DAZ aktuell

Versanderlaubnis umfasst auch lokale Rezeptsammlung und Botendienst

Was bedeutet die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts?

ks | Vergangene Woche hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass eine Apotheke mit Versandhandelserlaubnis in ihrem örtlichen Einzugsbereich Rezepte und OTC-Bestellungen einsammeln darf – auch in einem Supermarkt. Die Arzneimittel darf sie dann durch ihre eigenen Boten ausliefern lassen. Der Anwalt der klagenden Apothekerin, Dr. Morton Douglas, sprach von einem „Erfolg der Vor-Ort-Apotheken“. Andere sehen die Entscheidung nüchterner.

Kann eine von einer Apotheke in einem nahe gelegenen Supermarkt installierte Sammelbox für Rezepte und OTC-Bestellungen von der Versandhandelserlaubnis umfasst sein? Ist es eine erlaubnisfreie Pick-up-Stelle oder handelt es sich um eine nicht genehmigte Rezeptsammelstelle? Darüber hat eine Apothekerin aus Herne seit dem Jahr 2015 mit der Aufsichtsbehörde, der Stadt Herne, gestritten. Die ersten beiden Instanzen bestätigten die Stadt in ihrer Auffassung, es handele sich um eine nicht genehmigte – und auch nicht genehmigungsfähige – Rezeptsammelstelle. Nun hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das letzte Wort. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. Doch in einer Pressemitteilung hat das Gericht bereits klargestellt: Der Versandhandel mit Arzneimitteln umfasst auch das Einsammeln von Rezepten und Botenauslieferungen im Einzugsbereich der Präsenzapotheke (siehe hierzu auch AZ 2020, Nr. 18, S. 1).

Anwalt Douglas sieht das Urteil als Erfolg für die lokal agierenden Apotheken. Sie könnten nun den großen Arzneimittelversendern rechtssicher etwas entgegensetzen – und das mit Nähe zum Kunden. Für EU-Versender oder bundesweit tätige deutsche Versandapotheken bringe das Urteil keine Änderung: Sie hätten seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Pick-up-Stellen in dm-Drogeriemärkten von 2008 ohnehin die Möglichkeit, derartige Einrichtungen zu betreiben. Und besser als das Modell Hüffenhardt sei eine lokale Lösung einer Apotheke vor Ort allemal. Douglas erklärte auch, dass sich aus seiner Sicht die Regelungen zur Rezeptsammlung überholt hätten – spätestens mit der Einführung des E-Rezepts werde § 24 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) gegenstandslos.

Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe nahm die Entscheidung zurückhaltender auf – hier will man erst die schriftlichen Gründe abwarten: „Aus Sicht der AKWL ist das Urteil ebenso überraschend wie befremdlich. Wir haben die Urteilsbegründungen in erster und zweiter Instanz als sachgemäß und stringent empfunden. Sobald die Urteilsbegründung vorliegt, werden wir uns hierzu im Detail äußern“, hieß es auf Nachfrage der DAZ.

BLAK: Rechtlich nachvollziehbar

Ein gewisses Verständnis hat man dagegen bei der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK). Für deren stellvertretenden Geschäftsführer und Justiziar Klaus Laskowski ist die Leipziger Entscheidung rechtlich nachvollziehbar: „Sie bestätigt den seit dem dm-Urteil des Bundesverwaltungs­gerichts so in Bayern praktizierten Vollzug von § 24 ApBetrO seitens der BLAK als hierfür zuständige Stelle.“ Als großen „Erfolg“ für die Apotheke vor Ort will die Kammer das Urteil jedoch nicht bezeichnen – denn so werde primär die vorangehende dm-Entscheidung bestätigt, wonach Arzneimittel faktisch unkontrolliert in beliebigen Drogeriemärkten oder sonstigen Geschäften über Pick-up-Stellen abgegeben werden dürfen. „Verbraucherschutz sieht aus unserer Sicht einfach nach wie vor anders aus. Solange aber solche ‚wilden‘ Abgabestellen für Versandapotheken auch aus dem europäischen Ausland aufgrund der Zulassung des Versandhandels erlaubt bleiben und das Bundesverwaltungsgericht an seiner dm-Entscheidung festhält (statt diese aufzuheben), ist die Entscheidung bei Betrachtung der Gefährdungslage absolut nachvollziehbar“, so Laskowski. Denn das Arzneimittel sei in den Händen des Apothekenpersonals deutlich besser aufgehoben, als in den Händen des Postboten oder eines Supermarkt-Mitarbeiters. „Daher müssen auch solche lokalen Botendienstkonzepte zulässig sein.“

„Als Erfolg für die Apotheke vor Ort“ und auch für Verbraucher und Patienten würde es Laskowski eher sehen, wenn der Botendienst nicht nur zu Zeiten von Corona honoriert wird, sondern generell, wo dies sachlich geboten ist.

Die Auffassung von Douglas, die Vorschrift des § 24 ApBetrO zum Unterhalt von genehmigungspflichtigen Rezeptsammelstellen würde sich nun erübrigen, teilt die BLAK übrigens ebenfalls nicht. Hier gehe es – anders als beim Versandhandel – um eine verbindliche Versorgung der Bevölkerung in abgelegenen Gegenden, was gerade im Flächenstaat Bayern weiterhin seine Berechtigung habe.

Ob das Urteil nun dazu führt, dass Apotheken massenweise Rezeptsammelboxen in Supermärkten aufstellen werden, bleibt abzuwarten. |

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