Pandemie Spezial

Corona-Ticker

Neuigkeiten zu SARS-CoV-2 in Kürze

mab | Seitdem der Ausbruch des Coronavirus in Wuhan/China bekannt geworden ist und sich zu einer Pandemie ausgeweitet hat, überschlagen sich die Meldungen. Täglich ergeben sich neue Erkenntnisse zu Übertragung, Verlauf und Behandlungsoptionen des Virus.

Wir sichten regelmäßig die Informationsflut und haben wichtige Mitteilungen und neue Erkenntnisse der letzten Wochen zusammengefasst:

FDA und WHO rudern zurück

Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat die Notfallzulassung von Chloroquin und Hydroxychloroquin für die Behandlung von COVID-19 zurückgezogen. Die bei solchen Sonderzulassungen notwendigen begleitenden Untersuchungen haben laut Mitteilung der FDA gezeigt, dass beide Wirkstoffe wahrscheinlich nicht effektiv in der Behandlung von COVID-19 sind. Am 28. März 2020 hatte die FDA die Ausnahmegenehmigung der beiden Arzneistoffe befürwortet. Zuvor waren mehrere Studien aus China und Frankreich zu dem Ergebnis gekommen, dass die beiden Antimalariamittel nicht nur in vitro auf SARS-CoV-2 wirken, sondern auch in der Behandlung von COVID-19 hilfreich sein könnten. Inzwischen wurden jedoch neue Daten veröffentlicht, die auf erhebliche Nebenwirkungen, vor allem Herzrhythmusstörungen, mit gleichzeitig erhöhtem Sterberisiko ohne signifikante Verbesserung der SARS-CoV-2-­Infektion hingewiesen haben. Auch die letzte durchgeführte Studie zur Postexpositionsprophylaxe mit Hydroxychloroquin konnte keinen Nutzen zeigen. Inzwischen hat auch die Weltgesundheitsorganisation WHO bekannt gegeben, dass sie den Studienarm ihrer SOLIDARITY-Studie, bei dem Hydroxychloroquin in der Behandlung gegen COVID-19 getestet wurde, endgültig einstellt. [Mitteilung der FDA, www.fda.gov/media/138945/download]

Grafiken: GEMINI – stock.adobe.com

Diabetes durch SARS-CoV-2?

Dass ein bestehender Diabetes mellitus ein Risikofaktor für einen schweren COVID-19-Verlauf ist, dürfte inzwischen bekannt sein. Möglicherweise könnte SARS-CoV-2 aber auch einen bisher nicht bestehenden Diabetes mellitus auslösen. Forscher haben festgestellt, dass bei schweren COVID-19-Verläufen häufiger neue Diabetes-Erkrankungen aufgetreten sind. Auch schwere metabolische Entgleisungen einschließlich Ketoazidosen konnten festgestellt werden. Um herauszufinden, ob es sich hierbei möglicherweise um einen neuen Typ des Diabetes mellitus handelt und wie häufig schwere Ketoazidosen bei COVID-19-Patienten auftreten, wurde jetzt ein internationales Register gegründet, in dem solche Fälle gemeldet werden können. Bereits während der SARS-Epidemie 2002 waren ähnliche Befunde auffällig. Angiotensin Converting Enzym 2, das SARS-CoV-2 als Eintrittspforte in die Zelle dient, wird vorwiegend in metabolischen Organen und Geweben, unter anderem auch dem Pankreasgewebe, exprimiert. Chinesische Forscher gehen davon aus, dass die Betazellen des Pankreas während einer COVID-19-Erkrankung stark geschädigt werden, und vermuten dies als mögliche Ursache der Glucosespiegel-Entgleisungen. Noch ist unklar, ob der Diabetes mellitus nach überstandener COVID-19-Erkrankung persistiert oder nicht. [Rubino F et al. NEJM 2020. doi: 10.1056/NEJMc2018688]

