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Praxis

Alles paletti?

Hygienemanagement in der Apotheke

Mindestens einmal jährlich fordert das Hygienemanagement unsere Aufmerksamkeit. Was muss beachtet werden, nicht nur in der Rezeptur? Apotheker und PTA sind in der Corona-Krise nach außen hin öffentlichkeitswirksame Gestalter und Vorbilder in Sachen Hygiene – eine große Chance. Das Hygienekonzept der Apotheke muss den Regeln und dem uns entgegengebrachten Vertrauen entsprechend standhalten. | Von Dagmar Larkin

Im Rahmen der jährlichen Selbstinspektion nach § 2a der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) werden in den Apotheken auch die Hygienestandards überarbeitet. Das muss nicht zum Jahresende sein, sondern kann fortlaufend erledigt werden. Beginnen wir mit einem Überblick über die Rechtslage und mögliche Hilfsangebote für unser Vorhaben. Der Blick in die ApBetrO [1] zeigt das Ziel:

§ 4a Hygienemaßnahmen

Der Apothekenleiter muss für das Personal und die Betriebsräume, die zur Arzneimittelherstellung genutzt werden, geeignete Hygienemaßnahmen treffen, mit denen die mikrobiologische Qualität des jeweiligen Arzneimittels sichergestellt wird. Für die Hygienemaßnahmen ist insbesondere Folgendes festzulegen:

1. die Häufigkeit und Art der Reinigung der Herstellungsbereiche oder Herstellungsräume,

2. soweit erforderlich, die Häufigkeit einer Desinfektion der Herstellungsbereiche und Herstellungsräume sowie

3. die einzusetzenden Mittel und Geräte.

Die Maßnahmen sind in einem Hygieneplan schriftlich festzulegen. Die Durchführung der Hygienemaßnahmen ist regelmäßig zu dokumentieren. Darüber hinaus müssen Festlegungen über hygienisches Verhalten am Arbeitsplatz und zur Schutzkleidung des Personals getroffen werden.

Ein Blick in die Arzneibücher

Die hygienischen Standards pharmazeutischer Zubereitungen werden in den Arzneibüchern definiert. Zum Auffrischen lohnt ein Blick ins Europäische Arzneibuch unter Punkt 5.1.4. und 5.1.8. Dort finden sich die Angaben zur mikrobiologischen Qualität. Die Grenzwerte relevanter Mikroorganismen sind je nach Darreichungsform und Anwendungsart verschieden. Alle Prozesse innerhalb der Apotheke von Ausgangsstoffprüfung, Lagerung, Verarbeitung, Verpackung bis zum Inverkehrbringen sind darauf aus­zurichten, sie einzuhalten und gegebenenfalls zu ergreifende Maßnahmen festzulegen. Hilfreich sind die Leitlinien und Arbeitshilfen der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung. Produktschutz kann es nicht geben, ohne dabei auch die Räumlichkeiten und das Personal zu betrachten. Auch darüber geben die Leitlinien Auskunft. Eine weitere Informationsquelle ist der Hygieneleitfaden der Gesellschaft für Dermopharmazie e. V.

Neben den Arzneibuchangaben, die die Produktqualität sicherstellen sollen, betreffen weitere Aspekte der Hygiene den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter und Kunden. Hierher gehören die Maßnahmen zur Handhygiene und zum Hautschutz. Dafür stellt die Berufsgenossenschaft geeignete Hinweise zur Verfügung. Für Medizinprodukte und deren Verleih in Apotheken sind das Medizinproduktegesetz (MPG) und die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) zu beachten. Zur Durchführung von Blutuntersuchungen in Apotheken gilt die Biostoffverordnung (BioStoffV). Tätigkeiten in diesem Bereich erfordern neben der Risikobewertung spezielles Hygieneaugenmerk. In den Zusammenhang Gesundheitsschutz ordnen sich auch die neuen Hygieneregeln zur Vermeidung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 ein.

Jede Apotheke braucht also ein schriftliches Hygienekonzept, das alle relevanten Tätigkeiten beinhaltet. Dafür ist der Apothekenleiter zuständig. Für spezielle Bereiche können Aufgaben auch Mitarbeitern übertragen werden.

