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Klinische Pharmazie
Auf einem guten Weg?
Pharmaziestudierende bewerten den aktuellen Stand der Klinischen Pharmazie
Die Klinische Pharmazie ist seit 2001 ein eigenständiger Teil des Curriculums des Hauptstudiums der Pharmazie und wird im Rahmen des zweiten Staatsexamens als eines von fünf Fächern mündlich geprüft. Trotz der Tatsache, dass das Fach inzwischen seit 18 Jahren gelehrt wird, steht es immer noch auf dem Prüfstand.
Der BPhD befragt daher regelmäßig in Abständen von fünf Jahren seine Mitglieder im „KliPha Check Up“. Dabei werden Daten zu verschiedenen Aspekten der Lehre wie Besetzung der Professuren, Themen des Seminars Klinische Pharmazie und der Zufriedenheit mit der Lehre erfasst.
Dauerthema Professuren
Die Besetzung der Professuren im Bereich Klinische Pharmazie ist seit Jahren ein Dauerthema. Die Standorte Heidelberg, Jena, Regensburg und München stehen gänzlich ohne Professur dar, in Regensburg ist eine in Planung. Der Zustand in Heidelberg, Jena und Regensburg hat sich im Vergleich zu den letzten Befragungen in den Jahren 2014 und 2009 nicht verändert. München besaß zwischenzeitlich eine Professur, die nun aber wieder unbesetzt ist. In Abb. 1 ist die Besetzung der Professuren im Zeitverlauf zu sehen. Der BPhD fordert daher eine baldige Schaffung beziehungsweise Besetzung dieser Stellen, um die Lehre und Forschung in diesem Fach flächendeckend zu gewährleisten.
Erfreulicherweise sind aber auch gegensätzliche Bewegungen zu erkennen: Berlin, Erlangen-Nürnberg und Marburg nennen je eine zusätzliche, an der Klinik tätige Professur ihr Eigen, die einen stärkeren Praxisbezug in die Lehre bringt.
Vernetztes Lehren und Lernen
Die Kurse des Stoffgebietes I der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO), zu dem neben der Klinischen Pharmazie auch andere heilberufliche Kurse wie die Krankheitslehre oder Pharmakologie gehören, verteilen sich an den meisten Standorten sinnvoll und aufeinander aufbauend über das Hauptstudium. Das Seminar Klinische Pharmazie liegt oft in einem oder in beiden der letzten zwei Semester. So wird den Dozierenden die Möglichkeit geboten, das gewonnene Wissen aller Fächer in einem versorgungsorientierten Kontext verknüpft zu lehren. An vielen Universitäten wird dieses vernetzte Lehren und Lernen schon gelebt. Hier dürfen allerdings keine Inselprojekte entstehen, eine derartig konzipierte Lehre sollte an allen Standorten Einzug halten.
Betrachtet man nun genauer die Themen des Seminars, so zeigt die Umfrage, dass fast alle in der AAppO genannten Punkte behandelt werden. Hier ist im Vergleich zu 2009 eine deutliche Verbesserung aus Sicht der Studierenden zu verzeichnen. Die Studierenden wurden anhand einer Liste von Themen, die angelehnt an die AAppO erstellt wurde, gefragt, ob sie der Meinung sind, dass die Lehre zu dem jeweiligen Thema ausreichend ist. 2009 zeigte sich hier noch eher ein verhaltenes Bild. 2019 fühlten sich die Studierenden dagegen gut unterrichtet. Tab. 1 zeigt die Themen nach Gewichtung sortiert beginnend mit dem wichtigsten.
Arzneimittelwechselwirkungen |
Kommunikation Apotheker – Patient |
Medikationsanalyse von aktuellen Patientenfällen |
Dosisanpassung |
Medikationsfehler |
Selbstmedikation |
Pharmazeutische Betreuung spezieller Patientengruppen (bspw. Asthmatiker, Diabetiker) |
Kommunikation Apotheker – Arzt |
Inkompatibilitäten |
Besondere Therapiesysteme (bspw. Inhalatoren) |
Bewertung klinischer Studien |
Compliance (Formen, Ursachen, Folgen) |
Therapeutisches Drug Monitoring (TDM) |
Literaturrecherche |
Laborparameter |
Pharmakovigilanz |
Pharmakogenetik |
Zulassung (Klinische Prüfungen) |
Bearbeitung von Arzneimittelanfragen |
Medizinprodukte |
Spezielle Ernährungsformen (bspw. enteral, parenteral) |
Zytostatikaherstellung |
Bildgebende Verfahren (bspw. Ultraschall, MRT, PET) |
Alternative Heilmethoden |
Arzt-Apotheker-Kommunikation ausbaufähig
Das einzige Thema, welches schlecht bewertet wurde, war die Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker. Hierauf sollte sowohl im Seminar als auch im Rahmen des praktikumsbegleitenden Unterrichts näher eingegangen werden. Dies fordert auch unser Positionspapier zur interprofessionellen Zusammenarbeit, das auf der letzten Bundesverbandstagung in Erlangen abgestimmt wurde.
