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Pandemie Spezial
Schutzmasken im Visier
Womit ist eine Prävention einer SARS-CoV-2-Infektion möglich?
Schutzmasken werden in zwei Gruppen unterteilt (s. Tab.):
(MNS; OP-Masken, chirurgische Masken) sind dünne Masken, die aus einer zwischen zwei Stoffschichten eingebetteten Filterschicht bestehen. Sie sind kein Atemschutz. Der Mund-Nasen-Schutz verringert in erster Linie, dass potenziell infektiöse respiratorische Sekrete des Trägers in die Umgebung gelangen. Da der Mund-Nasen-Schutz nicht dicht anliegt, schützt er nicht ausreichend vor einer luftgetragenen Infektion. Mund und Nase des Trägers können allerdings durch die Maske vor Berührungen durch kontaminierte Hände geschützt werden.
Mund-Nasen-Schutz | Atemschutz | |
---|---|---|
Zweck | Schutz vor Durchdringen von Flüssigkeitsspritzern Schutz anderer vor Tropfen in der Ausatemluft | Partikel- und Aerosol-filtrierend Schutz für die tragende Person vor dem Einatmen kleinster luftgetragener Partikel und Tropfen |
Anleitung erforderlich? | nein | ja, Unterweisung ist für die Schutzwirkung nötig (z. B. kann ein Bart die Schutzwirkung beeinträchtigen) |
Schutzwirkung? | schützt die tragende Person nicht zuverlässig vor einatembaren, luftgetragenen Partikeln und / oder Viren und Bakterien. | filtert bei korrekter Verwendung wenigstens 78% der luftgetragenen Partikel und/oder Viren und Bakterien aus der Atemluft der tragenden Person |
Wie gut dichtet die Maske am Gesicht ab? | dichtet nicht ab | bei korrekter Verwendung minimale Undichtigkeiten (bis zu 2%) beim Einatmen |
Wie lange verwendbar? | Wegwerfprodukt muss nach jedem Einsatz entsorgt werden | je nach Klassifizierung für eine Arbeitsschicht von acht Stunden oder zur Wiederverwendung geeignet (Gebrauchsanleitung beachten) |
Wer prüft die Maske? | Prüfung nach EN 14683, Norm für „Chirurgische Masken“ durch Hersteller Zertifizierung durch Hersteller | Prüfung nach EN 149, Norm für „Partikelfiltrierende Halbmasken“ durch unabhängige Prüfstelle Zertifizierung und Überwachung durch unabhängige Zertifizierungsstelle |
Partikelfiltrierende Halbmasken (filtering face piece, FFP) werden als Atemschutz gegen Aerosole aus festen oder flüssigen Partikeln eingesetzt. Sie sind mit einem nicht auswechselbaren Filtermaterial ausgestattet. Man unterscheidet je nach Rückhaltevermögen des Partikelfilters die Geräteklassen FFP1 (Gesamtleckage maximal 22%), FFP2 (Gesamtleckage maximal 8%) und FFP3 (Gesamtleckage maximal 2%). Eine dicht sitzende FFP2-Maske bietet einen geeigneten Schutz vor infektiösen Aerosolen, einschließlich luftgetragener Viren [1 – 3].
Wann welcher Schutz?
Derzeit stellt sich die Frage, wann welche Maske zur Prävention einer SARS-CoV-2-Infektion getragen werden soll. Dabei unterscheidet man zwischen Maßnahmen bei der Behandlung und Pflege infizierter Patienten und Maßnahmen für die Allgemeinbevölkerung. Im Rahmen der Behandlung und Pflege von Patienten mit einer Infektion durch SARS-CoV-2 spricht das RKI folgende, meist aus Erfahrungen mit anderen Coronaviren wie SARS und MERS abgeleitete Empfehlungen aus (Stand 27. März 2020):
- Personalschutzmaßnahmen: Bei direkter Versorgung von Patienten mit bestätigter oder wahrscheinlicher COVID-19 sollten bevorzugt FFP2-Masken getragen werden (Schutz vor Aerosolen und Tröpfchen). Wenn FFP2-Masken nicht zur Verfügung stehen, soll ein MNS getragen werden (Schutz gegen Tröpfchen). Bei allen Tätigkeiten, die mit Aerosolproduktion einhergehen (z. B. Intubation oder Bronchoskopie), sollen Atemschutzmasken (FFP2 oder darüber hinausgehender Atemschutz) getragen werden.
