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Arzneimittel und Therapie
BCG–Boost für das Immunsystem
Warum der Tuberkulose-Impfstoff auch vor anderen Infektionen schützt
Das BCG(Bacille Calmette-Guérin)-Vakzin ist eine attenuierte Form des Bakteriums Mycobacterium bovis und wurde Anfang des letzten Jahrhunderts als Lebendimpfstoff gegen die Tuberkulose eingeführt. In Deutschland wird der Impfstoff seit 1998 von der ständigen Impfkommission nicht mehr empfohlen und ist derzeit auch nicht auf dem Markt erhältlich. Ausgerottet ist die Krankheit jedoch nicht: Im Jahr 2018 wurden in Deutschland 5429 Tuberkulose-Fälle gemeldet, weltweit waren es sogar geschätzt zehn Millionen Infektionen. In Ländern mit hoher Inzidenz wird die Vakzinierung von der Weltgesundheitsorganisation WHO daher noch dringend empfohlen.
Erweiterter Schutz durch Lebendimpfstoffe
Die unspezifische Aktivierung des Immunsystems, die ein Lebendimpfstoff wie BCG, aber auch eine Polio- oder Masern-Impfung hervorrufen kann und die über viele Jahre bestehen bleiben kann, wurde schon in epidemiologischen und nicht-humanen In-vivo-Studien bestätigt. So konnte gezeigt werden, dass die Mortalitätsrate von Neugeborenen in Gebieten mit hohem Risiko für Infektionskrankheiten durch eine BCG-Impfung um bis zu 38% gesenkt werden konnte. Im Cell Host & Microbe Journal wurde jetzt eine Studie publiziert, in der dieser Effekt weiter untersucht worden war. 15 gesunde Probanden wurden für die Studie mit BCG vakziniert. Fünf zusätzliche Probanden bekamen ein Placebo. Am Tag der Immunisierung und 90 Tage später wurde den Probanden Blut und Knochenmark entnommen. Die mononuklearen Zellen des peripheren Blutes wurden mit dem Erreger Candida albicans stimuliert, um die Immunantwort zu testen. Dabei fanden die Wissenschaftler eine signifikant höhere Zytokin-Ausschüttung bei den geimpften Probanden.
Schnellere Reifung
Zudem zeigten Transkriptionsanalysen, dass das genetische Material der hämatopoetischen Stammzellen leichter zugänglich für Transkriptionsfaktoren war und dadurch die Zellreifung zu spezifischen Immunzellen vereinfacht wurde. Die aus dem Knochenmark stammenden hämatopoetischen Stammzellen stellen den Ursprung jeder Immunzelle dar. Die Ergebnisse könnten darauf hindeuten, dass durch die BCG-Impfung die trainierten hämatopoetischen Stammzellen rascher zu Immunzellen ausreifen und so schneller auf neue Infektionen reagieren können.
Im Zusammenhang mit COVID-19 wird die protektive Wirkung des Impfstoffes derzeit in verschiedenen klinischen Studien untersucht. In einer israelischen Studie (s. DAZ 2020, Nr. 21, S. 38) kam man hier zu dem Ergebnis, dass eine vorangegangene BCG-Impfung nicht vor einem schweren COVID-19-Verlauf schützt. Zum jetzigen Zeitpunkt wird eine präventive Vakzinierung gegen COVID-19 von der WHO nicht empfohlen. |
Literatur
Cirovic B et al. BCG Vaccination in Humans Elicits Trained Immunity via the Hematopoietic Progenitor Compartment. Cell Host Microbe 2020;1931-3128(20)30296-1
COVID-19 und Impfen: Antworten auf häufig gestellte Fragen. Informationen des Robert Koch-Instituts, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/COVID-19-Impfen.html#FAQId14040506. Abruf am 4. Juli 2020
Bericht zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland für 2018. Informationen des Robert Koch-Instituts, www.rki.de/DE/Content/InfAZ/T/Tuberkulose/Download/TB2018.pdf?__blob=publicationFile. Abruf am 4. Juli 2020
Tuberculosis. Informationen der WHO, www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/tuberculosis. Abruf am 04. Juli 2020
Aaby et al. Randomized trial of BCG vaccination at birth to low-birth-weight children: beneficial nonspecific effects in the neonatal period? J. Infect. Dis. 2011. 245-252
Reducing Health Care Workers Absenteeism in COVID-19 Pandemic Through BCG Vaccine (BCG-CORONA). ClinicalTrials.gov Identifier: NCT04328441
BCG Vaccination to Protect Healthcare Workers Against COVID-19 (BRACE). ClinicalTrials.gov Identifier: NCT04327206
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