DAZ aktuell

Gutachten lässt AvP-Betroffene hoffen

Verbindlichkeiten und Vermögenswerte deuten auf sehr hohe Insolvenzquote hin

eda | Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Apotheken­rechenzentrum AvP Anfang November hat der Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos dem Amtsgericht Düsseldorf ein Gutachten vorgelegt, das die Vermögensverhältnisse sowie die Ursachen für die Pleite beschreibt. In das 40 Seiten umfassende Schriftstück haben lediglich die Gläubiger Einsicht. Seit Anfang der Woche liegt es der DAZ-Redaktion vor. Rein rechnerisch können die Apotheken auf eine außergewöhnlich hohe Quote am Ende des Insolvenzverfahrens hoffen.

AvP-Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos beziffert die Verbindlichkeiten des Rechenzentrums auf 593,8 Millionen Euro. In diesen Betrag fließen vor allem die offenen Forderungen der etwa 2900 öffentlichen Apotheken – also die fehlenden Abrechnungsgelder aus dem August. Zum Gläubigerkreis zählen darüber hinaus aber auch Krankenhausapotheken und sonstige Leistungserbringer. Insgesamt soll es sich um rund 5000 Gläubiger handeln.

Dann schlüsselt Hoos die bei AvP vorgefundenen Vermögenswerte in Höhe von 543,5 Millionen Euro folgendermaßen auf:

  • 12 Millionen Euro Firmenwert (Diesen Kaufpreis zahlte Noventi für das Geschäft mit den Krankenhausapotheken, s. AZ 2020, Nr. 43, S. 5)
  • 10.000 Euro Grundvermögen (Schätzwert)
  • 17.300 Euro Betriebs- und Geschäftsausstattung (Liquiditätswert)
  • 193,7 Millionen Euro liquide Mittel
  • 337,8 Millionen Euro nominaler Forderungsbestand

Zahlen mit Vorsicht genießen

Der nominale Forderungsbestand setzt sich zusammen aus Forderungen aus Rezeptabrechnungen (200 Millionen Euro), aus Forderung aus Rabattverfall (137,4 Millionen Euro sowie aus Forderungen gegen die von Ex-AvP-Chef Mathias Wettstein geführte MW Aviation GmbH & Co. KG (448.200 Euro). Doch die größten Positionen in dieser Auflistung sind zugleich auch die unsichersten. Denn Insolvenzverwalter Hoos geht offenbar relativ optimistisch davon aus, dass die von ihm eingereichten und abgerechneten Rezepte bei den Krankenkassen 200 Millionen Euro einbringen werden.

Interview in dieser Ausgabe

Lesen Sie auf Seite 18 in dieser DAZ ein Interview mit dem AvP-Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos.

Noch vorsichtiger müssen die 137,4 Millionen Euro aus Forderung aus Rabattverfall bewertet werden. Hoos geht davon aus, dass AvP mindestens seit dem Jahr 2013 Rabattverfallansprüche gegenüber den Krankenkassen zustehen. Im Gutachten erklärt er, dass den Kostenträgern normalerweise Rabattansprüche „von zumeist fünf Prozent des Arzneimittelabgabepreises“ zu­stehen würden, wenn diese innerhalb von zehn Tagen nach Rechnungseingang an das Rechenzentrum zahlen würden. Nach Hoos‘ Kenntnissen ist dies seit 2013 nicht geschehen und so prüft er aktuell zusammen mit einem Dienstleister, ob und in welcher Höhe Rabattverfallansprüche bestehen. Vorläufige Ergebnisse ergeben eine Spannweite zwischen 37,2 Millionen Euro und 137,4 Millionen Euro. In den Forderungen ist also die oberste Grenze der Spannbreite angegeben. Außerdem muss kritisch betrachtet werden, ob mit „zumeist fünf Prozent“ Kassenabschlag der tatsächliche Wert nicht deutlich überschätzt wird und ob diese Forderungen am Ende überhaupt eingebracht werden können.

Hinweis auf Insolvenzquote

Das Gutachten dient der Rechtfertigung des Insolvenzverfahrens vor Gericht. Es wird darin keine Insolvenzquote hochgerechnet. Doch berechnet man selbst das Verhältnis von der Summe aller Verbindlichkeiten zur Summe der vorhandenen Vermögenswerte, ergibt sich die außergewöhnlich hohe Insolvenzquote von bis zu 90 Prozent. Selbst auf der Grundlage der unteren Grenze der Spannweite für die Rabattverfallansprüche wären es immerhin noch etwa 75 Prozent. In Insolvenzverfahren sind normaler­weise Quoten im einstelligen Bereich gewöhnlich. |

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