Zusätzlich wurde die Relevanz der jeweiligen Themen erfragt. Während die meisten als „wichtig“ bis „sehr wichtig“ eingestuft wurden, stuften die Fachschaften nur die alternativen Heilmethoden und die bildgebenden Verfahren als „wenig wichtig“ bis „nicht wichtig“ ein.
Studierende wünschen sich noch mehr Praxisnähe
Abschließend wurde nach Themenvorschlägen und Themen, die schon gelehrt werden, aber nicht auf der Liste zu finden sind, gefragt. Besonders häufig wurde die Tätigkeit als Apotheker auf Station von verschiedenen Standorten genannt. Dieses Thema soll an allen Standorten Einzug ins Curriculum erhalten, nachdem die flächendeckende Implementierung auch auf dem Deutschen Apothekertag 2019 in Düsseldorf beschlossen wurde. Das Ergebnis zeigt, dass auch den Studierenden ein näherer Praxisbezug wichtig ist. Die Themen müssen, wie alle Themen der Lehre, stetig an die Veränderungen in der Berufs- und Forschungswelt angepasst werden.
In den Standards zur universitären Ausbildung im Fach Klinische Pharmazie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) wird darüber hinaus ein direkter Patientenkontakt empfohlen. Aktuell bieten zehn Standorte die Möglichkeit, in ein Klinikum zu gehen, neun hingegen gar keinen Patientenkontakt im Studium. Den Studierenden ist ein Patientenkontakt insbesondere am Krankenbett sehr wichtig, da dies die Chance bietet, das erworbene Wissen in einem praxisnahen Kontext anzuwenden. Hier sollen die Angebote ausgeweitet und bekannter gemacht werden.
Eine andere Möglichkeit des gestärkten Praxisbezuges ist die Einführung einer Trainingsapotheke. Aktuell gibt es an neun der 20 befragten Standorte eine solche, allerdings wurde für sieben dieser Standorte angegeben, dass die Trainingsapotheke regelmäßiger genutzt werden sollte. Beispiele wie Berlin zeigen, dass eine Trainingsapotheke gut in den Lehrplan implementiert werden kann: Hier werden über das Hauptstudium verteilt auf die Kurse zugeschnittene „brown bag“-Analysen angeboten, die eine kontextbezogene Anwendung des erlernten Stoffes bieten. Die Nutzung geschieht auf freiwilliger Basis in der Freizeit oder in Wartezeiten der jeweiligen Praktika. Durch die Anwendung kann Wissen vernetzt werden und bei dem einen oder anderen die Begeisterung für diese Tätigkeit wecken.
Zufriedenheit schwankt, Bewertungen werden eher schlechter
Die Frage, die nun noch offen bleibt ist: Wie zufrieden sind die Studierenden? Im Durchschnitt erhielten die Standorte die Note 2,35 mit einer Standardabweichung von 0,81. Über die Hälfte wurde mit „gut“ oder „sehr gut“ bewertet. Die Daten aus 2009, 2014 und 2019 zeigen aber auch, dass die Zufriedenheit schwankt. 2014 erhielt ein Standort von seinen Studierenden sogar die Note 5. Die Schwankungen verwundern nicht vor dem Hintergrund der natürlicherweise stetig wechselnden Studierendenschaft. Es lässt sich jedoch der Trend erkennen, dass die Bewertung schlechter wird. Lag der Durchschnitt 2009 noch bei 2,2 mit einer Standardabweichung von 1,15, sank er 2014 auf 2,25 mit einer Standardabweichung von 1,12.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass die Klinische Pharmazie auf einem guten Weg ist, auch wenn die Anzahl der Professuren unter der flächendeckenden Besetzung stagniert. Jedem ist klar, dass die Standorte ohne Professur gerade großes Glück haben, dass sie sich auf engagierte Lehrende verlassen können. |
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