Arzneimittel und Therapie

CAR-T-Zellen schlagen sich gut

Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie zieht erste Bilanz

Vor zwei Jahren kamen die ersten beiden CAR-T-Zelltherapien in Deutschland auf den Markt. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie zieht jetzt eine erste Bilanz – zur Zahl der Behandlungen, der Häufigkeit von Nebenwirkungen und den Folgen der dezentralen Organisation, für die man sich hierzulande entschieden hat.

Die CAR-T-Zelltherapie sorgte lange Zeit für Aufsehen in der Fachwelt – zum einen, weil damit ein völlig neuer Behandlungsansatz für Patienten mit bestimmten lebensbedrohlichen Blutkrebsarten verfügbar war, zum anderen, weil sich die Hersteller Novartis (Tisagenlecleucel, Kymriah®) und das Gilead-Tochter­unternehmen Kite (Axicabtagen-Ciloleucel, Yescarta®) das innovative Konzept mit etwa 280.000 Euro pro Behandlung teuer bezahlen lassen. Im Gesundheitssystem werden die beiden Therapien bisher behandelt wie Arzneimittel, dieser Status ist jedoch umstritten.

Neues Konzept gegen Blutkrebs

Die Abkürzung CAR steht für „chimärer Antigen-Rezeptor“. Bei der Behandlung werden dem Patienten T-Zellen entnommen, die außerhalb des Körpers darauf abgerichtet werden, sich gegen die Krebszellen zu richten. Anschließend werden sie dem Spender zurückinfundiert. Beide Therapien sind zugelassen für bestimmte Formen des großzelligen B-Zell-Lymphoms, das Präparat von Novartis zudem für Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis zu einem Alter von 25 Jahren mit refraktärer oder rezi­divierender akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie. Zwei Jahre nach der Zulassung der Behandlungen durch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA wollte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) jetzt wissen, wie die beiden Arzneimittel sich auf dem deutschen Markt schlagen. Dafür hat die DGHO in einer Online-Umfrage alle Zentren in Deutschland befragt, die Patienten mit CAR-T-Zellen behandeln. Eines der Ergebnisse: Im Vergleich zum Ausland nehmen in Deutschland mit einer Anzahl von 26 verhältnismäßig viele Zentren an der Versorgung teil. Bei der Einführung hatte sich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Übereinstimmung mit den wissenschaftlichen Fachgesellschaften für ein dezentrales, flächendeckendes Versorgungskonzept entschieden. In anderen europäischen Ländern mit stärker zentralistisch organisierten Gesundheitssystemen sind dagegen nur wenige Zentren zugelassen.

„CAR-T-Zellen sind in Deutschland in der Ver­sorgung angekommen.“

Prof. Lorenz Trümper, Geschäftsführer der DGHO und Direktor der Klinik für Hämatologie und Onkologie der Universität Göttingen

Weniger Behandlungen und Nebenwirkungen als erwartet

Die Anzahl der erfolgten CAR-T-Zell-Therapien fällt zudem mit 300 Patienten geringer aus, als die Fachgesellschaft erwartet hatte. Demnach wurde in den Verfahren zur frühen Nutzenbewertung durch den G-BA die Gesamtzahl der infrage kommenden Patienten auf ungefähr 660 pro Jahr geschätzt. „Die bisherigen Zahlen liegen deutlich unterhalb dieser Schätzungen. Das kann zum einen an logistischen Problemen in der Einführungsphase liegen, aber auch an einer stringenten Indikationsstellung.“

Was mögliche Komplikationen betrifft, kann die DGHO beruhigen. Spezifische schwere Ereignisse in Zusammenhang mit CAR-T-Zelltherapien wie Zytokinstürme und Neurotoxizitätssyndrome seien seltener aufgetreten als zunächst befürchtet. „Die tatsächliche Rate der intensivpflichtigen Patienten liegt bei 14 Prozent und ist damit deutlich niedriger als initial erwartet. Die Sterblichkeitsrate liegt bei drei Prozent.“

Und wie geht es weiter?

Laut DGHO gelte es nun, auf der Basis der bisherigen Erfahrungen die qualitätssichernden Maßnahmen anzupassen. „Das betrifft insbesondere die Strukturkriterien der Zentren und einige sehr bürokratische Hürden.“

Mit zunehmender Vertrautheit der CAR-T-Zelltherapie wird eine steigende Zahl der Patienten erwartet, die eine solche Behandlung erhalten. Bereits in wenigen Monaten steht zudem eine Indikationserweiterung an: Dann sollen auch Menschen mit Multiplem Myelom für die Therapie infrage kommen, bei denen nach Angaben von Professor Hermann Einsele, Vorsitzender der DGHO und Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg, zum Teil mehr als 50 Prozent komplette Remissionen und eine deutlich längere progressionsfreie Zeit als mit anderen bisher verfügbaren Medikamenten erreicht wurden. Daher wird davon ausgegangen, dass die Zulassung von CAR-T-Zellen für diese Indikation zu einer weiteren ­Zunahme der CAR-T-Zell-Therapien in Deutschland führen wird. |

Literatur bei der Verfasserin

Christina Müller, Redakteurin DAZ.online

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