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DAZ aktuell
„Wir tragen die Idee ja auch prinzipiell mit“
Im Entwurf, den Hanke seinen Kollegen vorab zukommen ließ, heißt es: „Nachdem Minister Spahn die Rolle der Vor-Ort-Apotheken in Zeiten der Corona-Krise zu Recht gelobt hat, bitten wir ihn über seinen Schatten zu springen und klare Regeln für eine sinnvolle Versorgung der deutschen Bevölkerung auch nach Corona vorzugeben.“
Pirmin Burth, Filialleiter der Staufen Apotheke in Wangen im Allgäu, verfasste zusammen mit Kollegen aus dem Wahlbezirk Südwürttemberg einen Änderungsantrag: Adressiert werden sollte die Resolution an den ABDA-Vorstand und nicht an den Gesetzgeber. In der Diskussion um die Resolution des Präsidenten gab es aber auch weitere Kritikpunkte. Wir haben uns mit Burth über die Hintergründe unterhalten.
DAZ: Herr Burth, hat Sie der Vorstoß von Dr. Günther Hanke überrascht, per Resolution wieder das Rx-Versandverbot zu fordern?
Burth: Ich war wirklich sehr überrascht – in vielerlei Hinsicht. Die Resolution wurde uns Delegierten einige Tage vor der Vertreterversammlung übermittelt. Allein diese Aktion und auch die Tatsache, dass man sich als Landesapothekerkammer wieder öffentlich für das Rx-Versandverbot einsetzt, zeigen eine gewisse Streitlust gegenüber dem ABDA-Vorstand.
DAZ: Hatten Sie im Vorfeld zur Versammlung Kontakt mit Herrn Hanke?
Burth: Unmittelbar nach Erhalt habe ich mich an die Kammer gewandt und gefragt, wie es zur Abweichung von der offiziellen ABDA-Linie kam. Herr Dr. Hanke hat mir geantwortet, dass Baden-Württemberg durchaus seine eigene, von Berlin unabhängige Meinung vertreten könne. Er betonte ebenfalls, dass das Rx-Versandverbot die sauberste Lösung sei, allerdings der politische Wille bei Herrn Spahn nicht zu erkennen wäre. Dies sind alles Punkte, die auch ich uneingeschränkt teile, weswegen ich ein Statement aus Baden-Württemberg begrüßt hätte.
DAZ: Die Initiative schien ja tatsächlich nur vom Kammerpräsidenten auszugehen. Hätte sich Herr Hanke im Vorfeld mehr Unterstützer innerhalb der Vertreterversammlung suchen sollen?
Burth: Mein Eindruck war, dass er sich seiner Sache wirklich sehr sicher war. Gleichzeitig ging er auch davon aus, dass die Mehrzahl der Delegierten die Resolution so mittragen wird. Das stimmt auch: Wir tragen die Idee ja auch prinzipiell mit. Als Apotheker in der öffentlichen Apotheke wird man uneingeschränkt für das Rx-Versandverbot votieren. Es wäre gut, wenn wir es hätten. Da sind wir uns alle einig. Es ist schade, dass Herr Hanke die Resolution ohne eine Abstimmung zurückgezogen hat. Das war leider wohl auch dem Format als Web-Vertreterversammlung geschuldet – eine wirkliche Diskussion war schwierig und die Stimmungslage im virtuellen Raum für Herrn Hanke als Präsident quasi nicht zu erfassen.
DAZ: Sie hatten sich zusammen mit einigen anderen Delegierten aus Südwürttemberg zusammengetan und in einem Änderungsantrag zwei wichtige Stellen in Hankes Resolution kritisiert und korrigieren wollen. Einmal ging es um den Adressaten der Resolution, das andere Mal um die Formulierung bezüglich des VOASG. Erläutern Sie das bitte genauer.
Burth: Wir sind davon überzeugt, dass es aktuell keinen Sinn macht und sogar kontraproduktiv sein könnte, wenn man solch einen Appell an den Bundesgesetzgeber richtet. Es gibt einen Beschluss der ABDA-Mitgliederversammlung von Anfang 2019 und einen Leitantrag vom letzten Deutschen Apothekertag, in dem der ABDA-Vorstand aufgefordert wird, das Gesetzgebungsverfahren zum VOASG konstruktiv-kritisch zu begleiten. Genau diesen Auftrag muss man allen Verantwortlichen nochmal aktiv ins Gedächtnis rufen. Daher sollte sich solch eine Resolution besser an den ABDA-Vorstand richten als an die Politik.
DAZ: Stichwort „Geschäftsführender Vorstand der ABDA“: Dort befinden sich mit Ursula Funke und Thomas Benkert ja selbst zwei Kammerpräsidenten, die in ihren Ländern Resolutionen aufgestellt haben, die sich an den Bundesgesetzgeber richten. Warum sollte sich ein Appell aus Baden-Württemberg dann an den Geschäftsführenden Vorstand der ABDA wenden?
Burth: Weil man hier ganz klar differenzieren muss. Einerseits existiert mit Jens Spahn ein Minister, der das Rx-Versandverbot nicht will. Spahn führt seine Gespräche mit der EU-Kommission in Brüssel bezüglich seiner geplanten Rx-Boni-Regelung. Das ist sein Angebot. Darauf haben wir Apotheker uns – unter Vorbehalt – auch eingelassen. Nun hat sich die Entwicklung aber durch Corona unabsehbar verzögert und der Politik ist zum Teil bewusst geworden, welche Bedeutung die Vor-Ort-Apotheken in der Krise haben. Daher muss der ABDA-Vorstand wieder aktiv werden und in Verhandlungen mit dem Ministerium treten.
DAZ: Meinen Sie, diese Vorgehensweise ist von Erfolg gekrönt?
Burth: Fest steht, dass innerhalb des Berufsstandes viel mehr kommuniziert werden muss. Konkret sollten vom ABDA-Vorstand rechtzeitig Signale kommen, wohin sich ein politischer Prozess entwickelt, wie man die Lage einschätzt und weshalb eventuell eine Kurskorrektur nötig ist. Dieser Austausch fand in dieser Form überhaupt nicht statt. Die Hinterzimmer-Gespräche zwischen ADBA-Vorstand und Spahn sind dafür ein gutes Beispiel. Daher wollten wir die Resolution an den Geschäftsführenden Vorstand der ABDA richten.
DAZ: In der Vertreterversammlung Baden-Württemberg wurde ja auch argumentiert, aktuell wäre es der falsche Zeitpunkt und man solle dem ganzen Verfahren noch mehr Zeit geben. Wir befinden uns jetzt kurz vor der politischen Sommerpause, in fast einem Jahr stehen wieder Bundestagswahlen an. Wann sollte in Berlin spätestens die Stimme der Apotheker wahrgenommen werden?
Burth: Das EuGH-Urteil zur Gleichpreisigkeit im Rx-Bereich wird bald vier Jahre alt. Es gibt einen Beschluss der ABDA-Mitgliederversammlung und einen klaren Auftrag vom Deutschen Apothekertag aus dem letzten Jahr. Die Corona-Krise hat zu einer unabsehbaren Verzögerung geführt. Natürlich frustriert das Ganze, aber dieser Weg muss jetzt mit Nachdruck weitergegangen werden.
DAZ: Herr Burth, vielen Dank für das Gespräch. |
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