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Arzneimittel und Therapie
Irritationen um Ondansetron in der Schwangerschaft
Bei intravenöser Anwendung keine teratogene Wirkung
Ondansetron ist nicht zur Behandlung der Schwangerschaftsübelkeit zugelassen. Dennoch wird der Serotonin-5-HT3-Rezeptor-Antagonist insbesondere in den USA zunehmend off label in dieser Indikation eingesetzt. Welche Folgen die Anwendung des Antiemetikums für das ungeborene Kind haben kann, wurde Ende 2018 im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie von Huybrechts et al. ermittelt (s. DAZ 2019, Nr. 6, S. 35) [1]: Eine orale Therapie mit Ondansetron im ersten Trimenon der Schwangerschaft war mit einem erhöhten Risiko für Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten assoziiert. Die Zulassungsinhaber Ondansetron-haltiger Arzneimittel warnten im Oktober 2019 dann auch in einem Rote-Hand-Brief vor möglichen orofaszialen Fehlbildungen [2].
Weitere Daten analysiert
Nun hat die Gruppe um Krista L. Huybrechts analysiert, wie es um das Risiko bei intravenöser Anwendung von Ondansetron bestellt ist [3]. Dazu wurden Daten von fast 1,9 Millionen Schwangerschaften ausgewertet, bei denen in 23.877 Fällen im ersten Schwangerschaftsdrittel mindestens eine Ondansetron-Injektion verabreicht worden war. Eine Assoziation mit Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten oder sonstigen angeborenen Fehlbildungen konnte nicht festgestellt werden. Die Studienautoren folgern aus diesen Ergebnissen, dass Ondansetron wohl doch keinen „starken“ teratogenen Einfluss hat.
Was ist von diesen Ergebnissen zu halten? Ist das Risiko doch nicht so hoch wie zunächst vermutet? Darüber haben wir uns mit Priv.-Doz. Dr. Katarina Dathe, Leiterin des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, unterhalten. Auch sie verfolgt die veröffentlichten Studienergebnisse und Diskussion zu Ondansetron mit Interesse. Die Ergebnisse der Studie zur oralen Anwendung wurden von den Embryotox-Mitarbeitern bereits bei deren Veröffentlichung im Jahr 2018 kritisch beäugt. Wie alle retrospektiven Datenerhebungen ist auch diese Auswertung von Rezepteinlösedaten mit Unsicherheiten behaftet. Beispielsweise lässt die Tatsache, dass ein bestimmtes Medikament verordnet wurde, keine sicheren Rückschlüsse darauf zu, ob das Arzneimittel auch wirklich eingenommen wurde. Dass die Ergebnisse der beiden Analysen zur oralen und intravenösen Anwendung nicht konsistent sind, ist für Dathe nicht unbedingt überraschend. Zwar lasse sich ein erhöhtes Risiko für Gaumenspalten unter Ondansetron nach der aktuellen Evidenzlage nicht ausschließen, ob der Serotonin-5-HT3-Rezeptor-Antagonist nun aber tatsächlich ein substanzielles teratogenes Risiko aufweist, sei derzeit nicht abschließend geklärt. Wie Dathe betont, ist Ondansetron nach Einschätzung des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie ohnehin kein Mittel der Wahl zur Behandlung von Schwangerschaftsübelkeit, sondern lediglich eine Reserveoption bei Versagen von etablierten Antiemetika. |
Literatur
[1] Huybrechts KF et al. Association of maternal first-trimester ondansetron use with cardiac malformations and oral clefts in offspring. JAMA 2018;320(23):2429-2437
[2] Rote-Hand-Brief zu Ondansetron: Erhöhtes Risiko orofaszialer Fehlbildungen bei der Anwendung im ersten Trimenon der Schwangerschaft. 1. Oktober 2019; www.bfarm.de
[3] Huybrechts KF et al. Intravenous Ondansetron in Pregnancy and Risk of Congenital Malformations. JAMA 2019; doi:10.1001/jama.2019.18587
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