutischen Perspektiven sind verlockend. Patienten und Apotheker warten schon viel zu lange auf solche Leistungen. Darum bleibt auch hier nur die Flucht nach vorn. Die Verhandlungen mit den Krankenkassen werden damit zur Bewährungsprobe für die neue Führungsriege der ABDA. Eine Schonfrist wird dem neuen Team nicht vergönnt sein. Das VOASG bietet keine Verschnaufpause, sondern es wird der Start für mehr neue Arbeit – für die Berufspolitik und für die Apotheken.

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