Praxis

„Die Kühlkette als Ganzes“

Wie die Schloss Apotheke den Transport temperaturempfindlicher Arzneimittel organisiert

Temperaturempfindliche Arzneimittel, wie zum Beispiel Impfstoffe, können ohne eine durchgängige Kühlung wirkungslos werden. Je weiter der Weg vom Hersteller über Zwischenhändler bis zum einzelnen Patienten ist, desto gefährdeter ist die intakte Kühlkette. Vor diesem Hintergrund hat sich Apotheker Markus Kerckhoff von der Schloss Apotheke in Bergisch Gladbach intensiv mit einem Kühlkettenkonzept für seinen Betrieb beschäftigt.
Foto: Schloss Apotheke, Bergisch Gladbach

Mit dieser Grafik veranschaulicht die Schloss Apotheke ihr Kühlkettenkonzept.

Das Qualitätsmanagement beginnt für Kerckhoff bereits beim Einkauf: „Wir beziehen alle Impfstoffe ausschließlich von Originalherstellern“, so der Apothekeninhaber aus dem nordrhein-westfälischen Bergisch Gladbach. Auf den Importweg, den Graumarkt sowie den Bezug über den nicht eigenen Großhandel verzichtet er dabei. Als Grund gibt Kerckhoff an, dass die Lieferketten des Importweges nicht transparent genug seien und ein Risiko für Arzneimittelfälschungen schafften.

Problem: passive Kühlung

Beim pharmazeutischen Großhandel sieht er das Transportrisiko bei der Verwendung von passiven Kühlsystemen. „Frostnasen“ entstehen, wenn Impfstoffe in Berührung mit gefrorenen Kühlakkus kommen und so kurzfristig zu sehr unterkühlt (teilweise unter 0 °C) werden. Dadurch kann ein Wirkungsverlust entstehen. Hinzu kämen die Annahme von Kühlretouren aus Apotheken und der Weiter- und Wiederverkauf als „Neuware“ durch den Großhandel. Für Kerckhoff fehlt bei diesen beiden Bezugswegen – Import und Großhandel – eine durchgängige und transparente Temperaturdokumentation, mit der eine Be­urteilung der Qualität möglich wäre.

Foto: Thomas Merkenich Fotografie

Ein Datenlogger zur Temperaturerfassung misst fort­laufend die Umgebungstemperatur der Impfstoffe und sendet die Daten an das Erfassungssystem der Schloss Apotheke.

Serialisierung und Dokumentation

Ein weiterer Bestandteil seines Kühlkettenkonzepts ist der Einsatz der Serialisierung für Arzneimittel. Seit 2012 erhält in der Schloss Apotheke jede einzelne Packung beim Wareneingang eine individuelle Seriennummer. Von jedem so entstandenen Unikat werden permanent aktuelle Umgebungs-Temperaturwerte im 5-Minuten-Rhythmus erfasst. So kann zu jeder Impfstoffpackung der gesamte Temperaturverlauf dargestellt werden – die Patienten als Endverbraucher sind damit in der Lage, die Qualität „ihrer” Packungen wirklich zu bewerten.

Foto: Thomas Merkenich Fotografie

Per Seriennummer lassen sich die Temperaturverläufe jedes einzelnen Arzneimittels zurückverfolgen – sowohl für das Apothekenteam als auch für die Patienten.

Das System zur Dokumentation der Temperaturverläufe funktioniert folgendermaßen: Der Datenlogger zur Temperaturerfassung (Temperatur-Logger) misst fortlaufend die Umgebungstemperatur der Impfstoffe und sendet die Daten über ein Funkprotokoll (oder wenn vorhanden per WLAN) an das Erfassungssystem der Apotheke. In Kombination mit der Serialisierung lässt sich so lückenlos dokumentieren, welche Charge bei wie viel Grad gelagert oder transportiert wird.

Transparente Temperaturverläufe

Die erfassten Daten werden als Temperatur-Zeit-Kurve auf den Servern der Schloss Apotheke gespeichert und ausgewertet. Das verwendete System ist international anerkannt und in den USA von der Arzneimittelaufsichts­behörde (FDA) akzeptiert sowie manipulationssicher. Für eine vollständige Transparenz will Kerckhoff in Zukunft sämtliche Temperaturverläufe und Ergebnisse auf der Internetseite seiner Apotheke abrufbar machen.

Die Patienten können dann anhand der Seriennummern ihrer Impfstoff­packungen den gesamten Temperaturverlauf vom Hersteller bis in „ihre Hände“ zurückverfolgen. Erstmalig ist es dadurch möglich, die Kühlkette als Ganzes über den Lebenszyklus einer Packung darzustellen und zu bewerten.

Foto: Thomas Merkenich Fotografie

Der eigene Lieferdienst transportiert die Impfstoffe zu den Arztpraxen.

Praxisbelieferung und Botendienst

Bei der Anlieferung der Waren in der Apotheke lassen sich die Mitarbeiter die Temperaturprotokolle über den gesamten Lieferweg aushändigen. Alle nachfolgenden Prozesse erfolgen im eigens betriebenen Kühlhaus.

Foto: Thomas Merkenich Fotografie

Beim Botendienst dienen Isolierbeutel mit Kühlpads für den Transport über die „allerletzte“ Meile.

Der Transport der Impfstoffe in Praxen und anderen Einrichtungen erfolgt in permanenter Temperaturüberwachung sowie Dokumentation. Dafür setzt die Schloss Apotheke auf eigene Fahrzeuge mit aktiven Kühlkammern sowie auf externe Dienstleister, die sich auf (aktive) Kühltransporte spezialisiert haben. Damit wird die lückenlose Temperaturverfolgung von der Apotheke bis in die Praxis sichergestellt.

Wenn in einigen Fällen – z. B. bei Hausbesuchen von Ärzten oder beim Transport der Impfstoffe durch die Patienten selbst – der Impfstoff die Praxis noch einmal verlassen muss, stellt die Schloss Apotheke einen Isolier­beutel mit Kühlpads zur Verfügung.

Das Kühlkettenkonzept ist Teil der Qualitätszertifizierung nach DIN ISO 9000:2015. Der TÜV Rheinland überprüft dies regelmäßig seit 1998. |

eda/Michael Hatemo

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