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Bundestag stellt Weichen fürs eRezept

DAV: Berliner eRezept-Projekt wird ausgeweitet – es soll auch der Gematik Erkenntnisse liefern

ks | Der Bundestag hat am 3. Juli das Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) verabschiedet. Wenn der Bundesrat im Herbst grünes Licht gibt, ist der Weg frei für die digitale Gesundheitswelt mit elektronischer Gesundheitsakte und elektronischem Rezept. Flankiert wird das eRezept von einem Beeinflussungs- und ­Makelverbot. Die ABDA begrüßt die neuen Regelungen – sieht aber noch ein entscheidendes Manko.

Mit dem PDSG wird das Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gründlich überarbeitet. Es bekommt unter anderem ein ganz neues, ausführliches Kapitel 11 mit dem Titel „Telematikinfrastruktur“ (TI). Der bisherige gesetzliche Rahmen wird erheblich ausgeweitet. Neben den Grundlagen der TI werden auch ihre Anwendungen geregelt. Dies ist vor allem die elektronische Patientenakte (ePA), die die Kassen ihren Versicherten ab dem kommenden Jahr anbieten müssen. Sie gilt als das „Herzstück“ des PDSG. Gefüllt werden soll die ePA ab 2021 z. B. mit Befunden, Arztberichten, Röntgenbildern, Impf- und Mutterpass und dem Zahnbonus-Heft. Ab 2022 haben Patienten ihrerseits einen Anspruch, dass Ärzte die Patientendaten dort eintragen. Versicherte können überdies von Apothekern verlangen, sie zu unterstützen, wenn es darum geht, die ePA mit arzneimittelbezogenen Daten zu speisen – eine Aufgabe, die auch dem pharmazeutischen Personal übertragen werden kann. Dafür soll es auch eine Vergütung geben. Die Details hierzu sind jedoch zunächst vom GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) zu klären.

Gezwungen werde niemand zur Nutzung der ePA, betonen Vertreter der Großen Koalition. Die Versicherten können selbst entscheiden, ob sie sie nutzen wollen oder nicht. Allerdings wird es im Jahr 2021 zunächst nur möglich sein, die Akte insgesamt gegenüber Leistungserbringern freizugeben. Erst 2022 sollen Versicherte eine Auswahl treffen können, in welche Daten sie Einsicht gewähren möchten.

eRezept und App – wirklich sicher vor Datenkraken?

Für Apotheken wichtig sind vor allem die Regelungen zum eRezept sowie zum elektronischen Medikationsplan. Künftig sollen Rezepte aufs Smartphone geladen und in der vom Patienten gewählten Apotheke eingelöst werden können. Die dazu nötige App soll als Teil der TI im Laufe des Jahres 2021 zur Verfügung stehen. Sie wird von der Gematik entwickelt und bietet auch Schnittstellen für andere Apps an. Die elektronische Verordnung von Rx-Arzneimitteln in der TI wird verpflichtend ab dem 1. Januar 2022 vorgegeben – dabei sind zunächst noch Ausnahmen vorgesehen. Auch das grüne Rezept soll es künftig elektronisch geben. Die Versicherten können wählen, ob ihnen die Zugriffsdaten für die Verordnung digital oder über einen Code in Papierform zur Verfügung gestellt werden.

Zudem ist nun im SGB V und dem Apothekengesetz (§ 11) vorgesehen, dass weder Vertragsärzte noch Kranken­kassen oder gar Dritte Patienten bei der Apothekenwahl beeinflussen dürfen. DAV-Vorsitzender Fritz Becker erklärte, dass nun zwar richtigerweise de jure das Makeln von eRezepten durch Dritte verboten sei. De facto würden aber Schnittstellen zugelassen, „über die sich Handelsriesen und Datenkraken in den Transportweg des Rezepts einschalten und den Patienten beeinflussen können“. Becker: „Medikationsdaten sollten grundsätzlich erst nach dem Einlösen des eRezepts in einer Apotheke in andere Anwendungen übernommen werden können.“ Die Web-App des DAV setze hierfür eine Benchmark. Er verweist auf das seit Ende 2019 laufende Berliner Pilotprojekt zum eRezept. Hier sehe man, dass eine bundeseinheitliche Smartphone-App das eRezept werbe- und einflussfrei für alle Patienten transportieren und verwalten könne. Das vom BMG geförderte Projekt startet nun in Phase II: Es wird von Berlin nach Brandenburg ausgedehnt und technisch erweitert, berichtet der DAV. Waren in Phase I etwa zehn Ärzte, rund 30 Apotheken und eine Krankenkasse angebunden, sollen es in Phase II jeweils knapp 100 Ärzte und Apotheken sowie mehrere Kassen werden. In Phase I wurden laut DAV mehr als 100 eRezepte ausgestellt. Der DAV ist überzeugt: Das auf Basis seiner App laufende Vorhaben wird wichtige Erkenntnisse für die Erstellung der eRezept-App durch die Gematik liefern. |

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