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Pandemie Spezial
Damit die Luft nicht ausgeht
Was gilt es zu beachten bei der Versorgung von Patienten mit Sauerstoff?
Im klinischen Bereich findet Sauerstoff in den unterschiedlichsten Bereichen Anwendung. Nicht nur im Bereich der Intensivmedizin und Anästhesie ist die Gabe von Sauerstoff Standard, auch bei kleineren Eingriffen und Untersuchungen wird Sauerstoff gegeben. Meist wird er in Krankenhäusern durch Kompressoren aus der Umgebungsluft erzeugt, gereinigt, getrocknet und in ein Leitungsnetz eingespeist. Über die zentrale Gasverteilung verfügen sämtliche Patienten- und Untersuchungzimmer sowie OP-Säle über die Möglichkeit, den Patienten Sauerstoff zu applizieren. Aus Sicherheitsgründen sind die genormten Wandanschlüsse nicht nur farblich gekennzeichnet, sondern auch unterschiedlich geformt. Dadurch ist es mittlerweile unmöglich, ein Gerät, dass bis zu hundert Prozent Sauerstoff abgeben kann, an einen Wandanschluss mit nur 21 Prozent Druckluft anzuschließen. In der Vergangenheit kam es dagegen vereinzelt zu tragischen Zwischenfällen, weil Narkosegeräte falsch angeschlossen waren und es nicht möglich war, den Patienten mehr als 21 Prozent Sauerstoff zu verabreichen.
Bei der Versorgung von Patienten in ihrem häuslichen Umfeld hat Sauerstoff in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, auch bedingt durch die steigende Zahl an Patienten mit Atemwegserkrankungen wie COPD. Teilweise reicht dabei die alleinige Gabe von Sauerstoff über eine Nasenbrille aus – bei einer ventilatorischen Insuffizienz muss zusätzlich noch aktiv beatmet werden, entweder über eine Gesichtsmaske oder via Tracheostoma. Für die Versorgung zu Hause werden Sauerstoffkonzentratoren verwendet, die bis zu 95-prozentigen Sauerstoff erzeugen. Hierbei wird aus der Umgebung Luft angesaugt, komprimiert und der darin enthaltene Stickstoff abgetrennt.
Üblicherweise werden diese Sauerstoffkonzentratoren den Patienten leihweise überlassen und bleiben im Eigentum des Leistungserbringers. Nur noch selten werden Sauerstoffkonzentratoren von Krankenkassen gekauft und dem jeweiligen Patienten überlassen. Die Vergütung des Versorgers durch den Kostenträger erfolgt über eine Pauschale. Da nachgewiesenermaßen der therapeutische Effekt mit der Nutzungsdauer der Sauerstoffapplikation positiv korreliert, sollten die Patienten den Konzentrator sooft wie möglich nutzen. Nachweislich lässt sich die Lebenserwartung und -qualität von COPD-Patienten bei regelmäßiger Gabe von Sauerstoff steigern. Üblicherweise ist die Vergütung des Leistungserbringers an den Nachweis der jährlichen Nutzung gebunden. Da Konzentratoren über einen Betriebsstundenzähler verfügen, lässt sich dies leicht auslesen. Die Mindestnutzung sollte bei ca. 1400 Stunden innerhalb von zwölf Monaten liegen.
Als störend kann von Anwendern bzw. Partnern das Eigengeräusch des Konzentrators empfunden werden. Aufgrund des Stromverbrauchs von bis zu 300 Watt pro Stunde vergüten die Kostenträger die Kosten des Stromverbrauches üblicherweise an den Nutzer zurück. Im Rahmen der Pauschalvergütung ist übrigens auch Verbrauchsmaterial wie Befeuchter, Nasenbrillen oder Schläuche enthalten. Zu beachten ist auch, dass aufgrund der Notwendigkeit der Versorgung ein 24-stündiger Notdienst durch den Versorger sicherzustellen ist. Innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne muss bei einem Defekt des Konzentrators Ersatz gestellt werden. Allein dieser Umstand macht es Apotheken eigentlich unmöglich, an dieser Versorgung zu partizipieren. Denn der Patient müsste im Notfall diejenige Apotheke kontaktieren können (und zwar Tag und Nacht, am Wochenende sowie feiertags), die ihn im Rahmen seiner Sauerstofftherapie betreut.
Auf Reisen bieten die Versorger den Patienten an, Lieferungen von Flüssigsauerstofftanks bis ins (europäische) Ausland durchzuführen. Auch die Betankungen von mobilen Systemen ist zum Teil an Urlaubszielen möglich.