Unsere Berufsorganisationen stellen Leitlinien zur Verfügung, darüber hinaus auch Checklisten und Arbeitshilfen. Für die zu empfehlenden Hygienemaßnahmen werden wir bei ABDA [2] oder Bundesapothekerkammer [3] fündig. Hier gibt es für alle Bereiche allgemein gültige Hinweise, die im nächsten Schritt der jeweiligen Apothekensituation angepasst werden. Gebiete, denen wir uns im Hinblick auf die Hygiene widmen müssen, sind die Raum- und Personalhygiene. Die Durchführung von Blutuntersuchungen ist zu betrachten und der Geräteverleih. In der Rezeptur sind die Hygienestandards immer schon hoch, aber ebenfalls jährlich zu aktualisieren. Das Stellen von Arzneimitteln erkennen wir in der Leitlinie erfreut wieder unter Punkt manuelle Neuverpackung von Fertigarzneimitteln für bestimmte Einnahmezeitpunkte. Zuletzt folgen Handhygiene und der Hautschutz. In Kürze wird es erstmals auch Pläne zur Arzneimittelabfall-Entsorgung geben. Alle Tätigkeiten sind zu bewerten nach dem Prinzip wer macht was, wo, wann, wie, womit und in welchem Turnus.

Daneben stellt auch das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V. – das ZL - Informationen und Arbeitshilfen zur Verfügung. Es gibt beim ZL YouTube-Filme zur Durchführung der Hygienemaßnahmen, die einprägsam und kurzweilig die Abläufe der Hygienemaßnahmen vor der eigentlichen Rezepturtätigkeit vermitteln. Daran können wir uns gut orientieren, was in einen Hygieneplan gehört.

In Schritt eins sind die Hygieneanforderungen zu klären für die Räume, das Personal und von uns hergestellte Zubereitungen. Im Anschluss können die dafür nötigen Hygienemaßnahmen festgelegt werden. Das erfolgt geschickt nach einzelnen Tätigkeiten, Arbeitsbereichen und den dafür benutzten Geräten. Sinnvollerweise werden dabei Hygienezonen definiert mit abgestuften Hygieneanforderungen. Dass eine Apotheke stets aufgeräumt ist, unnötige Gerätschaften nicht auf Arbeitsflächen lagern, besonders nicht in der Rezeptur, versteht sich von selbst. Ein kritischer Blick rundherum klärt hier schon mal den Alltags-Istzustand.

Die sieben Punkte im Hygiene­plan

  • Wo gilt er?
  • Wer macht?
  • Was?
  • Womit?
  • Wann?
  • Wie?
  • In welchem Turnus?

Im Anschluss werden die Hygienepläne erstellt, nach denen mindestens einmal jährlich alle Mitarbeiter bezüglich Änderungen oder Neuerungen darin geschult werden. Bestandteil dieser Schulung sind auch die externen und internen Überprüfungsergebnisse. Ganz allgemein werden die Grundlagen der betrieblichen Hygiene und die gesetzlichen Anforderungen aufgefrischt, Neuentwicklungen in Wissenschaft und Technik vorgestellt. Die Schulung ist für das pharmazeutische und nichtpharmazeutische Personal und die Reinigungskräfte verbindlich. Die in ihr vermittelten Inhalte sind zu dokumentieren und von allen zu unterschreiben. Neue Mitarbeiter werden im Rahmen der Einarbeitung mit den Hygieneregeln des Betriebes vertraut gemacht.

Die Hygienepläne sind das zentrale Instrument der Qualitätssicherung im Bereich Hygiene, ihnen werden wir uns deshalb intensiver zuwenden.

