Arzneimittel und Therapie

Kein Schema F für Antibiotika

Warum die Therapiedauer individuell festgelegt werden sollte

Erkrankt ein Patient an einer bakteriellen Infektion, legt der Arzt meist bereits zu Beginn der Behandlung fest, wie lange das Antibiotikum eingenommen werden soll. Doch wie sinnvoll ist das überhaupt? Sollte nicht das patientenindividuelle Ansprechen auf die Therapie der entscheidende Faktor für die Dauer der Therapie sein?

Antibiotikaresistenz, insbesondere im gram-negativen Bereich, ist ein zunehmendes Problem. Ganz offensichtlich gefördert werden diese Resistenzen durch den zu häufigen und zu langen therapeutischen Einsatz von Antibiotika. Darüber hinaus steigt mit der Behandlungsdauer die Gefahr unerwünschter Nebenwirkungen wie die gefürchtete CDAD (Clostridium difficile associated diarrhoea). Ziel einer Infektionstherapie muss es sein, den Wirkstoff nur so lange wie nötig, aber so kurz als möglich einzusetzen. Eine Möglichkeit ist, den Therapieerfolg mithilfe von Biomarkern zu kontrollieren. Neben Procalcitonin kommt hier das C-reaktive Protein (CRP) infrage, ein in der Akutphase von Hepatozyten freigesetzter Coaktivator des Komplementsystems, der als Entzündungs­parameter leicht und ohne hohe Kosten gemessen werden kann.

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Eine kurze Ein­nahmedauer von Antibiotika kann den gleichen Effekt erzielen wie eine lange.

Sieben oder 14 Tage oder doch lieber individuell?

In einer multizentrischen Point-of-care-Studie wurde untersucht, inwieweit eine CRP-kontrollierte Behandlungsdauer gleichwertig mit einer standardmäßigen Sieben-Tage- oder 14-Tage-Antibiotikagabe ist. 504 erwachsene Patienten mit gramnegativer Bakteriämie verschiedener Genese wurden hierzu in der Schweiz im Verhältnis 1:1:1 randomisiert untersucht. Haupterreger waren Escherichia coli (74%), Klebsiella ssp. (17%) und Proteus ssp. (4%). Die Antibiotika-Behandlung wurde in der CRP-Gruppe als erfolgreich abgebrochen, sobald die alle ein bis zwei Tage erfolgte CRP-Messung einen Wert von 75% unterhalb des Peaks erreicht hatte. Primäres Outcome war die Misserfolgsrate der Antibiotika-Therapie an Tag 30. Neben einer wieder auftretenden Bakteriämie wurden dabei auch eitrige lokale Komplikationen, durch den Ausgangskeim verursachte andere Infektionen oder Tod jedweder Ursache als Misserfolg der Antibiotika-Therapie bewertet. Sekundäres Outcome waren die gleichen Kriterien an Tag 90. Ein zusätzliches Update fand an Tag 60 statt. Ausgeschlossen von der Studie waren Patienten mit Fieber oder hämodynamischer Instabilität innerhalb 24 Stunden vor Rekrutierung, ebenso Patienten mit schwerer Immunsuppression oder komplizierten Infekten wie Abszessen oder einer Endokarditis.

Kurz heißt nicht schlechter

Durchschnittlich wurde die Antibiotika-Therapie nach etwa sieben Tagen in der CRP-gesteuerten Behandlungsgruppe beendet. Dabei zeigte sich, dass die CRP-gesteuerte Antibiotika-Therapie und die fixe Sieben-Tage-Behandlungsdauer gegenüber der 14-Tage-Behandlungsdauer statistisch nicht unterlegen sind. Diese Erkenntnisse verstärken die Aussage, dass die Dauer einer Antibiotika-Therapie nicht in den ersten Tagen einer akuten Erkrankung vordefiniert sein sollte. Stattdessen sollte individuell auf das Ansprechen des Arzneimittels beim Patienten reagiert werden. Tendenziell schienen besonders Patienten mit pulmonal verursachter Bakteriämie und/oder Fremdmaterial von einer CRP-Steuerung zu profitieren. Anzumerken ist, dass der CRP-Serumwert auch postoperativ und posttraumatisch ­ansteigt und somit keinen infektionsspezifischen Parameter darstellt.

Weitere Studien notwendig

Unerwünschte Nebenwirkungen (insbesondere C. difficile-Infekte) wurden relativ selten beobachtet, jedoch in Abhängigkeit von der Therapiedauer.

Insgesamt 90 der ausgewählten 504 Patienten mussten aus verschiedenen Gründen von der Per-protocol-Analyse ausgeschlossen werden. Die relativ hohe Ausfallrate von 23% in der CRP-Gruppe erklärt sich vor allem durch vorzeitige Klinikentlassung und logistische Fehler bei der CRP-Probennahme. Limitiert wird die Aussagekraft der Studie durch die kleine absolute Misserfolgsfallzahl im primären Outcome aller Studienarme (CRP-Arm: 2,4%, 7-Tage-Arm: 6,6%, 14-Tage-Arm: 5,5%). Dies schmälert die statistische Aussagekraft und erfordert weitergehende Bestätigung, wenngleich das Studienergebnis in Einklang mit einer früheren Studie steht. |

 

Literatur

Von Dach E, Albrich WC, Brunel AS et al. Effect of C-Reactive Protein-Guided Antibiotic Treatment Duration, 7-Day Treatment, or 14-Day Treatment on 30-Day Clinical Failure Rate in Patients With Uncomplicated Gram-Negative Bacterermia, JAMA 2020, doi:10.1001/jama.2020.6348
 

Apotheker Dr. Wolfgang Buchheit

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