Arzneimittel und Therapie

ASS schützt nicht jeden

Genetische Varianten beeinflussen den kardioprotektiven Effekt

Bestimmte Genträger profitieren mehr von einer präventiven ASS-Einnahme als andere, bei denen der Wirkstoff sogar einen gegenteiligen Effekt bewirken kann.

Um einem erneuten Verschluss der Gefäße vorzubeugen, wird den Patienten nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall Acetylsalicylsäure (ASS) in niedriger Dosierung verordnet. Dagegen wird der Benefit einer kardioprotektiven Primärprävention mit Acetylsalicylsäure trotz zahlreicher Studien kontrovers diskutiert. Dies kann an genetischen Faktoren liegen, die das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Arteriosklerose beeinflussen. Einer dieser Faktoren ist die homozygote Risikovariante rs7692387 im GUCY1A3-Gen, die bei der Thrombozytenaggregation eine Rolle spielt. Liegt diese Risikovariante vor, können gefäßschützende Reaktionen nur abgeschwächt ablaufen. So ist unter anderem die durch Stickstoffmonoxid vermittelte Hemmung der Blutgerinnung vermindert, was in Folge zu einer erleichterten Thrombozytenaggregation führt. Bei rund 63 Prozent der westeuropäischen Bevölkerung liegt diese homozygote Variante vor.

Von dieser Erkenntnis ausgehend wurden zwei große Studien, die Women’s Health Study und die Physicians’ Health Study, zur Primärprävention mit ASS erneut analysiert. Und zwar unter dem Aspekt, ob die Probanden eine genetische Risikovariante tragen oder nicht. Dabei zeigte sich, dass Träger der Risikovariante deutlich von der ASS-Einnahme profitierten und ihr kardiovaskuläres Risiko um 21 Prozent abnahm. Bei Trägern der Nicht-Risikovariante zeigte sich indes ein gegenteiliger Effekt, und ihr kardiovaskuläres Risiko stieg um 39 Prozent. Diese Arbeit, die mit dem Präventionspreis der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) ausgezeichnet wurde, gibt wichtige Hinweise für eine individuell gestaltete Primärprävention von kardiovaskulären Erkrankungen. |

Literatur

Hall K et al. Genetic variation at the coronary artery disease risk locus GUCY1A3 modifies cardiovascular disease prevention effects of aspirin. European Heart Journal 2019;0,1-8, doi: 10.1093/eurheartj/ehz384

Bei wem Aspirin das Herz schützt – und bei wem nicht, Informationen des deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung, https://dzhk.de/aktuelles/news/artikel/bei-wem-aspirin-das-herz-schuetzt-und-bei-wem-nicht/, Abruf am 30. Juli 2020)

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.