Nichts ohne Kontrolle

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Das ZL leistet die Arbeit zur Überprüfung der Effektivität der innerbetrieblichen Hygienemaßnahmen. Rezepturarzneimittel werden dort nicht nur auf Wirkstoffgehalt oder korrekte Deklaration geprüft, auch ihre mikrobiologische Qualität können wir kontrollieren lassen. Das pharmazeutische Wasser kann untersucht werden [4], und es gibt den Ringversuch Hygienemonitoring [5]. In diesem werden relevante Oberflächen auf ihre Keimbelastung getestet. Das können Räume zur nichtsterilen sowie zur sterilen Herstellung sein oder Räume zum Arzneimittelstellen. Die Proben werden als Abklatschtest an verschiedenen Stellen abgenommen. Hände, Kittel, Waage, Regal, Boden, Medikamentendosetts, Arbeitsflächen werden ebenfalls geprüft. Die Auswertung erfolgt nach kontrollierter Bebrütung der eingesendeten Abklatschplatten. Sechs Wochen später kann dann das Ergebnis erwartet werden. Es kann eine Luftkeimsammlung erfolgen und daraus der Keimstatus der Raumluft bestimmt werden.

In den Revisionen prüfen die Pharmazieräte regelmäßig die Arbeit nach den gesetzlichen und den Arzneibuchvorgaben. Mit der berufsgenossenschaftlichen Begehung übernehmen sie auch die Kontrolle von Umsetzung und Dokumentation der Gesundheitsschutzvorgaben für die Mitarbeiter. Dafür sollte immer alles aktualisiert und unterschrieben sein.

Was gehört in die Hygienepläne?

Betriebliche Hygienepläne soll es der Leitlinie nach geben für die Personalhygiene, die Raumhygiene, für Geräte zur Herstellung und Prüfung, Leihgeräte, für die Entsorgung von Abfall allgemein und speziell und die Wäscheversorgung. Sie sollen eindeutig und verständlich formuliert sein ohne Interpretationsspielraum in den Abläufen zu bieten. Alle Hygienepläne sind nach dem gleichen Prinzip aufgebaut, meist in Tabellenform. So beinhalten sie übersichtlich Angaben zum Geltungsbereich, zur Zuständigkeit, den zu ergreifenden Maßnahmen, zu deren Zeitpunkt und Häufigkeit. Sie geben geeignete Mittel inklusive deren Konzentration und Einwirkzeit vor und machen Angaben über Reinigung und/oder Desinfektion.

Ergänzend zu den Hygieneplänen sind Protokolle zu erstellen, in denen die durchgeführten Tätigkeiten mit Datum und Namenszeichen dokumentiert werden können. Hygienepläne hängen in der Apotheke an den betreffenden Orten aus, damit sie jederzeit verfügbar sind und beachtet werden. Die zugehörige Dokumentation kann an zentralem Ort stattfinden. In diesem Bereich wird es in den Apotheken unterschiedliche als praktisch empfundene Lösungen geben.

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Ein Wort zu Corona

Von den beratenden Arbeitsschutzausschüssen beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gemeinsam mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) werden permanent die Arbeitsschutzstandards überprüft, überarbeitet und veröffentlicht. Die neuen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards [6] betreffen die Gestaltung der Arbeitsplätze, die Nutzung betrieblicher Gemeinschaftsräume sowie deren Lüftung. Beschrieben werden Regeln für Arbeitsabläufe bis zu Homeoffice, Dienstreisen und Besprechungen. Sie beinhalten die Abstandsregelungen genau wie den personalisierten Gebrauch von Arbeitsmitteln. Außerdem geben sie Empfehlungen zu Arbeitszeit- und Pausenregeln, zur Aufbewahrung von Arbeitskleidung und zum Zutritt betriebsfremder Personen zu den Arbeitsstätten. Ein weiterer Teil widmet sich der betriebsärztlichen Betreuung. Die Mund-Nase-Bedeckung in allen Varianten wird besprochen und auch ganz allgemein die Kommunikation im Betrieb in dieser Zeit. Beschäftigte sind zur Mitarbeit an der Umsetzung aller Regelungen zur Vermeidung der Virusausbreitung nach § 15 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet. Zuletzt liefern die Arbeitsschutzstandards auch Handlungsanweisungen zum Umgang mit Verdachtsfällen und der damit einhergehenden psychischen Belastung der Kollegen nach Bekanntwerden einer Infektion und nach Rückkehr der betroffenen Mitarbeiter. Dabei wird sachliche, sensible Kommunikation ein notwendiger Begleiter sein.