Pangoline in der traditionellen chinesischen Medizin

Die Schuppen der Pangoline, auch Schuppentiere genannt, werden zukünftig nicht mehr im chinesischen Arzneibuch 2020 zu finden sein. Traditionell werden sie in der chinesischen Medizin verwendet, um die Durchblutung anzuregen, Stagnationen zu beseitigen und Entzündungen zu lindern. Den vom Aussterben bedrohten Tieren wurde im Februar 2020 nachgesagt, Zwischenwirt von SARS-CoV-2 zu sein. Inzwischen gehen die Forscher jedoch davon aus, dass Fledermäuse als wahrscheinlichste Ursprungsquelle des Virus infrage kommen. [Meldung der „Global Times“, www.globaltimes.cn/content/1191044.shtml]

Virus mag es heiß und feucht

Der Sommer hält Einzug in Deutschland. Damit keimt bei vielen auch die Hoffnung auf, dass bei höheren Temperaturen SARS-CoV-2 weniger infektiös sein könnte. Dies konnte eine Studie von Bochumer Forschern, die die Stabilität des Virus bei unterschiedlichen Oberflächen-Temperaturen untersucht haben, zumindest in diesem Punkt nicht bestätigen. Man geht zwar davon aus, dass das Virus sich vorwiegend über Tröpfchen und Aerosole verbreitet, eine Übertragung über Oberflächen ist jedoch noch immer nicht komplett ausgeschlossen. Die Wissenschaftler haben die Halbwertszeit von SARS-CoV-2 bei vier Grad Celsius, Raumtemperatur und 30 Grad Celsius analysiert. Dabei war die Halbwertszeit bei der hohen Temperatur mit 17,9 Stunden im Vergleich zu 12,9 Stunden (Kühlschranktemperatur) und 9,1 Stunden bei Raumtemperatur am längsten. SARS-CoV-2 bevorzugt feuchtes Milieu. So konnte fest­gestellt werden, dass innerhalb der ersten Stunde die Infektiosität des Virus auf trockener Oberfläche um das 100-Fache gesunken ist, danach jedoch deutlich langsamer. Die Faktoren Luftfeuchtigkeit und UV-Licht, die mög­licherweise im Sommer ebenfalls die Stabilität des Virus beeinflussen, wurden nicht getestet. [Kratzel A et al. Journal of Infection 2020. doi:10.1101/2020.03.26.20044529]

Meldepflicht für Haustiere

Bisher gibt es keinen Hinweis darauf, dass Tiere SARS-CoV-2 auf Menschen übertragen können. Allerdings können Hauskatzen und Frettchen Virus­träger sein, Hunde scheinen weniger betroffen zu sein. Laut der „Zeit“ plant Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) eine einheitliche Meldepflicht von COVID-19-Erkrankungen bei Haustieren. Man verspricht sich von der Regelung, mehr Informationen über das Virus und dessen Verbreitung zu bekommen. Eine pauschale Testpflicht von Haustieren soll es jedoch nicht geben. Bei positivem SARS-CoV-2-Nachweis müssen Tierärzte den Befund an das Friedrich-Löffler-Institut (FLI), welches auf Tierseuchen spezialisiert ist, melden. Insgesamt wird diese Regelung, die am 3. Juli 2020 im Bunderat verabschiedet werden soll, etwa 31 Millionen Haustiere in Deutschland betreffen.

Bitte Deckel schließen!

Das Coronavirus wird vermutlich über Tröpfchen und Aerosole übertragen. Aber auch im Stuhl einiger COVID-19-Patienten konnten Virusnukleinsäuren detektiert werden. Beim Spülen einer Toilette könnte es daher theoretisch möglich sein, dass virusbelastetes Aerosol aufgewirbelt und von anderen Menschen eingeatmet wird. Eine Forschergruppe aus China hat sich dieser Frage angenommen und mittels Computermodellen versucht, die Wasser- und Luftströmungen nachzuverfolgen, die beim Spülen einer üblichen Siphon-Toilette zustande kommen. Durch die beim Spülen entstehenden Turbulenzen wurden Aerosolpartikel mit hoher Geschwindigkeit bis zu einer Höhe von einem Meter über dem Boden aufgewirbelt. Dabei können die winzig kleinen Tröpfchen mehr als eine Minute lang in der Luft verweilen und von Menschen eingeatmet werden. Um dies zu verhindern, empfehlen die Forscher, den Toilettendeckel vor dem Spülvorgang zu schließen. [Li Y et al. Physics of fluids 2020. doi:10.1063/5.0013318]