Benötigt der Patient auch unterwegs und nicht nur zu Hause Sauerstoff, kommt dafür der netzgebunde, schwere (15 – 20 kg) und unhandliche Konzentrator nicht infrage. Für die mobile Versorgung gibt es drei Varianten:
Sauerstoffflaschen. Üblich sind hier Flaschen mit einem Volumen von zwei Litern und einem Druck von 200 Bar – insgesant also 400 Liter. Ausgeliefert werden diese Flaschen mit einem Druckminderer und einem sogenannten Sparventil. Dieses hat die Funktion, nur bei der Einatmung Sauerstoff freizugeben, was den Verbrauch stark senkt (bis auf ein Zehntel!) und damit die Mobilität steigert. Sauerstoffflasche, Druckminderer, Sparventil, Tragehilfe (Caddy) und Verbrauchsmaterial wie Nasenbrillen sind Hilfsmittel aus der Produktgruppe 14 (Inhalations- und Atemtherapiegeräte). Je nach Mobilität werden bis zu vier Flaschen pro Monat benötigt. Normalerweise werden diese durch den Versorger einmal monatlich ausgetauscht. Es gibt allerdings auch sogenannte Home-Fill-Stationen, die es dem Patienten ermöglichen, leere Flaschen selbst zu füllen.
Bei einer höheren Mobilität ist es wirtschaftlicher, zu Variante 2 zu wechseln (s. u.). Ein weiterer Grund ist das Eigengewicht der Flaschen, dass eine zusätzliche Anstrengung beim Tragen oder Ziehen durch einen Caddy darstellt. Wechselt man zu kleineren Sauerstoffflaschen, fällt es den Patienten zwar leichter, die Flaschen zu transportieren, allerdings reduziert sich dann auch die Reichweite. Übrigens ist die Frage, wie viel tägliche Mobilität in Stunden die Krankenversicherung bezahlen muss, ein häufiger Streitpunkt zwischen Versicherten und Kostenträger. Hier gibt es zahlreiche und zum Teil sehr unterschiedliche Urteile der Sozialgerichte. Unstrittig ist, dass Kostenträger verpflichtet sind, eine mindestens zweiwöchige Urlaubsversorgung in Deutschland sicherzustellen.
Der Transport von Sauerstoffflaschen unterliegt der Gefahrgutverordnung und wird seit Jahren immer stärker durch Anforderungen und Auflagen reglementiert.
Flüssigsauerstoff. Bei der Verwendung von Flüssigsauerstoff zur mobilen Versorgung wird in der Wohnung des Anwenders ein Flüssigsauerstofftank aufgestellt. Aufgrund der Maße, vergleichbar mit einem Fass, und den Anforderungen an die Sicherheit ist dies allerdings nicht in jedem Haushalt möglich. Von diesem Tank aus kann der Patient seine mobile Versorgungseinheit, den sogenannten Stroller selbst auffüllen. Durch das geringe Eigengewicht des Strollers ist diese Art der mobilen Sauerstoffversorgung komfortabler als die schwereren Sauerstoffflaschen. Diese Art ist mittlerweile die häufigste Versorgungsform mobiler Patienten. Je nach Mobilität wird der Tank mehrmals monatlich vom Versorger getauscht.
Mobile Sauerstoffkonzentratoren. Diese werden wahlweise im Netzbetrieb oder durch Akkus betrieben und können damit sowohl zu Hause als auch unterwegs eingesetzt werden. Es handelt sich um Kompressoren, die aus der Umgebungsluft Sauerstoff auf 90 bis 95 Prozent konzentrieren. Der limitierende Faktor ist nur die Laufdauer des Akkus. Diese kann, je nach Flow, bis zu acht Stunden betragen. Ein Aufladen, z. B. im PKW, ist möglich. Auch auf Flugreisen dürfen kleine Modelle mitgeführt werden.
Ein Sonderfall stellt die Versorgung von Patienten mit Cluster-Kopfschmerz dar. Hier hilft vereinzelt die kurzzeitige Gabe von Sauerstoff mit einem hohen Flow von bis zu zehn Litern pro Minute. Hierzu werden Sauerstoffflaschen mit einem Volumen von mindestens zehn Litern benötigt. Aufgrund des sehr hohen Eigengewichtes ist keine mobile Versorgung möglich.
Auch wenn medizinischer Sauerstoff rechtlich gesehen als ein Arzneimittel einzustufen ist, erfolgt die Abrechnung im Bereich der häuslichen Versorgung ausschließlich über das Gefäß als Hilfsmittel. So werden beispielsweise die gefüllten Sauerstoffflaschen oder Flüssigsauerstofftanks vergütet und nicht der eigentliche Inhalt. Die Aufteilung zwischen Hilfs- und Arzneimittel erfolgt dann kassenintern. |
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