- Transport des Patienten: Mund-Nasen-Schutz für den Patienten; Atemschutzmaske (FFP2) für das Transportpersonal
- Besucherregelung: mehrlagiger Mund-Nasen-Schutz
- ambulante Versorgung / Arztpraxis (Personal): Tragen der persönlichen Schutzausrüstung je nach Art und Umfang der Exposition. Bei Interventionen, die zur Tröpfchen- oder Aerosolbildung führen, ist ein adäquater Atemschutz (FFP2) erforderlich.
Die Frage, ob das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in der Allgemeinbevölkerung zum Schutz vor akuten respiratorischen Infektionen sinnvoll ist, wird folgendermaßen beantwortet (Stand 23. März 2020):
Wenn sich eine an einer akuten respiratorischen Infektion erkrankte Person im öffentlichen Raum bewegen muss, kann das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes oder einer alternativen, ggf. textilen Barriere im Sinne eines Mund-Nasen-Schutzes durch diese Person sinnvoll sein, um das Risiko einer Ansteckung anderer Personen durch die größtmögliche Zurückhaltung von Tröpfchen, welche beim Husten oder Niesen entstehen, zu verringern (Schutz der Mitmenschen). Dabei ist es wichtig, dass ein Mund-Nasen-Schutz korrekt sitzt (das heißt eng anliegt), bei Durchfeuchtung gewechselt wird, und dass während des Tragens keine (auch keine unbewussten) Manipulationen daran vorgenommen werden.
Hingegen gibt es keine hinreichende Evidenz dafür, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes das Risiko einer Ansteckung für eine gesunde Person, die ihn trägt, signifikant verringert [4].
Achtung Kontaminationsgefahr!
Beim Abnehmen des Mund-Nasen-Schutzes und der FFP-Masken ist darauf zu achten, dass die Außenseite der gebrauchten Maske potenziell erregerhaltig ist und eine Kontamination des Trägers insbesondere im Gesicht (Nase, Mund, Augen) vermieden werden muss, z. B. durch eine vorherige Handschuhdesinfektion. Das gebrauchte Schutzsystem ist in einem verschlossenen Behältnis zu entsorgen, anschließend werden die Hände gewaschen. Zur Wiederverwendung von Mund-Nasen-Schutz und FFP2- und FFP3-Masken in Notfallsituationen (Ausnahmeregelung vorläufig bis zum 31. August 2020) siehe die entsprechenden Vorgaben des RKI [13]. Daher ist der Träger in die besonderen Maßnahmen zur Wiederverwendung gebrauchter Masken zu unterweisen.
Bei der Wiederverwendung von FFP-Masken ist zu beachten, dass die Maske nach dem Absetzen
- trocken an der Luft aufbewahrt werden und nicht in geschlossenen Behältern
- so zwischengelagert wird, dass Kontaminationen der Innenseite der Maske, aber auch Verschleppungen auf andere Oberflächen vermieden werden
- auf einem abgegrenzten Bereich gelagert wird, der für Publikumsverkehr nicht zugänglich ist
- die gebrauchte Maske eindeutig einer Person zuzuordnen ist, um ein Tragen durch andere Personen auszuschließen (z. B. Markieren der Masken am Halteband)
- die Maske nicht mit Desinfektionsmittel gereinigt wird, da dies die Funktionalität der Maske negativ beeinflussen kann
Auch der Ort, an dem die Masken zwischengelagert wurden, ist unmittelbar nach Entnahme der Maske sachgerecht zu desinfizieren! Beim erneuten Anziehen der Maske ist darauf zu achten, dass eine Verschleppung der Erreger von der kontaminierten Außenfläche auf die Innenfläche verhindert wird.
