DAZ aktuell

„Expertise, Fantasie und ein realistischer Blick auf das Machbare“

Thomas Dittrich im Interview

cm/eda | Unmittelbar nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe wird die Spitze des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) gewählt. Der bisherige Vorsitzende Fritz Becker aus Baden-Württemberg hat seinen Rückzug bekannt gegeben. Am 2. Dezember wird es also um die Nachfolge gehen. Als einziger Kandidat stellt sich Thomas Dittrich, Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbands, zur Wahl. Im Interview spricht er über die wichtigsten Themen der nächsten vier Jahre.
Foto: Martin Jehnichen

Das vollständige Interview mit Thomas Dittrich finden Sie auf DAZ.online, wenn Sie in das Suchfeld den Webcode U3UG5 eingeben.

DAZ: Herr Dittrich, was sind die drängendsten Baustellen für die Apotheker, denen Sie sich in den kommenden vier Jahren widmen werden?

Dittrich: Die größte Herausforderung liegt zweifellos in der fortschreitenden Digitalisierung. Mit dem E-Rezept – hier brauchen wir im Übrigen unbedingt noch das technische Makelverbot –, der elektronischen Patientenakte und vielem mehr werden die Abläufe in unseren Apotheken tatsächlich grundlegend verändert. Wir sollten die Risiken, die in der fortschreitenden Digitalisierung liegen, nicht verschweigen oder kleinreden, aber unser Fokus muss doch ganz klar auf den Chancen für unseren Berufsstand liegen. Noch intensivere Beratung und Betreuung der Patienten durch einen möglichen Zugriff auf Teilbereiche der elektronischen Patientenakte (ePA) oder durch die Zurverfügungstellung des elektronischen Rezepts vor der Abholung können zu einer Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit führen. Auch deshalb dürfen wir den Patienten nicht allein lassen im Dschungel der fortschreitenden Digitalisierung im Gesundheitssystem. Wir sollten diejenigen sein, die hier gewissermaßen eine Lotsenfunktion einnehmen. Das erfordert viel von uns, aber hier gibt es für uns die Möglichkeit, die Patienten noch enger an die Vor-Ort-Apotheken zu binden. Dabei ist es zwangsläufig notwendig, über die Honorierung unserer Leistungen zu reden. Wir können und wir werden nicht jede neue Aufgabe, jede neue Form der Patientenbegleitung und -betreuung ohne eine Anpassung unserer Honorierung durchführen.

DAZ: Gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit stehen die Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband zu den pharmazeutischen Dienstleistungen an. Welche konkreten Ziele haben Sie sich dafür gesetzt?

Dittrich: Wir wollen mit spezifischen Dienstleistungen langjährige Versorgungsdefizite im Arzneimittelbereich angehen. Wir brauchen bundesweit für jede einzelne angebotene Dienstleistung einheitliche Kriterien und Standards, die sowohl den Aufwand, die fachliche Qualität als auch die Honorierung umfassen. Hier hat das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) die richtigen Weichen gestellt. Von uns sind neben der fachlichen Expertise im Hinblick auf die Versorgungsverbesserung auch Fantasie und ein realistischer Blick auf das in den Apotheken umsetzbare, aber auch politisch Machbare gefordert.

DAZ: Wie muss die Honorierung gestaltet sein, damit die Dienstleistungen wirklich in der Versorgung ankommen?

Dittrich: Wir haben zum Beispiel bei ARMIN eine Honorierung, die es allen Kolleginnen und Kollegen ermöglicht, an diesem Modellprojekt teilzunehmen. Deshalb müssen die pharmazeutischen Dienstleistungen neben dem fachlichen Mehrwert auch ganz klar ihren Teil zum Betriebsergebnis der Apotheke beitragen. Inwieweit die 150 Millionen aus dem VOASG dafür ausreichend sind, wird sich zeigen.

DAZ: Als Gesellschafter der Gematik war der DAV indirekt auch an der Entscheidung beteiligt, IBM den Zuschlag für das Entwickeln und Betreiben des E-Rezept-Fachdiensts zu erteilen. Als Subunternehmer mit an Bord ist die Firma eHealth-Tec aus der Zur Rose-Gruppe. Was sagen Sie den Kollegen, die dies zum Teil scharf kritisieren?

Dittrich: Das Bundesgesundheitsministerium ist Mehrheitsgesellschafter der Gematik. Der Stimmanteil des DAV beträgt 4 Prozent. Ich kann den Ärger und die Sorge meiner Kolleginnen und Kollegen hier durchaus verstehen, aber es geht letzten Endes um das Ergebnis einer öffentlichen Ausschreibung nach engen rechtlichen Vorgaben. Sie betrifft erstens nur einen Teil der E-Rezept-Architektur und zweitens ist die Firma eHealth-Tec nur einer von mehreren Subunternehmern. Das Produkt wird für alle Marktteilnehmer entwickelt und bereitstehen. Wir werden das Geschehen gleichwohl mit Sicherheit kritisch beobachten und begleiten. |

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