Zweiter deutscher Impfstoffkandidat im Test

Nach BioNTech hat das zweite deutsche Unternehmen CureVac zusammen mit dem Paul-Ehrlich-Institut bekannt gegeben, dass es mit der klinischen Prüfung eines Impfstoffes gegen SARS-CoV-2 begonnen hat. Bei dem Impfstoff CVnCoV handelt es sich ebenfalls um einen mRNA-Impfstoff, der nach der Injektion die Produktion von Virusproteinen bewirken soll, auf die der Körper anschließend mit Antikörpern und anderen Abwehrmechanismen reagiert. Bei der Phase-I-Studie nehmen mehr als 100 Personen im Alter von 18 bis 60 Jahren teil. Mittels drei unterschiedlicher Impfdosierungen sollen Erkenntnisse zur Verträglichkeit und zur Dosisfindung des Impfstoffes gewonnen werden. Insgesamt werden die Patienten 15 Monate betreut. Die ersten Ergebnisse der Studie werden für September oder Oktober 2020 erwartet. Sollten diese positive Erkenntnisse zeigen, werden parallel Phase-II- und -III-Studien gestartet. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte vor einigen Tagen bekannt gegeben, CureVac mit 300 Millionen Euro bei der Impfstoff­suche zu unterstützen und knapp ein Viertel der Geschäftsanteile zu übernehmen, wodurch eine mögliche Übernahme aus dem Ausland verhindert werden soll. [Pressemitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts, www.pei.de]

Antikörper-Mix

Bei einer bestehenden SARS-CoV-2-Infektion dauert es in der Regel etwa ein bis zwei Wochen, bis der Körper selbst neutralisierende Antikörper produziert. Bei schweren COVID-19-Verläufen ist das gegebenenfalls zu lange, da die Patienten in dieser Zeitspanne häufig bereits versterben. In der Zwischenzeit werden daher den Patienten häufig monoklonale Antikörper gegen SARS-CoV-2 oder aber auch Rekonvaleszenzplasma von Patienten, die die Infektion bereits überstanden haben, verabreicht. Der große Vorteil von rekombinant gewonnenen Antikörpern liegt darin, dass sie sehr spezifisch gegen das Oberflächenprotein von SARS-CoV-2 wirken. In zwei randomisierten Studien werden jetzt insgesamt 3000 Patienten mit einem Mix aus rekombinanten und humanen Antikörpern behandelt. Auf diesem Weg soll neben einer hochwirksamen Therapie von COVID-19 auch ein reduziertes Muta­tionsrisiko, das eine verminderte Wirksamkeit der Antikörper mit sich bringt, erzielt werden. Mit dem Antikörper-Mix sollen sowohl ambulante, aber auch hospitalisierte Patienten behandelt werden. Dabei sollte die Antikörpertherapie möglichst früh nach Diagnosestellung begonnen werden, um den bestmöglichen Therapieeffekt zu erzielen. [Hansen J et al. Science 2020. doi: 10.1126/science.abd0827]

Abwasserproben decken auf

Offiziell hatte die Corona-Pandemie in Italien Mitte Februar 2020 begonnen. Jetzt wurde in Abwasserproben von ­Dezember 2019 genetisches Material von SARS-CoV-2 nachgewiesen. Dies deutet auf einen wesentlich früheren Ausbruch der Pandemie hin als bisher angenommen. Auch in Frankreich ­wurden ähnliche Funde gemacht (s. Seite 22). [www.tagesschau.de/ausland/italien-corona-abwasser-101.html] |

 

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