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Fürsorgepflichten und Pflichtverletzung

Informationen aus der ADEXA-Rechtsberatung

Die Corona-Pandemie stellt uns alle täglich vor neue Herausforderungen. Neben den Regeln an das Alltagsverhalten, die abhängig vom Infek­tionsgeschehen ständig angepasst werden, gibt es auch im Arbeits­leben immer wieder neue Vorgaben, auf die man sich in diesem Winter wird einstellen müssen.

Für die Apothekenangestellten dominieren im Moment Fragen nach der Maskenpflicht. Und hier insbesondere die Frage, welche Masken vorgeschrieben sind und wer die Kosten zu tragen hat. Gleichzeitig aber auch die Frage, ob man Masken tragen muss oder ob dies übertriebene Fürsorge des Arbeitgebers ist.

Masken – wer stellt und bezahlt sie?

Auch für die Apothekenleitung ist diese Situation eine neue Herausforderung. Jede Arbeitgeberin und jeder Arbeitgeber muss Fürsorgepflichten gegenüber den Beschäftigten einhalten. Durch die Arbeit in der Apotheke dürfen die Teammitglieder keinen besonderen Gefahren ausgesetzt sein, sondern müssen gesundheitlich besonders geschützt werden. So wie in jeder Apotheke auch zu normalen Zeiten eine Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze stattfinden muss, so muss dies angesichts der besonderen Infektionsgefahren erst recht zu Corona-Zeiten sein. Nach den Rückmeldungen, die wir von unseren Mitgliedern erhalten, sind die allermeisten Arbeitgeber hier auch tatsächlich sehr sorgfältig und schützen ihre Mitarbeiter bestmöglich.

Foto: RomanR – stock.adobe.com

Fürsorgliche Apothekenleitungen sorgen dafür, dass ausreichend gute Masken vorhanden sind. Dies ist im Übrigen auch eine Vorgabe der Berufsgenossenschaft: Arbeitgeber müssen Masken in ausreichender Zahl zur Verfügung stellen. Teilweise werden Luftreinigungsgeräte installiert, und in Gebieten mit hohen Infektionsgefahren denken einige Apothekenleitungen sogar über den Einsatz von Gegensprechanlagen nach. Diese hätten den Vorteil, dass das erschwerte Kommunizieren durch Masken hinter Plexiglas entfallen würde und die Kunden die beratenden Angestellten sehen könnten, ohne dass der Mund abgedeckt ist. Gleichzeitig wären beide Seiten gut vor einer Infektion während des Gesprächs geschützt.

Haftung und Schmerzensgeld

Hiervon abweichend gibt es aber auch Arbeitgeber, die vielleicht selber die Corona-Gefahr gering einschätzen und dementsprechend nachlässig mit der Gesundheit ihrer Angestellten umgehen. Dies ist allerdings nicht nur ein Kavaliersdelikt! Wenn ein Mit­arbeiter wegen einer solchen Schutzpflichtverletzung tatsächlich erkrankt, haftet der Arbeitgeber für den entstandenen Personenschaden. Dies kann auch Schmerzensgeldansprüche auslösen, wenn die Pflichtverletzung vorsätzlich war.

Ebenso riskiert ein Arbeitgeber bei Verstößen gegen die Schutzpflichten die Verhängung eines Bußgeldes. Ein Arbeitgeber, der einen Pflichtverstoß vorsätzlich begeht und dadurch eine COVID-19-Erkrankung auslöst, macht sich strafbar und riskiert eine Freiheitsstrafe nach dem Infektionsschutzgesetz. Die Bußgelder sind dabei in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich hoch.

Pflichtverletzung durch Angestellte

Allerdings ist nicht nur die Apothekenleitung bei Verstößen mit Sanktionen belegt, sondern auch ein Mitarbeiter kann bei Pflichtverletzung seinen Arbeitsplatz riskieren. Selbst in der Freizeit müssen Beschäftigte auf die berechtigten Interessen ihres Arbeitgebers Rücksicht nehmen. Wenn also ein „Corona-Leugner“ an einer Veranstaltung teilnimmt, auf der die Hygieneregeln nicht eingehalten werden, kann er oder sie riskieren, dass das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Unter Umständen kann diese Kündigung auch ohne Abmahnung erfolgen. Hier gilt es, die Verpflichtung der Apothekenleitung, auch die anderen Mitarbeiter zu schützen, abzuwägen. Wenn dem Apothekenleiter bekannt ist, dass eine Mitarbeiterin sich in ihrer Freizeit nicht an die Hygieneregeln hält, würde er, wenn er dieser Mitarbeiterin nicht kündigt, die anderen Teammitglieder einem erhöhten Infektionsrisiko aussetzen.

Stichwort Quarantäne

Gleichzeitig gibt es auch Apothekenleitungen, deren eigenes Sicherheitsempfinden höher ist als die Regeln, die die Gesundheitsämter vorschreiben: So gibt es zum Beispiel keine Verpflichtung zur Quarantäne, wenn der Ehe- oder Lebenspartner Kontakt zu einem Corona-Verdachtsfall hatte. Eine Pflicht zur häuslichen Isolation bestünde erst dann, wenn der Lebenspartner selber einen positiven Test­befund hätte.

Wenn man als Apothekenleitung nun hört, die Partnerin eines Mitarbeiters habe engen Kontakt zu einem Verdachtsfall gehabt, und man vorsorglich den Mitarbeiter selber anweist, zu Hause zu bleiben, so ist das zwar nachvollziehbar. Es kann aber nicht zulasten des Angestellten erfolgen. Sind bei ihm noch Überstunden vorhanden, so kann man (unter Einhaltung der Ankündigungsfristen) eventuell deren Abgeltung in Freizeit anordnen. Auch bei einem Jahresarbeitszeitkonto kann dann, wenn die Fristen für die Festlegung der Arbeitszeit eingehalten werden können, Minder­arbeit angeordnet werden. 75 Prozent der vereinbarten Arbeitszeit müssen aber auch bei einem Jahresarbeits­zeitkonto mindestens gutgeschrieben werden. Ansonsten befindet sich die Apothekenleitung in diesem Fall im sogenannten Annahmeverzug: Der Mitarbeiter bietet seine (volle) Arbeitskraft an, die aber nicht ab­gerufen wird.

Erst dann, wenn tatsächlich ein Fall der vom Gesundheitsamt angeordneten Quarantäne vorliegt, also ein Kontakt ersten Grades zu einem positiv getesteten Menschen, greifen die Entschädigungsregeln des Infektionsschutzgesetzes: Der Mitarbeiter wird freigestellt und erhält eine Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls. Diese wird dann über die Apotheke abgerechnet.

Es gibt übrigens einige Gesundheitsämter, die, wenn am Arbeitsplatz Apotheke durchgängig FFP2-Masken getragen werden, nicht für das gesamte Personal eine Quarantäne anordnen, falls eine Kollegin sich infiziert hat. Ein sehr guter Schutz der Angestellten ist also auch im eigenen Interesse der Inhaberin bzw. des Inhabers, die auf diese Weise – relativ preiswert – größere wirtschaftliche Schäden vermeiden können. |

Minou Hansen, Rechtsanwältin

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