Arzneimittel und Therapie

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Wie sicher ist oral eingenommenes Fluconazol in der Schwangerschaft?

Vaginale Pilzinfektionen in der Schwangerschaft sind keine Seltenheit. Aufgrund der einfachen Anwendung wird immer mehr Frauen oral eingenommenes Fluconazol verordnet. In der Vergangenheit wiesen Fallberichte und Ergebnisse aus Tierversuche auf eine mögliche teratogene Wirkung hin. Eine neue Harvard-Studie hat das Risiko für Fehlbildungen nach oral appliziertem Fluconazol im ersten Trimester untersucht.

Viele Frauen leiden während der Schwangerschaft an vaginalen Pilzinfektionen. Diese normalerweise unkomplizierten Infektionen mit Hefepilzen können topisch mit Vaginaltabletten oder -zäpfchen und Creme über mehrere Tage oder mit einer einmaligen oralen Dosis von 150 mg Fluconazol behandelt werden. Obwohl die Topika rezeptfrei erhältlich sind, scheint ein wachsender Anteil von Patientinnen die orale Behandlung in Anspruch zu nehmen. Um die Sicherheit dieser Therapie in der Schwangerschaft genauer zu analysieren, haben Forscher der Universität Harvard die Versorgungsdaten des US-amerikanischen Krankenversicherungsprogramms Medicaid aus 14 Jahren ausgewertet.

Oral versus lokal

Dabei verglichen sie die Häufigkeit von Fehlbildungen bei Kindern von Frauen, die während des ersten Trimesters Fluconazol einnahmen, und bei Kindern, deren Mütter stattdessen mit topischen Antimykotika behandelt worden waren. Betrachtet wurde in erster Linie das Auftreten von Gaumenspalten, kardialer und muskuloskelettaler Fehlbildungen. Daten zu 37.650 Schwangerschaften unter oralem Fluconazol und zu 82.090 Schwangerschaften unter topischen Azolen wurden analysiert. Muskuloskelettale Fehlbildungen wurden in 52,1 Fällen pro 10.000 Schwangerschaften unter oralem Fluconazol und 37,3 Fällen unter topischer Behandlung gefunden. Wurden andere Risikofaktoren mit berücksichtigt, lag das relative Risiko unter oraler Therapie im Vergleich zur lokalen Therapie bei 1,3 (12,2 Fälle pro 10.000 Schwangerschaften).

Und was sagt ­Embryotox dazu?

Bei Arzneimittelfragen in der Schwangerschaft wird häufig das Online-Portal www.embryotox.de zu Rate gezogen. Frau Dr. Stephanie Padberg arbeitet am Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie (Embryotox) der Charité Berlin und hat sich zu der Havard Studie geäußert. Laut medscape stuft sie ein relatives Risiko unter 1,5 als recht gering ein und meint, dass das Ergebnis der Studie zumindest mit Daten anderer Studien bestätigt werden sollte. Die Bewertung von Fluconazol bei Embryotox werde sich durch die Studie nicht ändern.

Wesentlich seltener waren den Auswurfstrakt betreffende (konotrunkale) Fehlbildungen des Herzens. Nach einer oralen Fluconazoltherapie traten durchschnittlich 9,6 Fälle pro 10.000 Schwangerschaften auf und nach topischer Azoltherapie 8,3 Fälle. Unter Berücksichtigung weiterer Risikofaktoren war das relative Risiko um 4% oder 0,37 Fälle pro 10.000 Schwangerschaften erhöht.

Gaumenspalten traten durchschnittlich in 9,3 Fällen (oral) bzw. 10,6 Fällen (topisch) pro 10.000 Schwangerschaften auf. Damit senkte Fluconazol rechnerisch das Risiko von Gaumenspalten sogar unter das Niveau der Kontrollgruppe ohne Azoltherapie (11,8 Fälle). Allerdings gehen die Forscher davon aus, dass es sich hier um eine zufällige Beobachtung aufgrund der insgesamt niedrigen Rate an Gaumenspalten in der Kohorte handelt. In den sekundären Endpunkten Gesamtrate angeborener Fehlbildungen und Gesamtrate kardialer Fehlbildungen gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen topischer und oraler Behandlung.

Risiko steigt mit Dosis

Außerdem wurde in der Studie untersucht, inwieweit sich das Risiko für Fehlbildungen mit steigender Dosierung von oralem Fluconazol verändert. Es konnte festgestellt werden, dass ­höhere Dosen das Risiko für muskulo­skelettale Fehlbildungen steigerten. Bei Gesamtdosen bis 450 mg war die Wahrscheinlichkeit um 30% höher als in der Topika-Gruppe. Wenn höhere Gesamtdosen betrachtet wurden, war das relative Risiko für diese Fehlbildungen dagegen fast verdoppelt. Diese Beobachtung passt zu Fallberichten über Fehlbildungen bei hohen Fluconazoldosen, die bereits 2011 Anlass zu den ersten Warnungen der FDA gaben. Das in anderen Studien berichtete erhöhte Risiko für kardiale Fehlbildungen oder Gaumenspalten konnte in üblichen therapeutischen Dosen jedoch nicht bestätigt werden.

Die Forscher empfehlen, bei Vaginalmykosen in der Schwangerschaft bevorzugt topische Antimykotika einzusetzen. Orales Fluconazol sollte im ersten Trimester, besonders in höheren Dosierungen, nur nach vorsichtiger Abwägung verordnet werden. |

Literatur

Zhu Y et al. Oral fluconazole use in the first trimester and risk of congenital malformations: population based cohort study. BMJ, 27. März 2020

Apothekerin Sarah Katzemich

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