Zum Weiterlesen

Hygiene pur

Nein – kein Slogan, sondern reine Notwendigkeit im Apothekenalltag. Die ApBetrO verpflichtet daher Apothekenleiter, für Personal und Betriebsräume geeignete Hygiene­maßnahmen zu ergreifen. Die Mitarbeiter brauchen regelmäßige Unterweisungen. Machen Sie die Pflicht zur Kür! 33 Charts inklusive Erläuterungstext sind der Schlüssel dazu:

  • kompakt: die theoretischen Grundlagen der Hygiene
  • klar: Richtlinien zur Erstellung von SOPs
  • praktisch: Muster für Hygienepläne
  • genau: Anweisungen für die Dokumentation

Alle Inhalte sowie ein Formular zum Nachweis der Teilnahme stehen auf dem Tischaufsteller und zum Download als PDF oder PowerPoint-Präsentation zur Verfügung. Die 2. Auflage der Pflichtschulung berücksichtigt Änderungen der Gewerbeabfallverordnung, des Infektionsschutzgesetzes und der Biozid-Verordnung sowie Anpassungen der BAK-Leitlinie „Hygienemanagement“.

Von Monika Paul

Pflichtschulung Hygiene nach § 4a ApBetrO

IV, 74 S., 22 farb. Abb., 12 farb. Tab., mit Aufsteller, Online-PlusBase. 33 Power-Point-Folien, 21,0 × 29,7 cm

Spiralbindung, 2., aktualisierte Auflage, € 39,80 [D]

ISBN 978-3-7692-7366-3

Deutscher Apotheker Verlag 2019

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Fazit

Es ist nicht neu in unserem Beruf, auf den Gesundheitsschutz zu achten. Was neu ist und schwerfällt, ist der erhöhte Abstand zwischen unseren Kunden und uns im Beratungsgespräch nach den vielen Jahren, in denen wir uns aktiv und erfolgreich um den Abbau von Barrieren in der Kommunikation und der Wahrnehmung unserer Dienstleistungen bemüht haben. Handverkaufstische veränderten sich, verständliche Sprache wurde gepflegt, Kittel gern gegen farbige Berufskleidung getauscht, mit Enthusiasmus in der Weiterbildung eine moderne, wissenschaftliche und auch kundennahe Kompetenz etabliert. Und ganz ehrlich, das meiste davon können wir auch mit Maske und/oder Plexiglaswand. Wir sind weiterhin niedrigschwellige Ansprechpartner in allen Fragen rund um die Gesundheit. Die Distanz soll nur eine räumliche sein. Ein Gutes an ihr ist immerhin, auch sonstige Angriffe aufs apothekerliche Immunsystem sind durch den Abstand und die Hygieneregeln seltener geworden. |

Literatur

[1] Verordnung über den Betrieb von Apotheken des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz, https://www.gesetze-im-internet.de/apobetro_1987/index.html, aufgerufen am 5. September 2020

[2] Leitlinien und Arbeitshilfen der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V., https://www.abda.de/fuer-apotheker/qualitaetssicherung/leitlinien/leitlinien-und-arbeitshilfen/

[3] Kommentar zur Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung Hygienemanagement, Stand der Revision: 08.05.2018

[4] Mikrobiologische Untersuchungen von pharmazeutischem Wasser, Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V., https://www.zentrallabor.com/index.php/ringversuche/rv-wasseruntersuchung, aufgerufen 06.09.2020

[5] Hygienemonitoring - Mikrobiologische Umgebungskontrolle im Apothekenlabor, Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V., https://www.zentrallabor.com/index.php/ringversuche/hygienemonitoring, aufgerufen am 06.09.2020

[6] SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard des BMAS: GMBl 2020 S. 303-306 (Nr. 16/2020): https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Schwerpunkte/sars-cov-2-arbeitsschutzstandard.pdf, Stand: 11.08.2020

Autorin

Dagmar Larkin, Apothekerin, Filialleiterin der Georgen Apotheke Am Bahnhof Eisenach, Apotheke im Ärztehaus, Referentin für die Landesapothekerkammer Thüringen

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