- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 40/2020
- Sinnvoll kombiniert
Interpharm online 2020
Sinnvoll kombiniert
Evidenzbasierte Beratung bei Kopfschmerzen
Dabei betonte Weiser, dass besonders die Unterscheidung in chronisch und nicht chronisch bei Spannungskopfschmerzen und Migräne wichtig sei, da chronische Formen kein Fall für die Selbstmedikation in der Apotheke sind. Die Grenzen der Selbstmedikation (Red Flags) gelte es zu beachten. So sei unter anderem immer ein Arztbesuch notwendig bei Kopfschmerzen mit täglichem oder fast täglichem Auftreten (Schmerzen >10 Tage pro Monat länger als > 3 Monate). Fehlten Kriterien, die gegen eine Selbstmedikation sprechen, sei diese im Umkehrschluss sinnvoll und angemessen, hob Weiser hervor.
Unterschiedliche Wirkstoffe ausprobieren
Eine Vielzahl von Schmerzmitteln unterschiedlicher Wirkstoffklassen sind bei Kopfschmerzen und Migräne wirksam. Eingesetzt werden in der Selbstmedikation vor allem Triptane (bei Migräne), Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol, teilweise in Kombination mit Coffein. So komplex die Schmerzentstehung ist, so verschieden sind die Wirkmechanismen dieser eingesetzten Substanzen. Acetylsalicylsäure und Ibuprofen hemmen die Cyclooxygenase, Paracetamol greift in das dopaminerge, noradrenerge und serotonerge System sowie in das Endo-Cannabinoid-System ein, Coffein fungiert als Antagonist von Adenosin-Rezeptoren des schmerzsensorischen Systems und Triptane (bei Migräne) stellen Serotonin-Rezeptor-Agonisten dar. „Ob ein Mittel wirklich hilft, kann niemand vorhersagen. Man muss es ausprobieren, denn das Ansprechen auf unterschiedliche Wirkstoffe ist höchst individuell“, so Weiser.
ASS + Paracetamol + Coffein
Daher ist es nach Weiser auch sinnvoll, mehrere Wirkstoffe und Wirkprinzipien zu kombinieren. Seiner Meinung nach lässt sich dadurch eine bessere Wirkung erzielen. Dass Kombinationsmittel nachgewiesen gut wirksam und verträglich sind, zeigt auch die evidenzbasierte Empfehlung für die Behandlung akuter Spannungskopfschmerzen und Migräne der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG).
Sie führt in ihrer S3-Leitlinie als Mittel der ersten Wahl die Kombination aus ASS, Paracetamol und Coffein mit hervorgehobener Empfehlung auf Basis analysierter Vergleichsstudien auf. Zudem betonte Weiser, dass die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Behandlung von (Migräne-)Kopfschmerzen mit der Dreierkombi am höchsten sei und bezog sich dabei auf Daten einer Metaanalyse aus dem Jahre 2017. Demnach stünde eine Behandlungsmöglichkeit mit einem OTC-Schmerzmittel zur Verfügung, das ähnlich gut wirke als das verschreibungspflichtige Sumatriptan (100 mg), aber bei besserer Verträglichkeit.
Coffein als Co-Analgetikum
Zum Ende seines Vortrags ging Weiser ausführlich auf den Kombinationspartner Coffein ein. Er erwähnte mehrere Studien, in denen Coffein-Kombis eine stärkere Wirkung und höhere Responderrate aufwiesen als Analgetika ohne Coffein. So auch beispielhaft in einer Akutschmerzstudie aus dem Jahre 2018, in der Coffein als Co-Analgetikum bei einem höheren Anteil der Patienten zu einer schnelleren und stärkeren Schmerzlinderung als Ibuprofen alleine führte. Die erforderliche Dosis lag bei 100 mg bis 130 mg Coffein. Eine Ibuprofen-Coffein-Kombi bewies ihre Überlegenheit auch im Vergleich mit schnell-freisetzendem Ibuprofen-Lysinat. Zwar konnte Ibuprofen-Lysinat auf nüchternen Magen (>10 Stunden nichts gegessen) schneller im Blut anfluten als die Ibuprofen-Coffein-Kombination. Allerdings erreicht die Kombination nach einem Frühstück – und damit bei realistischeren Bedingungen – höhere maximale Plasmaspiegel als das Ibuprofen-Lysinat.
Fazit: Nach Weiser sind OTC-Analgetika bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sehr gut verträglich. Das Risiko für einen Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz ist bei Coffein-haltigen Analgetika nicht höher als bei solchen ohne Coffein. Eine Coffein-Abhängigkeit existiert nicht und somit machen auch Analgetika-Coffein-Kombis nicht abhängig. Damit stehen dem Apotheker mit diesen Kombipräparaten bei seiner Beratung Schmerzmittel zur Verfügung, die die höchste Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Behandlung bieten. |
Schon angemeldet, aber Vortrag verpasst? Sie können ihn bis zum 31. Oktober 2020 unter www.interpharm.de im Video-Archiv jederzeit abrufen.
Sie haben die Teilnahme an der Interpharm-online-Premiere verpasst? Kein Problem. Melden Sie sich unter www.interpharm.de an und holen Sie die Interpharm online einfach nach. Wenn Sie dann auch noch 7 von 10 Fragen zu den jeweiligen Vorträgen richtig beantworten, können Sie noch eine Fortbildungspunkt im Rahmen unserer BAK-Zertifizierung erwerben.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.