Literatur
Mögliche Maßnahmen zum ressourcenschonenden Einsatz von Mund-Nasen-Schutz (MNS) und FFP-Masken in Einrichtungen des Gesundheitswesens bei Lieferengpässen im Zusammenhang mit der neuartigen Coronavirus-Erkrankung COVID-19 [13]
Ähnliche Empfehlungen werden vom US-Center for Disease Control and Prevention (CDC) und von der WHO ausgesprochen. Menschen, die körperlich gesund sind, sollten nur dann eine Maske tragen, wenn sie sich um eine Person mit Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion kümmern. Erkrankte sollten zum Schutz der Mitmenschen einen Mund-Nasen-Schutz tragen [5, 6]. Die Empfehlungen warnen unisono davor, dass das Tragen einer Maske in Situationen, in denen dies nicht empfohlen ist, ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugt und Hygienemaßnahmen wie die Händedesinfektion möglicherweise vernachlässigt werden. In einer aktuellen Übersicht zum Tragen eines Mundschutzes werden unterschiedliche Vorgaben aus zahlreichen Ländern aufgezeigt. So liegen für Asien klare, differenzierte Empfehlungen pro Mundschutz vor, in Europa und den USA äußert man sich eher zurückhaltend [7].
Ein Mund-Nasen-Schutz für alle?
Die Empfehlung, ein Mund-Nasen-Schutz sei als Eigenschutz gesunder Menschen überflüssig, wird derzeit diskutiert. In Österreich wurde die Maskenpflicht in Supermärkten eingeführt. Der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt befürwortete unlängst das Anfertigen und Tragen einfacher Schutzmasken: „Mein Rat: Besorgen Sie sich einfache Schutzmasken oder basteln Sie sich selbst welche und tragen Sie diese im öffentlichen Raum“. Die einfachen Masken aus Stoff oder anderen Materialien seien zwar nur ein Hilfskonstrukt, „aber sie sind besser als nichts, weil sie die Atemluft filtern.“ Zugleich mahnte der Ärztepräsident dringend, nur einfache Masken zu nutzen, FFP2- oder FFP3-Masken müssten dem medizinischen Personal vorbehalten werden [8]. Die Vorteile eines einfachen Mund-Nasen-Schutzes legte der Virologe Alexander Kekulé folgendermaßen dar: „Für Personen ohne besonderes Risiko genügen die bekannten Hygieneregeln und das konsequente Tragen einer einfachen OP-Maske, wenn der Zwei-Meter-Abstand nicht eingehalten werden kann“. Er betonte ferner, dass die OP-Maske in erster Linie andere schützt. Doch neuere Daten würden belegen, dass sich Menschen so auch selbst bis zu einem gewissen Grad gegen das Coronavirus schützen können. „SARS-CoV-2 wird hauptsächlich durch feine Tröpfchen übertragen, die beim Sprechen und Husten entstehen. Damit es zur Ansteckung kommt, müssen diese auf den Schleimhäuten von Augen, Nase oder Mund landen“, so Kekulé. „Davor und vor unbewussten Berührungen des Gesichts schützt die OP-Maske, am besten zusammen mit einer einfachen Brille“ [9]. In der Diskussion pro und contra Mundschutz für Gesunde wird auch auf die potenzielle Gefahr hingewiesen, dass das Tragen eines Mundschutzes ein falsches Sicherheitsgefühl weckt, so der Virologe Christian Drosten [10].
Vergleich von Mund-Nasen-Schutz und FFP-Masken
Die derzeit wichtige Frage, ob Mund-Nasen-Schutz und FFP-Masken zur Prävention einer SARS-CoV-2-Infektion im ambulanten Bereich gleichwertig sind, versucht eine Auswertung mehrerer Studien zu beantworten. Da die Schutzwirkung unterschiedlicher Masken im Hinblick auf eine SARS-CoV-2-Infektion noch nicht in Studien geprüft wurde – für solch eine Untersuchung ist es noch zu früh –, wurde die Schutzwirkung vor anderen Erregern herangezogen. Es wurden also Studien angeschaut, in denen die Schutzwirkung von OP-Masken mit derjenigen eines Respirators N95 (entspricht einer FFP2-Maske) bei unterschiedlichen Erkrankungen (laborbestätigte Influenza, respiratorische virale Infektionen, respiratorische Infektionen, Grippe-ähnliche Erkrankungen) miteinander verglichen wurde. Zur Auswertung kamen sechs randomisierte klinische Studien mit 9171 Patienten; fünf Studien waren im klinischen, eine im ambulanten Bereich angesiedelt. Die Schutzwirkung von OP-Masken und dem Respirator unterschied sich nicht statistisch signifikant. Eine Metaanalyse zeigte einen besseren Schutz von Respiratoren gegen eine bakterielle Kolonisation.
