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Partei ohne Profil?
Ein Kommentar von DAZ-Chefredakteur Dr. Armin Edalat
Eigentlich ist es ja etwas Schönes: Aufeinander zugehen, Gemeinsamkeiten finden und zusammen etwas bewegen. Aus dieser Motivation heraus sollen schon Kriege verhindert und die ein oder andere Ehe geschlossen worden sein. In einer Demokratie kann dieser Schuss schnell nach hinten losgehen, denn sie lebt und pulsiert bekanntlich vom Diskurs. Wenn Politiker ihre Parteienzugehörigkeit öfter wechseln als Wähler ihre Stimmen und das auch noch öffentlich stolz präsentieren, dann sorgt das landläufig für Irritationen. So geschehen beim Dreikönigstreffen der Liberalen. FDP-Chef Christian Lindner präsentierte ein neues, prominentes Parteimitglied: Ex-SPD-Bundestagsabgeordneter und Ex-Sozialminister von Rheinland-Pfalz Florian Gerster ist zu den Liberalen gewechselt.
Und während Lindner seine Eroberung sieghaft vorführt, wird man als Beobachter das Gefühl nicht los, dass sich die FDP auch plötzlich dem linken Wählerspektrum geöffnet hat. Ohne Not hätte ein Parteichef der Liberalen niemals zuvor Begriffe wie „Hartz IV“, „Sozialstaat“ oder „Bedürftigkeit“ in den Mund genommen. Doch der neue Lindner scheint sich für nichts zu schade zu sein. Im Nebensatz lassen sich geschwind noch die in Bürokratie versinkenden Unternehmer ansprechen. Mitnehmen also, was geht. Die Welt ist bunt, während die eigenen Wahlplakate immer monochromatischer werden.
Es ist unbestritten, dass die FDP seit ihrer Gründung 1948 auch die politische Heimat vieler Apotheker ist und war – prominentes Beispiel: der amtierende ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Die Liberalen haben sich stets zur sozialen Marktwirtschaft und einer staatlichen Ordnungspolitik bekannt. Arbeitsplätze schaffen und Bürokratie abbauen, lautete das Motto, eine Vereinfachung des Steuerrechts inklusive. Doch rückblickend darf heute bezweifelt werden, was von diesen Zielen erreicht werden konnte. Die FDP – als Oppositionspartei oder in Regierungsverantwortung – hat gemessen daran keine tiefen Fußabdrücke in der Geschichte der Bundesrepublik hinterlassen können.
Fast alle etablierten Parteien streben derzeit danach, sich von einer Klientel zu lösen oder mit gar keiner konkreten Bevölkerungsgruppe erst in Verbindung gebracht zu werden. Man fischt aus Sorge vor populistischen Strömungen nach Wählern und Mitgliedern überall – etwas links, etwas rechts und in der großen Mitte. Als eine „Apotheker-Partei“ betitelt zu werden ist daher aus nachvollziehbaren Gründen so unattraktiv wie eine Autofahrer- oder Seniorenpartei zu sein. Damit gewinnt man keine Wahlen, erhält keine Verantwortung und wird auf internationaler Ebene nicht ernst genommen.
Doch dies öffentlich auf großer Bühne herauszuposaunen, ist alles andere als ein kluger Schachzug – eher ein Armutszeugnis, das den eigenen (noch verbliebenen) Mitgliedern und Wählern gehörig vor den Kopf stößt.
Was also tun, als Apothekerin oder Apotheker in der FDP? Grinsen, ducken und wegrennen oder bleiben und hoffen auf nachfolgende Parteivorsitzende mit weniger provinziellem Einschlag.
Dieser Meinungsbeitrag wurde erstmals am 10.01.2020 auf DAZ.online unter dem Titel „Die Selbstzerstörung der FDP“ veröffentlicht.
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