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Alternative Formate mit neuem Namen?
Kontroverse Positionen zu virtuellem Apothekertag
Der Gesamtvorstand der ABDA hatte Ende Mai in einer Videokonferenz ohne Gegenstimmen beschlossen, den Deutschen Apothekertag (DAT) 2020 abzusagen. Dies betrifft sowohl die geplante Präsenzveranstaltung in München als auch eine denkbare virtuelle Alternative.
Siemsen: Alternativen, aber kein virtueller DAT
Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, erklärte gegenüber der DAZ, warum er für diese Absage gestimmt hat. Eine Präsenzveranstaltung sei für ihn wegen des Infektionsrisikos nicht infrage gekommen, aber „eine virtuelle Alternativveranstaltung haben wir ausgiebig diskutiert“. Doch der Apothekertag lebe von den Diskussionen in der Hauptversammlung. Dies sei mit etwa 400 Teilnehmern in einer virtuellen Form nicht gleichberechtigt und barrierefrei zu leisten und „die Beschränkung der Zahl der Diskussionsteilnehmer oder gar der Delegierten würde dem Sinn des DAT deutlich entgegenstehen“, erklärte Siemsen und verwies auf eine andere Möglichkeit: Gerne könne an einem anderen Termin unter einem anderen Titel eine virtuelle Veranstaltung zu berufspolitischen oder anderen Themen stattfinden. „Hier sind dann die Erwartungen der Teilnehmer nicht durch die jahrzehntelange Praxis des DAT begründet, sondern dem Rahmen einer Videokonferenz angepasst“, erläuterte Siemsen.
Dass eine Präsenzveranstaltung nicht in Betracht kommt, ist offenbar allgemeiner Konsens. Die Einschätzung, dass ein DAT auch nicht virtuell abgehalten werden kann, ist ebenfalls verbreitet. In diesem Sinne äußerten sich beispielsweise auch Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, und Ursula Funke, Präsidentin der Apothekerkammer Hessen, gegenüber der AZ (siehe „Ist kein Apothekertag besser als ein digitaler?“, AZ 25).
Nordrheins Sonderweg kein Vorbild für DAT
Dr. Armin Hoffmann, seit September 2019 Kammerpräsident von Nordrhein, sieht eine virtuelle Umsetzung des DAT ebenfalls kritisch. Zu seinem Amtsantritt erklärte Hoffmann zwar damals: „Die ABDA muss sich wieder viel mehr an den Notwendigkeiten vor Ort ausrichten und schauen, was an der Basis passiert. Die politische Arbeit in der ABDA muss dahingehend neu aufgestellt werden.“ Doch dieser Austausch könne und müsse am besten persönlich stattfinden und nicht per Video-Konferenz, sagt Hoffmann nun auf Nachfrage der DAZ. Für seine eigene Delegiertenversammlung in dieser Woche hat sich der Kammerpräsident für einen Sonderweg entschieden: Die Sitzung findet unter Sicherheitsauflagen mit allen Delegierten in einer großen Kölner Veranstaltungshalle statt (DAZ 2020, Nr. 24, S. 24). Hoffmann erklärt den Unterschied zwischen seiner Kammerversammlung und dem DAT so: Während die Versammlungen in den Ländern aufgrund ihrer Größe noch organisierbar sind sowie durch die bestehenden Heilberufsgesetze und Kammersatzungen rechtlich vorgegeben seien und mindestens einmal im Jahr stattfinden müssten, wäre der DAT eine berufspolitisch sehr wichtige, aber dennoch Art freiwillige Veranstaltung, die im Angesicht der Gefährdungslage auch ausnahmsweise ausfallen könne. Darüber hinaus sei der DAT aufgrund seiner Größe derzeit nicht realisierbar, was bereits die schwierige Vorbereitung für die kleinere Kammerversammlung in Nordrhein gezeigt habe. Hoffmann hält den Austausch unter den Kollegen in den Länderkammern und -verbänden dagegen aktuell für bedeutender. Eine virtuelle Konferenz auf Bundesebene kann sich der Kammerpräsident unter der Bedingung vorstellen, dass in einem deutlich kleineren Rahmen beispielsweise der ABDA-Gesamtvorstand sich öffentlich standespolitisch austauscht.
Web-DAT für nötige berufspolitische Diskussionen
Eine ganz andere Meinung vertritt dagegen Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein. Preis plädiert für einen DAT als Web-Konferenz, wie er gegenüber der AZ erläutert hat. Gerade im Pandemie-Jahr gebe es viele Forderungen, die jetzt klar formuliert werden sollten, argumentiert Preis. Weitere Aspekte nannte Frank Jaschkowski, Geschäftsführer der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, gegenüber der DAZ. Jaschkowski bedauert die Absage des Deutschen Apothekertages und erklärte: „Man hätte vielleicht über die Zahl der Delegierten oder über das Format sprechen können, um eine Willensbildung zu ermöglichen. Denn wir leben in Zeiten, in denen eine breite Diskussion nötig ist, beispielsweise zur Digitalisierung.“ Die Apotheken müssten derzeit sehr kreativ mit den Herausforderungen der Pandemie umgehen. Daraufhin seien auch andere Formen für den DAT denkbar. Leider sei über mögliche Alternativen nicht öffentlich diskutiert worden.
Im ABDA-Gesamtvorstand wurde zwar über diese Alternativen diskutiert, aber nicht gesondert abgestimmt. Dies berichtete Holger Seyfarth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbands, gegenüber der AZ (s. AZ Nr. 25).
Doch diese Alternativen sind offenbar der entscheidende Punkt in der Kontroverse. Erfahrungen beispielsweise aus medizinischen Fachgesellschaften zeigen, dass sogar internationale Konferenzen mit Tausenden Teilnehmern virtuell stattgefunden haben. Auch dazu werden in der AZ Beispiele angeführt. Dies läuft dann sicher anders ab als ein Apothekertag in der gewohnten Form. Doch wie sollen solche alternativen Formate vermittelt werden? Sollen sie neue Namen erhalten, um keine falschen Erwartungen zu wecken, wie Siemsen argumentiert? Oder sollen die Apotheker den vertrauten Begriff des Apothekertages nutzen, um ihre Botschaften öffentlichkeitswirksam zu transportieren? |
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