Die Autoren mutmaßen daher, dass OP-Masken und FFP-Masken einen vergleichbaren Schutz vor SARS-CoV-2-Infektionen bieten. Davon ausgenommen sind Vorgänge, bei denen Aerosole entstehen können wie etwa bei Intubationen, hier müssen FFP-Masken eingesetzt werden. Auch wird mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass Schutzmasken nur ein Teil der persönlichen Schutzausrüstung sind und dass die Basishygiene (Händewaschen, Desinfektion) unter keinen Umständen vernachlässigt werden darf. |
Literatur
[1] Wie unterscheiden sich Mund-Nasen-Schutz und partikelfiltrierende Halbmasken? Informationen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua), Stand: 18. März 2020, www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Biostoffe/FAQ-PSA/FAQ-05.html
[2] DIN EN 14683:2019-10: Medizinische Gesichtsmasken – Anforderungen und Prüfverfahren; Deutsche Fassung EN 14683:2019+AC:2019
[3] DIN EN 149:2009-08: Atemschutzgeräte – Filtrierende Halbmasken zum Schutz gegen Partikel – Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung; Deutsche Fassung EN 149:2001+A1:2009
[4] Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2. Stand: 27. März 2020, Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste.html, Abruf 29. März 2020
[5] How to Protect Yourself. Informationen der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/about/prevention-treatment.html, Abruf 29. März 2020
[6] Coronavirus disease (COVID-19) advice for the public: When and how to use masks. Informatione der Weltgesundheitsorganisation (WHO), www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/advice-for-public/when-and-how-to-use-masks, Abruf 29. März 2020
[7] Shuo Feng et al. Rational use of face masks in the COVID-19 pandemic. Lancet Respiratory Medicine, online 20. März 2020, DOI:https://doi.org/10.1016/S2213-2600(20)30134-X
[8] NN. BÄK-Präsident ruft zum Tragen von Schutzmasken auf. Dtsch Ärzteblatt, 26. März 2020, www.aerzteblatt.de/nachrichten/111423/BAeK-Praesident-ruft-zum-Tragen-von-Schutzmasken-auf
[9] Kekulé A. Coronavirus: Wege aus dem Lockdown. Zeit, 26. März 2020, www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-03/coronavirus-quarantaene-lockdown-ausgangssperre-alternative-pandemie-alexander-kekule/komplettansicht, Abruf 29. März 2020
[10] Hennig K, Drosten C. CoronavirusUpdate Folge 19, Stand 23. März 2020, www.ndr.de/nachrichten/info/coronaskript138.pdf (Stand 23.03.2020)
[11] Greenhalgh T et al. What is the efficacy of standard face masks compared to respirator masks in preventing COVID-type respiratory illnesses in primary care staff? www.cebm.net/archives/covid-19/what-is-the-efficacy-of-standard-face-masks-compared-to-respirator-masks-in-preventing-covid-type-respiratory-illnesses-in-primary-care-staff
[12] Empfehlungen der Bundesapothekerkammer (BAK) zu Arbeitsschutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Biostoffen. Stand 12. März 2020, www.abda.de/fuer-apotheker/arbeitsschutz/arbeitsschutzmassnahmen/
[13] Ressourcenschonender Einsatz von Mund-Nasen-Schutz (MNS) und FFP-Masken. Informationen (Stand 13. März 2020), Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Ressourcen_schonen_Masken.pdf?__blob=publicationFile]
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